Neues vom Wirtschaftskrieg (121): Sanktionen spalten die UNO

Der Wirtschaftskrieg gegen Russland zieht immer weitere Kreise. Infolge der Energiekrise rechnet Wirtschaftsminister Habeck mit wirtschaftlichen Verlusten von 160 Mrd. Euro. Die Türkei will sich auf amerikanischen Druck aus dem russischen Zahlungssystem Mir zurückziehen. Und die westlichen Sanktionen spalten die Uno.

  • Deutschland und die anderen westlichen Mächte nutzen die Generaldebatte der UN-Generalversammlung, um die Staaten des globalen Südens zur Beteiligung an ihren Russland-Sanktionen zu nötigen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat in New York ausdrücklich für die Sanktionen und für Waffenlieferungen an die Ukraine geworben. Dies trifft auch auf US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu. Letzterer warnte mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor einer neuen Ära des Kolonialismus. Frankreich hält sich bis heute diverse Kolonien. Mehrere Politiker aus Staaten Afrikas plädierten ihrerseits in New York dafür, auf eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg hinzuwirken sowie die Sanktionspolitik zu beenden; dies müsse, hieß es, auch für die Zwangsmaßnahmen etwa gegen Zimbabwe, Kuba und weitere Staaten Lateinamerikas gelten. UN-Generalsekretär António Guterres warnt vor neuen Spaltungen zwischen dem Westen und dem globalen Süden.
  • Vor dem Hintergrund möglicher Strafen will die Türkei Alternativen zum russischen Zahlungssystem Mir in Betracht ziehen. „Wir müssen uns jetzt überlegen, was wir tun können (…), welche Alternativen es gibt“, sagt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu auf die Frage, ob die Türkei Sanktionen riskiere. Das US-Finanzministerium hatte kürzlich vor Strafen für die Umgehung von verhängten Finanzsanktionen gegen Russland über das System Mir gewarnt. Bisher hatten fünf staatliche türkische Banken das System genutzt. Vor einigen Tagen setzten nach Medienberichten zwei von ihnen die Nutzung infolge der US-Warnung dann aus. – Auch ohne Sekundär-Sanktionen üben die USA einen gewaltigen Druck aus, wie das Beispiel der Türkei zeigt.
  • Habeck: Energiekrise bringt Verlust von 160 Mrd. Euro. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechnet in der aktuellen Energiekrise mit großen Verlusten für die deutsche Wirtschaft. Wegen des Einkaufs von Energie aus anderen Quellen als den bisherigen verliere die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahr knapp 60 Milliarden Euro, sagte Habeck am Donnerstag beim Klimakongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin. Im kommenden Jahr könnten es vor allem durch den Verzicht auf russische Energie knapp 100 Milliarden Euro Verlust werden, hieß es weiter. Das entspräche laut Habeck «über die Jahre gerechnet» zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

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