Nun droht eine Kettenreaktion
Mit seinem Einreisestopp aus Europa provoziert US-Präsident Trump eine transatlantische Krise. Nun droht eine Kettenreaktion mit noch mehr Abschottung und immer größeren wirtschaftlichen Kollateralschäden.
Der US-Einreisestopp für Europa hat zu einem Temperatursturz in den transatlantischen Beziehungen geführt. Die EU reagierte empört und sprach von einer unnötigen, einseitigen Maßnahme.
US-Präsident Donald Trump wolle von seinem eigenen Versagen in der Coronavirus-Krise ablenken, hieß es in Brüssel. Die EU–Kommission hatte jedoch Mühe, Gegenwehr zu organisieren.
So dauerte es mehrere Stunden, bis sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel zu einer gemeinsamen Stellungnahme durchrangen.
„Die Europäische Union missbilligt die Tatsache, dass die US-Entscheidung eines Einreisestopps einseitig und ohne Rücksprache getroffen wurde“, hieß es darin.
Das Coronavirus sei „eine globale Krise, die nicht auf einen Kontinent begrenzt ist und Zusammenarbeit statt einseitiger Aktionen nötig macht“, betonten die EU-Spitzen.
Trump habe die EU vor seiner Entscheidung nicht konsultiert, sagte ein Diplomat. Dass er Großbritannien von seinem Reisebann ausnehme, sei unverständlich.
Von dem Reiseverbot sind nur die 26 Staaten des Schengenraums betroffen. Ausgenommen sind somit neben Großbritannien auch Nicht-Schengen-Länder wie Kroatien oder Bulgarien.
Die EU hat sich bisher bemüht, die Schengen-Grenzen offen zu halten. Zuletzt hatten jedoch Österreich und die Slowakei die Grenze zu Italien abgeriegelt.
Trumps Reiseverbot könnte nun eine Kettenreaktion in Europa auslösen – mit noch mehr Abschottung und gegenseitigen Vorwürfen. Vor allem Deutschland wehrt sich gegen Grenzschließungen.
Befürchtet wird zudem, dass über den Flugverkehr auch der transatlantische Handel getroffen wird. Die Wirtschaft dürfe nicht leiden, betonte Michel. Doch genau das könnte nun eintreten.
Trumps Reisestopp dürfte die ohnehin gebeutelte europäische Wirtschaft treffen und die Rezessionsgefahr weiter erhöhen. Doch die EU-Kommission zeigte sich in einer ersten Reaktion hilflos.
Man müsse erst die Auswirkungen der amerikanischen Entscheidung prüfen, sagte ein Sprecher. Die Kommission lehne es ab, „aus der Hüfte zu schießen“…
Siehe auch „Too little, too late“ und „Der perfekte Sturm und seine drei Fronten“
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Watchlist
Kommt nun die „Koalition der Willigen“ in der Flüchtlingspolitik? Kanzlerin Merkel hatte sie schon 2015 angekündigt, doch es fanden sich nie genug Freiwillige. Nun könnte es klappen. Beim Treffen der Innenminister am Freitag dürften sich genug EU-Staaten zusammentun, um 1000 bis 1500 unbegleitete Jugendliche aus den griechischen Inseln aufzunehmen. Allerdings will Deutschland plötzlich nur noch Mädchen – die schwierigen Fälle dürfen die anderen nehmen, oder wie? Außerdem schiebt Berlin die Organisation der EU-Kommission in die Schuhe…
Was fehlt
Der langsame Zusammenbruch der EU-Institutionen. Ein Ratstreffen der Justizminister wurde wegen Coronavirus-Gefahr kurzerhand abgeblasen, das Europaparlament hat die Arbeit in der kommenden Woche de facto eingestellt. Nun fährt auch die EU-Kommission ihre Arbeit herunter. Am Donnerstag arbeitete laut Kommissionschefin von der Leyen rund ein Drittel der 32.000 Mitarbeiter von zu Hause aus. Ab Montag soll nun nur noch ins Berlaymont kommen, wer eine „kritische Funktion“ innehat. Wie gut, dass Frau Leyen im Kommissionsgebäude wohnt…
Das Letzte
Nun kehren auch in Belgien italienische Verhältnisse ein. Völlig überraschend hat die Föderalregierung nicht nur die Schulschließung ab Montag angeordnet, sondern auch Restaurants, Cafés, Kneipen etc. werden dicht gemacht. Kurz zuvor hatte Frankreich angekündigt, die Schulen zu schließen. Damit bleibt eigentlich nur Deutschland, wo immer noch über Pro und Contra von radikalen Maßnahmen diskutiert wird. Kanzlerin Merkel will „Sozialkontakte einschränken“- und könnte sich wegen ihres Zögerns und Bremsens in der EU bald völlig isoliert wiederfinden! – Mehr hier
Holly01
14. März 2020 @ 09:37
Ihr versteht das falsch. Der PM von UK hat es offen gesagt und wenn man mit der Info die Merkel Ansprache von gestern gegen hält, ist das hier in Schland auch so.
