Offenbarungseid aus Brüssel

Die EU-Kommission schlägt vor, wegen der Gaskrise die Heiztemperatur in Büros und öffentlichen Gebäuden auf 19 Grad herunterzustellen. Außerdem sollen alle Gas sparen. Der geleakte Notfallplan ist ein Offenbarungseid.

Dies gilt vor allem für die Hardliner im Europaparlament, aber auch in Polen und im Baltikum. Die überzeugten Wirtschaftskrieger fordern schon seit Monaten ein totales Energieembargo gegen Russland, Gas eingeschlossen.

Wäre dies umgesetzt worden, so wäre der Notfall – den die EU-Kommission nun in aller Eile vorbereitet – längst da. Deutschland wäre bereits in die Rezession gerutscht, vermutlich hätten wir auch schon eine soziale und politische Krise.

Doch dazu sagen R. Metosla oder M. Weber, die “führenden” Köpfe im Europaparlament, nichts. Die konservative Präsidentin und der christsoziale EVP-Chef lehnen jede Verantwortung ab und tun so, als hätten sie nie den Stopp von Nord Stream gefordert.

Ein Offenbarungseid ist der Notfallplan aber auch für die EU-Kommission in Brüssel. Schließlich hat sie noch im Frühjahr so getan, als könnten die EU-Länder ohne große Mühen von russischen Gaslieferungen “unabhängig” werden.

Mit dem Plan “Repower EU” wurde dem geneigten Publikum vorgegaukelt, man habe alles im Griff. Doch nun stellt sich heraus, dass nicht nur Deutschland, sondern die ganze EU in die Krise rutscht, wenn Nord Stream 1 ausfällt.

Wo sind denn die versprochenen Alternativ-Lösungen? Wo bleibt das LNG aus den USA, Katar oder Japan? Wo der gemeinsame Gas-Einkauf? Was ist aus dem Versprechen geworden, die Verbraucher zu schützen und die Märkte zu regulieren?

Es war ein leeres Versprechen, wie sich jetzt zeigt. Außer dem schönen Titel “Safe gas for a save winter” enthält der Plan nur heiße Luft. Die EU-Kommission leistet einen Offenbarungseid – und greift nun auch noch in die Kompetenzen der EU-Staaten ein.

Bisher ist Brüssel nämlich nicht für die Raumtemperatur in deutschen Büros zuständig…

Siehe dazu auch meinen Kommentar in der taz. Mehr zur Energiekrise hier