Sabotage bei Nord Stream, Streit über Sanktionen – und Milliarden für Meloni

Die Watchlist EUropa vom 28. September 2022 –

Die beiden deutsch-russischen Ostsee-Pipelines Nord Stream 2 wurden massiv beschädigt, an gleich drei Stellen und auf rund einer Kilometer Länge tritt Gas aus. Das wirft zwei Fragen auf: Wer ist schuld – und wer schützt unsere kritische Infrastruktur?

Die Schuldfrage lässt sich derzeit noch nicht beantworten. Die Nato, Polen und die Ukraine machen zwar schon Russland für die großräumigen Lecks verantwortlich. Doch genauso gut könnten die USA dahinter stecken.

Schließlich hat US-Präsident Biden ja schon vor dem Ukrainekrieg unverhohlen damit gedroht, Nord Stream 2 ausschalten zu wollen. Angesichts der Eskalation des Kriegs wäre ein Sabotageakt eine unmißverständliche Warnung an Russland.

Doch wir wollen nicht spekulieren. Fragen wir lieber, was die EU in diesem Fall tut. Sie hat gelobt, die kritische Infrastruktur ihrer Mitgliedsländer zu schützen. Im Juni hat wurde die „Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen“ (CER-Richtlinie) verabschiedet.

Die neue Richtlinie wird die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen wie Energie, Verkehr, Wasser und Gesundheitsfürsorge sicherstellen und gleichzeitig die Auswirkungen natürlicher und vom Menschen verursachter Zwischenfälle minimieren„, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Johansson.

Schweigen bei der EU

Doch nun, da eine äußerst kritische Einrichtung im Energiesektor lahmgelegt wurde, schweigt die EU. Auch die Bundesregierung hält sich bedeckt. Man nehme die Pipeline-Beschädigungen „sehr ernst“, heißt es im Bundesinnenministerium. Mehr kommt bisher nicht.

Dabei kann man den (mutmaßlichen) Angriff auf die Nord Stream-Pipelines durchaus aus Kriegsakt begreifen. Auf jeden Fall ist es ein massiver Eingriff in die deutsche und europäische Energieversorgungs-Sicherheit.

Doch Berlin und Brüssel schweigen. Ob es daran liegt, dass Nord Stream 2 von der EU sanktioniert wurde – und Nord Stream 1 angefeindet wird? Rein zufällig sind es die Ukraine, Polen und die USA, die die deutsch-russischen Pipelines immer wieder scharf kritisiert haben…

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P.S. Nach Einschätzung der schwedischen Regierung ist wohl von Sabotage auszugehen. Die Informationslage sei noch alles andere als vollständig, aber zwei Explosionen seien identifiziert worden, die drei Lecks verursacht hätten, sagte Ministerpräsidentin Magdalena Andersson am Dienstagabend in Stockholm. Auch EU-Chefin von der Leyen meldete sich zu Wort: Jede absichtliche Unterbrechung der aktiven europäischen Energieinfrastruktur sei inaktzeptabel und werde zu der „stärksten Reaktion“ führen.

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Watchlist

Kommt das siebte bzw. achte Sanktionspaket? Am Mittwoch könnte die EU-Kommission ihre Vorschläge für neue Strafmaßnahmen gegen Russland vorlegen. Allerdings sind alle bisher diskutierten Ideen – ein Preisdeckel für russisches Öl, ein Embargo auf Diamanten oder neue persönliche Sanktionen – umstritten. Griechenland , Zypern und Belgien stehen auf der Bremse, Ungarn will gar keine neuen Sanktionen mehr. Und ob die neue Rechts-Regierung in Italien mitzieht, ist auch völlig offen…

Was fehlt

Das Willkommens-Geschenk für Meloni. Die italienische Postfaschistin Giorgia Meloni kann kurz nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen am Sonntag mit einer Milliardenspritze aus Brüssel rechnen: Die EU-Kommission stellte Italien am Dienstag weitere 21 Milliarden Euro aus dem europäischen Corona-Wiederaufbaufonds in Aussicht. Dies seien „einmal mehr gute Nachrichten für Italien“, betonte Kommissionspräsidentin von der Leyen. Vor ein paar Tagen hatte sie noch Kürzungen angedroht… – Mehr dazu hier