Es wird eine Durchseuchung von 60-70% (Merkel) bzw 70-80% Johnson angestrebt, die WILL man erreichen.
Die Anzahl der Infizierten in Schland verdoppelt sich alle 3-4 Tage. Wer mathe mag, kann ja gerne weiter rechnen, der Berater von Johnson rechnet mit Mai/Juni für die Quarantäne.
Bis dahin werden nur Maßnahmen ergriffen, die die Durchseuchung nicht behindern, sondern lediglich etwas abbremsen.
Jetzt macht die politische Reaktion in Schland auch Sinn.
Damit ist es auch ein Zielsprung, der nicht überall gleich ist, sondern von der Altersstruktur, sen sozialen Gewohnheiten und den Vorerkrankungen abhängt, kurz vom Exponenten.
Inkubationszeit etwa 5-7 Tage, Durchseuchung geschätzte 30-40% = Quarantäne und den Virus austoben lassen.
Nach 3 Wochen allgemeine Erleichterung und business as usual.
Trump fährt während dessen seine anti EU Propaganda hoch und führt seinen Wirtschaftskrieg weiter. Absolut losgelöst von Coronna, das ist nur der mediale Aufhänger.
Schönes WE …
Alexander
13. März 2020 @ 11:29
Der orange Prädident hat sich ja mit Rechtsextremisten aus Brasilien getroffen und darunter war nach Medienberichten mindestens ein Corona-Infizierter. Wenn die Menschheit nun Glück hat, dann …
Heindoofi
13. März 2020 @ 12:35
….die Hoffnung stirbt zuletzt !
Alexander
13. März 2020 @ 16:04
„Brasiliens Präsident Bolsonaro positiv auf Corona getestet“
https://www.spiegel.de/politik/ausland/coronavirus-jair-bolsonaro-laut-medienberichten-positiv-getestet-a-483e887e-f8c3-4264-ad90-afccb5a0e06b
Läuft!
Oudejans
13. März 2020 @ 16:29
Bolsonaro soll infiziert sein, las ich eben i’wo.
Speiste letzte Woche mit Trump.
Kleopatra
14. März 2020 @ 08:53
Für die Überlebenschancen älterer Erkrankter ist der Zugang zu Intensivmedizin entscheidend. Und der dürfte bei Präsidenten besser sein als bei jedem anderen. Es besteht also überhaupt kein Anlass und keine Rechtfertigung für zynische Hoffnungen…
Kleopatra
13. März 2020 @ 08:31
Gegenwärtig (Freitag morgen, 13.03.2020) haben ein Großteil der mitteleuropäischen EU-Staaten Reisebeschränkungen eingeführt, Österreich hat eine Reisewarnung für die gesamte Welt herausgegeben, etc. Hinterher wird man diskutieren können, ob es sinnvoll war oder die Kollateralschäden zu hoch sind. Aber vor der Hand sind Maßnahmen, die die Ausbreitung der Infektion verlangsamen können, sinnvoll. (Weil es nur um eine Verlangsamung geht, ist jede Einschränkung von Gelegenheiten zur Verbreitung über weite Strecken sinnvoll – selbst wenn in allen betroffenen Staaten bereits Infektionen bekannt sind). Eine Pandemie ist kein Anlass, Grundsatzdiskussionen über Reisefreiheit zu führen; und Staatsgrenzen sind naheliegende Orte, an denen die Freizügigkeit vorübergehend unterbunden werden kann.
Die amerikanische Einreisesperre gegenüber der EU ist deshalb als Notmaßnahme nicht weniger berechtigt als die österreichische an der italienischen Grenze oder andere innerhalb der EU. Idiotisch ist m.E. nur die ideologische Aufladung der Maßnahme, indem Großbritannien und Irland als außerhalb der Schengenzone liegend davon ausgenommen sind. Aber ich denke, andere amerikanische Präsidenten hätten Vergleichbares auch verfügt, wie erwähnt fällt den europäischen Regierungen auch nicht viel originelleres ein, und die eingeschappte Reaktion, weil man nicht vorher konsultiert wurde, können sich vdL und Ch.Michel sparen. Mehr als eine höfliche Vorwarnung ein paar Stunden vorher waren unter keiner personellen Konstellation drin; wenn sie aber meinen sollten, so etwas dürfte nur im Einverständnis mit der EU verfügt werden, überschätzen sie ihre Bedeutung maßlos.
