Nostalgie und Nationalismus

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Geisterbeschwörung mit Freddy Mercury

London hat die Olympischen Spiele beendet, wie sie begonnen haben: mit einer pompösen Nabelschau, die einzig und allein um das britische Ego kreiste. Wer die “beste After-Party der Welt” (Selbstlob) verfolgte, konnte vergessen, dass London in Europa liegt, und dass Olympia ein internationales Sportfest ist. Es zählten nur britische Geschichte, britische Popkultur und britische Medaillen – oh my God! 

Fangen wir mit den guten Nachrichten an: dies waren fröhliche und friedliche Spiele. Obwohl sich Großbritannien mit seiner Beteiligung am Irakkrieg viele Feinde gemacht hat, blieben die befürchteten Terroranschläge aus. Es gab auch keine Randale wie vor einem Jahr, als ganze Straßenzüge in London brannten. Eine Armee von Soldaten und Freiwilligen sorgten dafür, dass alles ruhig und “cool” blieb.

Doch wer London als “heimliche Hauptstadt Europas” (FTD) sieht, musste – wenn er das Spektakel nur am TV-Schirm verfolgen durfte – enttäuscht sein. Wo war das britische Understatement? Wo war der europäische Geist, wo das internationale Flair? Jedenfalls nicht bei Eröffnungs- und Schlussfeier. Alles kreiste um britische Geschichte und Kultur, permanent wurde einem der Union Jack aufs Auge gedrückt. 

Nicht einmal ein Ire wie Bono durfte bei der Abschlussfeier dabei sein, von Franzosen oder Deutschen ganz zu schweigen. Im Vordergrund stand die Nostalgie, immer wieder wurden tote Stars wie John Lennon oder Freddy Mercury beschworen. Zukunftsweisend war dies nicht, eher ein Hinweis darauf, dass London der Selbstversicherung bedarf, und dass man lieber zurück schaut als nach vorn. 

Die Briten taten einfach so, als seinen sie der Nabel der Welt, und kamen nicht im Traum auf den Gedanken, “ihre” Spiele zu einem europäischen Ereignis zu machen. Da waren selbst die Griechen bei ihrer Olympiade 2004 weiter! Und auch die Franzosen, die als Favoriten für Olympia 2012 ins Rennen gegangen waren, und von Ex-Premier Blair auf die nicht so feine britische Art ausgestochen wurden, hätten sicherlich mehr europäisches Flair gebracht als die selbstverliebten Briten.

(Und sei es nur, dass man die europäischen Medaillen zählt, wie es die Vertretung der EU-Kommission in Frankreich gemacht hat – mit dem stolzen Ergebnis von 92 Goldmedaillen…)

Letztlich hat Olympia in London nur gezeigt, dass die Popkultur zum Teil des Mainstreams geworden ist, der sich mühelos zu nationalen und kommerziellen Zwecken im Sinne der auch in Deutschland so beliebten “Standortpolitik” einspannen lässt. Europa war abwesend – es sei denn, man wolle die Harry Potterisierung der Kultur als “europäisch” bezeichnen, und die fröhlichen Londoner Spiele als Gegenbild zur Tristesse der Eurozone begreifen…


 

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