Nun wackelt auch die Schuldenbremse
Bereits vor einem Jahr hat die EU die strikten Defizitregeln ausgesetzt, um die finanzpolitischen Folgen der Coronakrise abzufedern. Nun wackelt auch die deutsche Schuldenbremse.
Kanzleramtschef Helge Braun hat eine Abkehr von der umstrittenen deutschen Schuldenbremse gefordert. Braun plädierte in einem Beitrag für das “Handelsblatt” dafür, “begrenzt für die kommenden Jahre einen verlässlichen degressiven Korridor für die Neuverschuldung” festzulegen.
“Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten”, schrieb Braun.
Für 2020 und 2021 war eine Ausnahmeregelung genutzt worden, um dem Bund mehr Schulden als eigentlich zulässig zu ermöglichen.
Dies will der Kanzleramtschef aber nicht fortschreiben, weil so ein “Tor zur dauerhaften Aufweichung der Schuldenregel” geöffnet werde.
In Brüssel stieß der Vorstoß auf große Zurückhaltung. Die EU-Kommission will eigentlich die Defizitregeln wieder in Kraft setzen, sobald die Pandemie überwunden ist.
Ein Datum wurde aber noch nicht festgelegt. Denn dies würde neuen Streit zwischen Deutschland und anderen finanzpolitischen Hardlinern auf der einen und Reformern auf der anderen Seite auslösen.
Der grüne Finanzpolitiker Sven Giegold forderte eine Reform der europäischen Schuldenregeln.
“Die Union muss auch ihren Widerstand gegen eine Reform des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts aufgeben”, so Giegold.
Die bisherigen Regeln behinderten notwendige Investitionen in Ländern, die noch stärker als Deutschland von der Krise betroffen sind.
Siehe auch “Isch over”
Josef Berchtold
27. Januar 2021 @ 10:29
Die Verweigerung von Erkenntnis zeichnet anscheinend nun auch die CDU aus. Man versteht in der Partei von Ludwig Erhard den segenseichen Kapitalismus nicht mehr. Unfassbar ist das. Der Kernsatz im Kapitalismus heißt bekanntlich investieren, um ein Mehr aus der Investition zu machen. Wegen der deutsch-dämlichen schwarzen Null wurden Investitionen unterlassen in Bildung, Digitalisierung, Wohnungsbau, Straßen, Brücken, Staudämme, Wasserstraßen, moderne Energie-Erzeugung und so weiter und so fort. Die Unterlassungs-Liste könnte ein ganzes Handelsblatt füllen. Die CDU frönt einer Nabelschau, nichts gelernt von Japan, dort arbeitet man schon sei 30 Jahren mit Geldschöpfung durch die Notenbank und belastet den Staatshaushalt nicht dümmlich mit Zinsen. Kohl und die Bundesbank haben bei der Finanzierung von Ost-Deutschland völlig versagt, die Zinslast war viel zu hoch. Der Aufstieg von China wurde ebenfalls durch kluge Geldpolitik gefördert. Die Hoffnung ist nun, dass junge Leute sich die Politik der Alten nicht mehr gefallen lassen. An den Unis rumort es schon, der alte Influenzer aus München ist ein Auslaufmodell. Es werden alle Notenbanken dieses blauen Planeten in eine maßvolle Staatsfinanzierung eintreten müssen, um Infrastruktur zu finanzieren, aber bitte nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen für Faulpelze und Leute aus dem Ausland, die nur in den Sozialstaat einwandern wollen, um nie arbeiten zu müssen und mit großer Kinderschar Clan-Bildung zu betreiben. Die Notenbanken werden es richten, oder es richten sich die Staaten, deren Politiker es nicht begreifen, alsbald zugrunde. Nach einem Zugrunderichten wird es fast unmöglich sein, zu einer Wi(e)der-Auf-Erstehung zu gelangen, siehe Griechenland. Der Heiland, hallo christliche CDU, ist künftig die Notenbank.
european
26. Januar 2021 @ 14:07
Des einen Überschuss ist des anderen Defizit. Defizitgrenzen machen also nur dann Sinn, wenn es auch Überschussgrenzen in mind. gleicher Höhe gibt.
Gleiches gilt für unser Geldsystem. Des einen Schulden sind des anderen Guthaben. Immer und überall. Wir können nicht alle Nettosparer sein bzw. den Investitionsteil dem Ausland überlassen, um dann auf dem Ausland herumzuprügeln, weil es die Schulden macht, die notwendig sind, damit wir sparen können. 😉
Die Regierung möchte eigentlich zukünftige Investitionen durch Rücklagen ermöglichen, wenn ich den Wirtschaftsweisen Lars Feld richtig verstehe. Die Frage ist doch, wer verschuldet sich dann, damit diese Rücklagen gebildet werden können? Welche Wertpapiere werden gekauft? Ausländische Staatsanleihen, Industrieanleihen, Aktien? Sparbücher werden es kaum sein.
Hat jemand schon mal darüber nachgedacht, welche Wettbewerbsvorteile man damit anderen Ländern schafft? Man erwirbt ausländische Staatsanleihen, z.B. aus USA, um Vermögen aufzubauen. In der Zwischenzeit erneuern die USA mit diesem Geld z.B. ihre marode Infrastruktur. Bis wir dann soviel Rücklagen aufgebaut haben, um unsere eigene Infrastruktur zu erneuern, ist die USA schon lange fertig und hat ihren Standortvorteil entsprechend verbessert, um z.B. ebenfalls ausländische Investoren anzulocken und das Inlandsinvestment zu erhöhen.
Es könnte absurder nicht sein.
Gleichzeitig empfiehlt die Bundesregierung den Bürgern, zusätzlich zur staatlichen Rente fürs Alter vorzusorgen, also zu sparen. Womit denn? Aktien sind zu spekulativ, deutsche Staatsanleihen sind böse Schulden (das waren mal mündelsichere Wertanlagen) , Sparbuch lohnt nicht. Riesterrente wurde heute ad acta gelegt. War ein Flop. Hat sich nicht gelohnt. Jedenfalls nicht für die Sparer. Die Maschmeyers der Republik hingegen sind davon reich geworden.
Womit also?