[NB: Es war Slowenien, das schon vor ein paar Tagen die Grenze zu Italien gesperrt hatte, nicht die Slowakei, die mit Italien keine gemeinsame Grenze hat]
Dass immer noch darüber diskutiert wird, ein paar handverlesene “Flüchtlingskinder von griechischen Inseln” zu holen, ist in einer Zeit, in der öffentlich davor gewarnt wird, Kinder zu ihren Großeltern zu bringen, fast unglaublich. Denn zu welcher Altersgruppe gehört ein Großteil der Leute, die sich um Migranten(kinder) ehrenamtlich kümmern? Genau zu der, der man vom Kontakt mit den eigenen Enkeln abrät. Die deutsche “Flüchtlingspolitik” verlässt sich zu einem großen Teil auf ehrenamtliche “Flüchtlingshelfer”, und realistischerweise führen viele gängige Empfehlungen zu dem Schluss, dass diese ihre Tätigkeit zur eigenen Sicherheit einstellen sollten.
Oudejans
13. März 2020 @ 16:27
>>“Idiotisch ist m.E. nur die ideologische Aufladung der Maßnahme, indem Großbritannien und Irland als außerhalb der Schengenzone liegend davon ausgenommen sind.“
M.E. der deutlichste Hinweis auf eine sachorientierte Entscheidung. UK ist nicht mehr in der EU (dieses Faktum spielte in den meisten empörten Kommentaren zu Trumps Edikt keine Rolle, as if it hadn’t happened), und Irland hängt logisch da dran. Vielleicht würde die Weltwirtschaft direkt zusammenbrechen, wenn man LON von NYC abschnitte…
Schengen als Einheit zu behandeln entspricht dem über Jahre demonstrierten unbedingten politischen Willen der EU. Aus US-Mund aber jetzt dubios?
Absprachen hätten sicher geholfen, aber die Welt kann im Moment wohl nicht auf Brüsseler Springprozessionen warten.
Zudem haben die USA mit laut etlichen Beobachtern außer Kontrolle geratener eigener inländischer Epidemie ein objektives souveränes Interesse daran, absehbar knappe Ressourcen vor allem dem eigenen Souverän zugute kommen lassen zu können.
Eigentlich würde man vermuten, auch Brüssel hätte gerade besseres zu tun, als Kopfnoten für US-Präsidenten zu verteilen. Z.K. nehmen, weitermachen. „Weiter“, nun ja…
Fun fact: Desinfektionsmittel war auch gestern weiter nicht erhältlich, in G8-Deutschland.
Lachhaft.
Kleopatra
14. März 2020 @ 08:50
Vorläufig sind die Verbindungen zwischen GB und Kontinenentaleuropa ähnlich intensiv wie vor dem Austritt Großbritanniens. Für die Seuchenausbreitung ist der tatsächliche Verkehr, nicht der Rechtsstatus entscheidend. Andererseits werden auf dem Kontinent gegenwärtig die Zugbrücken zwischen den Schengenstaaten hochgezogen; Frankreich hingegen scheint mit Grenzkontrollen noch zu zögern – über die an der deutsch-französischen Grenze sind sie eingeschnappt – und der Kanaltunnel scheint normal geöffnet zu sein [Stand 14.03. um 8:15!], so dass GB nicht viel risikoärmer sein dürfte als Frankreich. Man kann bei Notmaßnahmen wie Reisesperren wegen Seuchen ein gewisses Maß an irrationalem Überschuss vielleicht von vornherein nicht vermeiden; und unterschwellig hat unter Umständen einfach auch die Verbundenheit mit Ländern gemeinsamer Sprache eine Rolle gespielt; sowie die wohl wirklich engere Anbindung der Finanzzentren New York und London aneinander.
ebo
14. März 2020 @ 09:14
Richtig. Der Eurostar von Brüssel nach London fährt auch noch. Die EU bzw. die Schengenländer, allen voran Deutschland, haben der Reisefreiheit absolute Priorität eingeräumt. Hoffen wir, dass das kein Fehler war