Gnadenlos vorgeführt
Die EU-Außenminister halten scheinbar unbeirrt an ihrem scheinbar ausgewogenen Ukraine-Kurs fest: Geld für Kiew, Sanktionen für Moskau. Doch so recht glauben sie wohl selbst nicht mehr an einen Erfolg. Wie auch? Nicht EUropa, sondern die USA und Russland geben den Ton an.
Erinnert sich noch jemand an die hehren Ziele der EU in der Ostpartnerschaft? Stabilität sollte sie bringen, Demokratie und Menschenrechte. In der Ukraine sieht man nichts von alledem.
Statt Stabilität macht sich Chaos breit, die Ukraine zerfällt zusehends. Statt Demokratie steht eine Oligarchen-Wahl ins Haus. Und die Menschenrechte? Spielen keine Rolle mehr.
Nicht mal das Massaker am Maidan will die EU aufklären. Die Regierung Jazenjuk hat es abgehakt. Trotzdem zahlt Brüssel jetzt 1 Mrd. Euro aus – in der vagen Hoffnung, das Geld könne irgendwie helfen.
Dabei ist die Ukraine so oder so pleite, die Währung im freien Fall. Die Milliarde fliesst über kurz oder lang nach Moskau – für unbezahlte Gasrechnungen. Es ist eine Milliarde gegen das schlechte Gewissen.
Ähnliches lässt sich über die Sanktionen sagen. Eigentlich sollten sie Russland stoppen. Stattdessen schreckt die fällige Stufe 3 (Handelssanktionen) nur die EU selbst ab – denn wir sind auf die Folgen nicht vorbereitet.
Statt den Schwanz einzuziehen, lässt Präsident Putin keine Gelegenheit aus, die Schwächen des Westens auszubeuten. Auch die EU wird vorgeführt – jetzt rächt sich, dass sie ihre Versprechen vom 21.2. gebrochen hat.
(Zur Erinnerung: Außenminister Steinmeier und zwei EU-Kollegen haben eine “inklusive” Regierung angekündigt, die Entwaffnung aller Milizen, die Aufklärung der Gewalttaten etc.)
Und was ist mit unseren amerikanischen Freunden? Erst rufen sie “Fuck the EU” und machen Jazenjuk zum Premier. Nun schicken sie auch noch ihren CIA-Chef nach Kiew – und desavouieren EUropa.
Denn damit ist endgültig der Mythos geplatzt, die EUropäer hätten in der Ukraine das Sagen. Nein, es sind Amerikaner und Russen. Wie immer. Die EU ist gescheitert – doch pssst, niemand darf es merken.
Wir sollen über den bösen Putin reden, Tag und Nacht, auf allen Kanälen. Genau wie die EU-Außenminister. Zur CIA hingegen schweigen sie. Zum geplanten Anti-Terror-Einsatz in der Ost-Ukraine auch.
Und zu ihrem eigenen Versagen sowieso. Es ist ja auch peinlich, von den anderen so gnadenlos vorgeführt zu werden…
Siehe auch “Ein Feind, ein guter Feind”
zustimmender leser
16. April 2014 @ 08:43
Heute morgen: Bewohner von Kramatorsk blockieren Panzer, die in die Stadt einrücken, indem sie sich vor sie stellen. Prager Frühling, anyone?
https://twitter.com/NiBeroeva/status/456295126218706944/photo/1
https://twitter.com/A3AP/status/456308135171325952/photo/1
Man muss sich das mal bildlich so vorstellen, dass hier USA, EU, Elmar Brok, Rebecca Harms und Catherine Ashton mit auf dem Panzer sitzen, auf Seiten der Kiever Putsch- und Chaostruppe. Das sind nämlich Friedenspanzer, mit denen der Rechte Sektor da einrückt, die bringen der Ostukraine die Demokratie! Wer soll den ganzen Schwachsinn eigentlich noch glauben.
Carol
15. April 2014 @ 16:34
Wo bitte ist denn die EU gescheitert? Man muss nicht so sehr auf dem Propagandalayer rumkaspern. Die materielle Lage sieht doch hervorragend aus. Die USA streuen Öl ins Feuer und Säbelrasseln, dabei ist eine Krimeroberung realpolitisch vollkommen akzeptabel für die EU. Die Amerikaner müssen sich überlegen ob sie ihren Pivot abschwächen.
