Nato rüstet auf – und droht China
Die Nato kommt ihrem Zwei-Prozent-Ziel immer näher, auch Deutschland rüstet massiv auf. Generalsekretär Stoltenberg macht aber eine Aussage, die das größte EU-Land ins Herz treffen könnte.
Deutschland hat der Nato für das laufende Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen – mit 2,12 Prozent des BIP.
Ingesamt werden wohl 23 Nato-Länder die Zielmarke erreichen oder sogar überschreiten. Spitzenreiter sind Polen (4,12 Prozent) und Estland (3,43 Prozent). Beide Länder liegen damit vor den USA (3,38 Prozent).
Generalsekretär Stoltenberg lobte bei einem Besuch in Washington die “größte Steigerung seit Jahrzehnten”. Man kann auch von der massivsten Aufrüstung seit dem Kalten Krieg reden.
Sie richtet sich nicht nur gegen Russland, sondern zunehmend auch gegen China. Beide Länder geben zwar wesentlich weniger fürs Militär aus als die USA: Russland nur ca. ein Drittel, China weniger als die Hälfte
Dennoch wird Stoltenberg nicht müde, immer neue Bedrohungs-Szenarien zu entwickeln – und seinerseits zu drohen, neuerdings auch gegen China.
China “befeuere” den größten bewaffneten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg , so Stoltenberg mit Blick auf die Ukraine. An einem bestimmten Punkt müssten die Alliierten dafür “Kosten” verlangen, drohte er.
Gemeint sind wohl Wirtschaftssanktionen. Dafür ist Stoltenberg zwar nicht zuständig – doch Sanktionen gegen China würden Deutschland ins Herz treffen. Das Reich der Mitte ist nämlich unser wichtigster Handelspartner…
Mehr zur Nato hier
Arthur Dent
19. Juni 2024 @ 22:38
@skyjumper
man lebt nicht vom Export – man lebt von dem, was man produziert und von dem, was man importiert. Bezahlt wird das durch den Export. (in real terms).
Volkswirtschaftlich gesehen, ist immer die Ausgabe des einen die Einnahme des anderen und umgekehrt.
(Wenn man mal die deutschen Übersetzungen von china daily liest, sprechen die Chinesen zwar von typisch „europäischem Protektionismus“, letztendlich hofft man aber auf wirtschaftliche Vernunft und gute Zusammenarbeit auf vielen Ebenen zum Wohle der Völker. Die Chinesen werden sich nicht selbst in den „großen Zeh“ schießen und Zölle auf Dinge erheben, die sie brauchen).
Michael
18. Juni 2024 @ 18:23
Ich empfinde die verlogene Rhetorik der Personalie Stoltenberg nurm3hr als Beleidigung eines jeden einzelnen Intellekts!
Wie sich ansonsten die NATO legitimiert in Fern Ost gegen China engagieren könnte vermag ich nicht zu erkennen. Das ginge m. E. nur illegal und damit auf verbrecherische Art und Weise! Das Deutschland – oder gar die EU – sich letztlich distanzieren würde kann ich nicht glauben! Als einzige Hoffnung bliebe dass einzelne NATO Mitglieder bei erforderlicher Einstimmigkeit von Entscheidungen ihr Veto einlegten!? Zugegeben, nur eine sehr sehr vage Hoffnung!
exKK
18. Juni 2024 @ 19:51
„Das ginge m. E. nur illegal und damit auf verbrecherische Art und Weise!“
Der Markenkern der NAhTOd seit spätestens 1999…
Skyjumper
18. Juni 2024 @ 18:07
„Das Reich der Mitte ist nämlich unser wichtigster Handelspartner…“
Hier sollte man differenzieren. Ja, China ist unser wichtigster Handelspartner – nach Gesamthandelsströmen, also Importe plus Exporte. Betrachtet man lediglich die Exportzahlen Deutschlands ist der wichtigste Abnehmer nach wie vor die USA. Platz 2 Frankreich, und Platz 3 (man staune) die Niederlande. Mit China haben wir nämlich eine negative Handelsbilanz von ~ 60 Mrd. €
Trotzdem bin ich mir sicher dass es ziemlich schmerzen würde. Nicht enthalten in der Handelsstatistik sind nämlich die Güter die deutsche Unternehmen IN China produzieren und verkaufen. Und ich vermute, dass die chinesische Regierung genau dort die Daumenschrauben ansetzen dürfte.
Nachdenklicher stimmen mich die 90,6 Mrd. Verteidigungsausgaben die Deutschland am die Nato gemeldet haben soll. Wo kommen die her? Der reguläre Verteidigungshaushalt 2024 (Einzelplan 14) weist nur ~ 52 Mrd. € aus. Der Rest müßte demnach aus dem sogenannten Sondervermögen stammen. Und das wäre damit schneller verbraucht, als ich es bisher erwartet habe. Woher kommt der finanzielle Nachschub dann im nächsten Jahr? Einsparungen an anderen Etats? Neues Sonder“vermögen“? Vermutlich beides.
