Junckers „Leckt mich“-Moment

Kommissionschef Juncker ist für seine spontanen Gemütswallungen bekannt. Mal umarmt und küsst er seine ärgsten Feinde, mal will er alles hinwerfen. Nun gab es wieder einen solchen „Leckt mich“-Moment. 

„Wenn er geht, gehe ich auch“, soll Juncker laut SPON gesagt haben, als es um seinen wichtigsten Mitarbeiter M. Selmayr ging. Der CDU-nahe deutsche Jurist war in Rekordzeit zum Generalsekretär der EU-Kommission befördert wurden.

Seitdem steht das Europaparlament kopf, auch Junckers konservative EVP-Freunde zweifeln an Selmayrs Blitz-Beförderung. Insgesamt hat das Parlament 139 Fragen zum „Selmayrgate“ eingereicht.

Bei einem EVP-Treffen soll es deshalb zum Eklat gekommen sein. Juncker spielte die beleidigte Leberwurst, doch selbst EVP-Fraktionschef Weber (CSU) blieb bei seinen Fragen und Vorbehalten.

Nun kommt es auf den deutschen EU-Kommissar Oettinger an. Denn der ist für die Personalpolitik in der EU-Kommission zuständig – und er mußte Selmayr im Parlament verteidigen.

Oettinger beschwor die EVP-Truppe, nicht auf Selmayrs Rücktritt hinzuarbeiten. „Das könnt ihr nicht machen,“ sagte der Kommissar laut SPON, „ohne Selmayr ist Juncker hilflos.“

Diese Einschätzung teilen viele in Brüssel. Nicht Juncker gebe der „politischen Kommission“ die Richtung vor, sondern Selmayr – also ein nicht gewählter, niemandem Rechenschaft pflichtiger Beamte.

Kanzlerin Merkel sieht darin aber kein Problem. Selmayr sorge für Effizienz in der EU-Behörde, sagte sie zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. „Ich schätze seine Arbeit sehr“.

Da hatte es sich auch Juncker schon wieder anders überlegt.  „Herr Selmayr wird nicht zurücktreten“, sagte er. Der einzige, der den CDU-nahen Juristen von seinem Posten absetzen könnte, sei er selbst, sagte Juncker. Alles andere sei „irrelevant“.

Fortsetzung nächste Woche, wenn das Europaparlament seine Untersuchung zum „selmayrgate“ fortsetzt. Noch wartet es auf Antworten auf seine Fragen…