Mazedonien: Ein Linker schreibt Geschichte
Jahrelang wurde der griechische Premier Tsipras belächelt und bekämpft. Vor allem Deutschland machte ihm das Leben schwer. Doch nun hat der Links-Politiker Geschichte geschrieben – im Streit um Mazedonien.
Tsipras hatte den neuen Namen „Nord-Mazedonien“ akzeptiert und damit eine Regierungskrise in Athen ausgelöst. Denn Verteidigungsminister Kammenos war wegen des Mazedonien-Streits zurückgetreten.
Auch der konservative griechische EU-Kommissar Avramopoulos hatte sich der Namensänderung bis zuletzt widersetzt – und damit sogar die Brüsseler Behörde in Verlegenheit gebracht. Behördenchef Juncker schwieg.
Doch nun wird der größte Wunsch von EU und Nato wahr – das griechische Parlament stimmt zu, der Weg für Nord-Mazedonien gen Westen ist frei. „Historisch“ sei das, freut sich der grüne Europaabgeordnete R. Bütikofer.
Bundesaußenminister Maas twitterte: „Eine großartige Nachricht für Europa und ein Sieg für die Diplomatie!“ Vor allem aber ist es ein Sieg für Tsipras – den Links-Politiker, den Maas-Vorgänger Gabriel einst als „Kommunisten“ verächtlich machte.
Auch Kanzlerin Merkel und Ex-Finanzminister Schäuble haben alles getan, um Tsipras loszuwerden. Als der Syriza-Chef ein Referendum über die von Berlin verordnete Austeritätspolitik in Griechenland ansetzte, wurde das Ergebnis schlicht ignoriert.
Damit haben Merkel & Co. auch jeden Ansatz einer alternativen, linken Wirtschafts- und Finanzpolitik in der EU abgewürgt. Welch eine Ironie, dass nun ausgerechnet Tsipras den Europäern einen außenpolitischen Erfolg beschert!
Demgegenüber haben die griechischen Konservativen, also die Verbündeten von Merkel und ihrem Spitzenkandidaten für die Europawahl, Weber, bis zuletzt versucht, die Einigung zu torpedieren…
Siehe auch „Mazedonien: Sind das die neuen EU-Standards?“
Michelle
28. Januar 2019 @ 14:03
Tja, da sieh mal einer an: Wer hatte bis vor Kurzem noch gedacht, dass gerade Alexis Tsipras der EU ein Problem weniger bereitet? Respekt, dass es ihm gelungen ist, endlich den jahrzehntelangen Namensstreit mit Griechenlands Nachbarn Mazedonien zu lösen! Eine diplomatische Glanzleistung… Das haben frühere, griechische Ministerpräsidenten nicht geschafft! Auch wenn das Prespes-Abkommen nicht perfekt ist, ist es tatsächlich ein großer, vor allem diplomatischer Erfolg von Tsipras. Wenn man mal überlegt, dass die deutsche Regierung, besonders Schäuble, ihn immer loswerden wollte, weil er so wie ich auch ein „soziales Europa von unten“ mit alternativer Wirtschaftspolitik in der EU aufbauen will…
Peter Nemschak
25. Januar 2019 @ 17:37
@ebo Solange der Schuldenturm bedienbar bleibt, braucht sich niemand zu fürchten. Beginnt man mit nominellen Schuldnachlässen, wird Italien das erste Land sein, das eben solche für sich beansprucht. Will man das oder vielmehr, dass Italien sich endlich Reformen zuwendet, auch wenn sie bittere Pillen sind. Worauf gründen Sie ihre Hoffnung, dass die Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten werden? Transnationale Solidarität hat enge Grenzen.
Peter Nemschak
25. Januar 2019 @ 16:45
Der Erfolg von Tsipras in Sachen Mazedonien ist kein Beweis für die Meriten linksalternativer Wirtschafts- und Finanzpolitik.
ebo
25. Januar 2019 @ 17:00
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Wenn man die ND in Griechenland an die Macht gebracht hätte, wäre die Mazedonien-Frage unlösbar geworden. Eine wichtige Lektion für die Europawahl – und ein weiterer Grund, Merkels Schlingerkurs (und ihrem Spitzenkandidaten) zu mißtrauen.
Peter Nemschak
25. Januar 2019 @ 17:05
Die Mazedonienfrage hat mit linksalternativer Finanz- und Wirtschaftspolitik nichts zu tun – eine unzulässige Verknüpfung. Das soll das Verdienst von Tsipras in Sachen Mazedonien nicht schmälern.
ebo
25. Januar 2019 @ 17:10
Die „linksalternative Finanzpolitik“, wie Sie es nennen, wurde nie ausprobiert, da Merkel und Schäuble sie unterdrückt haben. Sie haben sich beim entscheidenden Euro-Gipfel im Juli 2016 sogar über die Troika hinweggesetzt, die dem von Tsipras und Frankreich ausgearbeiteten Reformplan zugestimmt hatte. Am Ende ging es nur noch darum, Alternativen zum deutschen Diktat zu zerstören und mithilfe des deutsch geführten ESM jenen Plan auf den Weg zu bringen, der Griechenland noch 40 Jahre im Schuldenturm hält. Dass das nicht gut gehen kann, wissen Sie so gut wie ich.
Michelle
28. Januar 2019 @ 14:02
Nee nee, Herr Nemschak, eine linke, alternative Wirtschafts- und Finanzpolitik wurde weder in Griechenland, noch im Rest Europas ausprobiert… Beziehungsweise konnte sie NIE getestet werden, weil besonders die deutsche Bundesregierung (Schäuble) seit der Wahl der SYRIZA-Regierung 2015 nur darauf aus war, diese zu stürzen und zu blockieren… Sollten auch Sie mitbekommen haben…