Johannes
15. April 2014 @ 12:02
Danke Ebo das man bei dir aufgeklärt wird und nicht auf zweifelhafte Blogs zurückgreifen muss die dann anschließend Russland verklären. Euroeinführung, die Journalisten versagen auf ganzer Linie, Ukrainekrise, die Journalisten versagen wieder auf ganzer Linie. Ich weiß gar nicht mehr wem ich als Europäer noch trauen kann.
ebo
15. April 2014 @ 12:10
Danke, Johannes – ich bemühe mich in der Tat um eine sachliche Analyse, auch was Russland betrifft: keine Verklärung, aber auch keine Verteufelung. Mein Fokus liegt aber bei der EU in Brüssel, und nicht – wie bei fast allen Medien – beim Putin- und Moskau-Bashing. Und das werfen mir manche vor, vor allem im grünen Lager…
zustimmender leser
15. April 2014 @ 13:41
Das grüne Lager ist hier zumindest teilweise ja selbst “Konfliktpartei”, Harms, Cohn-Bendit und Co. haben sich ja eindeutig seitens Maidan positioniert und sind dort sogar aufgetreten (politisch in meinen Augen völlig respekt- und geschmacklos), haben also selbst bisschen mitgezündelt und -destabilisiert, und auch die taz trommelt seit Wochen einseitig in dieser Richtung. Die Böll-Stiftung bat die Presse darum, bei den Nazis auf dem Maidan doch einfach “wegzuschauen”, im EU-Parlament wollten sie Schröder den Mund verbieten. Da wurde der Maidan wohl verklärt zum neuen 1968 gegen finstere autokratische Ost-Herrscher, oder man ist auf die ukrainische PR reingefallen, und nun kann man nicht mehr zurück.
Die Grünen sind in Sachen Ukraine ein Totalausfall, da ist ja das pragmatische Agieren der Bundesregierung oder erst recht Gysis Haltung weitaus vernünftiger und realistischer. Ich kann mir allerdings nicht recht vorstellen, dass die grüne Basis diese Begeisterung der “transatlantischen” Grünen-Spitze für den Ukraine-Umsturz völlig teilt, aber man hört leider auch nichts gegenteiliges. Wo ist denn nun die neue Zivilgesellschaft, ist das die “Nationalgarde”, Ex-“Rechter Sektor”, die sich gerade in den Osten aufmacht, oder ist das der langhaarige Svoboda-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Pressefreiheit, der mit den “schlagenden Argumenten”? Was an der Übergangsregierung irgendwie “grün” sein soll, ist auch nicht ersichtlich, der Umweltminister kommt ja, wie es scheint, auch von der Svobodapartei. Ansonsten gibts noch einen Wachwechsel bei den regierenden Oligarchen,und Ikone Timoschenko versucht die Welt ind en Krieg zu ziehen.
Was für ein Debakel, und was für eine erschütternde Unfähigkeit einzugestehen, dass man vielleicht mal falsch lag. Und das von einer Partei, die mal als Alternative und Teil der Friedensbewegung angetreten ist, aber davon ist nicht mal mehr der Mythos übrig.
rundertischdgf
15. April 2014 @ 12:01
Wenn die EU jetzt in der Ukraine nichts bewegen kann, wird sie dann überhaupt gebraucht? Die EU sollte Schritt für Schritt zurückgefahren werden. Deshalb müssen EU-kritische Abgeordnete die der alten Parteien ersetzen.
Claus
15. April 2014 @ 09:27
Völlig richtig, die EU mit dem Gehilfen Klitschko Wurde nur vorgeschoben. Jazenjuk ist auch nur ein Erfüllungsgehilfe der USA. So hat sich die CIA schon beim Inlandsgeheimdienst der Ukraine in Kiew eingerichtet. Wer mischt sich hier in die inneren Angelegenheiten der Ukraine ein. Da ist es auch egal wenn man mit Faschos arbeitet.