Österreich: Die schwarze Null wird grün
Österreich bekommt eine schwarz-grüne Regierung. Ausgerechnet Kanzler Kurz, der mithilfe der rechten FPÖ an die Macht gekommen war, lässt sich nun von den Grünen ein Saubermann-Image verpassen. Kann das gut gehen?
Fest steht, dass die Grünen einige Kröten schlucken mußten. Sie bekommen zwar das Umweltministerium – doch das Innen- und das Verteidigungsministerium werden von den Konservativen geführt.
Damit hat sich Kurz nicht nur das letzte Wort in allen kritischen Fragen der Sicherheitspolitik gesichert, sondern auch in der Migration. Am harten Kurs in der Flüchtlingspolitik dürfte sich daher nichts ändern.
Auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen sich die Grünen wohl fügen. Wenn nicht alles täuscht, haben sie die „schwarze Null“ akzeptiert, die Kurz nach deutschem Vorbild auch in Österreich eingeführt hat.
Das ist schon bitter. Schließlich wird in Deutschland und in der EU gerade darüber diskutiert, die auf deutschen Druck eingeführten Sparvorgaben zu lockern, um dringend nötige Investitionen zu ermöglichen.
Und nun kommt ausgerechnet aus Österreich eine neue, schwarz-grüne Ausgabenbremse. Sie könnte auch auf Deutschland zurückstrahlen, wenn Kanzlerin Merkel die SPD fallen lässt und die Grünen ins Boot holt.
Immerhin: Für den Klimaschutz soll es in Österreich künftig Ausnahmen vom Sparzwang geben. Aus deutscher und europäischer Sicht ist die „schwarze Null“ jedoch eindeutig das falsche Signal…
Siehe auch „Wackelt der Stabilitätspakt?“
Peter Nemschak
5. Januar 2020 @ 11:43
Die schwarze Null ist das richtige Signal, weil es dazu zwingt in Alternativen zu handeln. Man darf die für die Eindämmung der Klimaerwärmung notwendige Änderung der relativen Preise nicht durch öffentlichen Konsum pauschal ausgleichen. Hinter dem Ruf nach öffentlichen Investititionen verbirgt sich in Wahrheit der Ruf nach öffentlichem Konsum. Die Menschen sind begehrlich. Die EU braucht eine realistische Flüchtlingspolitik nach dem Leitsatz: Wir können nicht die Welt retten, aber in Verfolgung unserer eigenen Interessen leisten wir einen Beitrag dazu. Wertepolitik hat stets mehr humanitären Schaden als Nutzen gestiftet. Die Interventionen des Westens im Irak und Libyen sind abschreckende Beispiele und sprechen gegen einen Werteexport. Nehmen wir zur Kenntnis, dass es keine universelle Moral gibt, auch nicht was die Menschenrechte betrifft. Lassen wir jede Gesellschaft auf ihre Art glücklich werden.
ebo
5. Januar 2020 @ 14:27
Eine alternative Lesart findet sich hier: https://mosaik-blog.at/regierungsprogramm-tuerkis-gruen-analyse/