Noch ein Kandidat wackelt – “Berlin muß Rom helfen”

Zwei Kommissare aus Ungarn und Rumänien hat das EU-Parlament schon abgeschossen. Nun muss auch der polnische Kandidat Janusz Wojciechowski zittern. Der designierte Agrarkommissar konnte bei seiner Anhörung nicht überzeugen.

Die Abgeordneten stellten nicht nur kritische Fragen zu seinen Reiseabrechnungen. Die EU-Antibetrugsbehörde Olaf hatte erklärt, Wojciechowski, der früher als Europaparlamentarier tätig war, solle 11 243 Euro zurückzahlen.

Sie stießen sich auch an seinen vagen Aussagen zum künftigen Kurs in der Agrarpolitik. Er sei offen für Änderungen an der letzten EU-Agrarreform, erklärte der Kandidat. Doch auf ein “Greening” legte er sich nicht fest.

Die Reaktionen fielen enttäuscht aus – nicht nur bei den Grünen, sondern auch bei Konservativen. Eine Mehrheit im Parlament sei nicht sicher, hieß es. Zitat des CDU-Abgeordneten Peter Liese:

„Der Auftritt heute vor den Europaabgeordneten war insgesamt schwach und inhaltsleer. Von einem zukünftigen Agrarminister hätte ich mir konkrete Ideen gewünscht, wie das Einkommen der Landwirte auch zukünftig gesichert werden kann und wie die gemeinsame Agrarpolitik aussehen soll, insbesondere vor den steigenden Ansprüchen der Menschen was Tierhaltung und Klimaschutz angeht. Wir haben davon jedoch nichts gehört.”

Wojciechowski muss sich nun womöglich einem zweiten Hearing stellen, um die Fragen zu klären und die Zweifel auszuräumen. Er ist schon der dritte Wackelkandidat in zwei Tagen – keine gute Bilanz für das Team von der Leyen.

Probleme könnte auch der designierte Handelskommissar Phil Hogan bekommen. Die Grünen teilten überraschend mit, dass sie ihn nicht unterstützen können! Vor allem beim Klima vermissen sie mehr Ehrgeiz.

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Watchlist

  • Mit Didier Reynders und Sylvie Goulard müssen sich am Mittwoch zwei umstrittene Schwergewichte den Anhörungen im Europaparlament stellen. Gegen beide liberalen Politiker waren in der Vergangenheit Ermittlungen eingeleitet worden; dennoch haben sie die Vorabprüfung im Rechtsausschuss überstanden. Goulard war von Frankreichs Staatschef Macron nominiert worden; hier ist der Einsatz besonders hoch.
  • Kommt der Zollhammer made in USA? In Brüssel rechnet man damit, dass die Welthandelsorganisation WTO im Streit um Airbus-Subventionen am Mittwoch grünes Licht für Strafen gegen die EU im Wert von bis zu 10 Mrd. Dollar gibt. Brüssel werde sich “entschlossen verteidigen”, kündigte Handelskommissarin Cecilia Malmström an. Europäische Vergeltung würde den Handelskrieg jedoch nur noch weiter anheizen.

Was fehlt

  • Der Brexit-Plan von Premier Boris Johnson. “Wir werden ein sehr gutes Angebot vorlegen”, sagte Johnson am Dienstag. Zuvor waren schon Details durchgesickert. Angeblich plant London, Zollkontrollen einige Kilometer vor der inneririschen Grenze vorzunehmen. Die Regierung in Dublin lehnte das prompt ab. Allerdings werden diese Kontrollen auch nötig, wenn es zum “No Deal” kommt – es geht um den Schutz des EU-Binnenmarkts…
  • Der Besuch der beiden Grünen-Chefs Baerbock und Habeck in Brüssel. Nach kurzen Treffen mit von der Leyen und Vestager sprachen sie sich für eine deutsche Investitions-Offensive aus. Das größte EU-Land müsse Geld in den Klimaschutz stecken, um die drohende Rezession abzuwenden – und die neue Regierung in Rom zu stützen. “Wir sind gezwungen, Italien jetzt zu helfen”, so Habeck. Es gehe darum, eine Rückkehr von Ex-Innenminister Salvini zu verhindern.