„Beide Länder geben zwar wesentlich weniger fürs Militär aus als die USA: Russland nur ca. ein Drittel, China weniger als die Hälfte“
Hier gilt es zu bedenken, dass dieser Vergleich auf Nominal-US-$ beruht. Sowohl in Russland, als auch in China, können die Militärs jedoch landesintern mit jeden $ erheblich mehr einkaufen/produzieren als die USA bei sich. Das verfälscht die Statistik enorm. Hinzu kommt, dass es in Russland, und noch mehr in China, einen verdeckten Militärhaushalt gibt. Das trifft zwar auch für die USA zu, aber in deutlich kleineren Maßstab.
exKK
18. Juni 2024 @ 19:54
„Woher kommt der finanzielle Nachschub dann im nächsten Jahr? Einsparungen an anderen Etats? “
Ja, hauptsächlich im sozialen Bereich – die SPD hat gerade wieder Vorschläge unterbreitet, wie man „Bürgergeld“-Empfängern das Geld auf Null kürzen kann: Sanktionieren von „Schwarzarbeit“ (also im Ergebnis häufig die Hilfe von sozial Schwachen untereinander, die sich eine reguläre Handwerkerstunde oft gar nicht leisten können).
JK
18. Juni 2024 @ 22:36
Vielleicht solltest Du bei Deinem ja richtigen Hinweis, nicht die Rhetorik des Feindes übernehmen mit „sozial schwach“.
Heißt ja übersetzt immer nur das was unter „feinen Leuten“ nicht mehr sagt: „Die Asozialen sind doch selbst schuld!“.
Es heißt arm oder meinetwegen finanziell schwach. Wir haben ja -zum Glück- auch noch keinen Bericht über die soziale Schwäche, wobei es denn mit anderer Bedeutung vielleicht mal bräuchte.
exKK
19. Juni 2024 @ 00:26
Ich meinte damit auch eher sozial ausgegrenzt.
Seit Abschaffung des alten BSHG (Sozialhilfe), wo Schicksalsschläge wie zB eine defekte Waschmaschine mit einmaligen Beihilfen noch aufgefangen wurden, müssen sich die “Bürger”geldempfänger und prekär Beschäftigten heute Reparaturen und Neuanschaffungen des Notwendigsten vom Munde und eben der Teilnahme am sozialen Leben absparen.
Und wenn man in ähnlicher Situation befindlich für ein Taschengeld oder ne Kiste Bier hilft, soll man nach dem Willen der SPD künftig das Existenzminimum gestrichen bekommen. Super.
Helmut Höft
19. Juni 2024 @ 05:49
Hier gilt es zu bedenken, dass dieser Vergleich auf Nominal-US-$ beruht. Sowohl in Russland, als auch in China, können die Militärs jedoch landesintern mit jeden $ erheblich mehr einkaufen/produzieren als die USA bei sich. Das verfälscht die Statistik enorm. Sehr interessanter Pinkt! Ist das wirklich so 1:1 zu verstehen?
Skyjumper
19. Juni 2024 @ 16:08
@Helmut Höft
Nun ja: Die russischen Rüstungsausgaben werden von Russland selbstverständlich in russ. Rubel ausgewiesen. Dieser Rubelbetrag wird (z.B. von SIPRI und ähnlichen Organisationen) nach offiziellen Wechselkursen in US-$ umgerechnet um eine einheitliche Währungsbasis für die Studien zu bekommen.
Allerdings ist damit nicht unbedingt etwas über die Kaufkraft ausgesagt. Nicht umsonst werden ja z.B. viele Volkswirtschaftliche Kennzahlen nicht ausschließlich in Nominal-US-$ angegeben, sondern daneben auch in PPP-$. Oder auf deutsch in KKP-$ (KKP = Kaufkraftparität). Vor PPP-$/KKP-$ nannte man das Kind BigMac-Index. Denn es ist viel aussagekräftiger als ein Vergleich in Nominal-$.
Als Vorstellungshilfe: Russland hat ein BIP in US-$ von 2,24 Bill., und in BIP in KKP-$ von 4,7 Bill.
Bei China sind es 17,9 Bill. US-$ zu 30,2 Bill. KKP-$ (Alle Zahlen für 2022). Das ist auch einer der wesentlichen Gründe warum z.B. Russland so große Exporterfolge mit Rüstungsprodukten hat. Die können einen Kampfhubschrauber eben für die Hälfte des Preises anbieten den ein US-Hersteller für ein annährend gleichwertiges Produkt nehmen muss.
Ob das nun immer und in jeder Studie 1:1 so betrachtet werden muss, kann ich natürlich auch nicht sagen. Aber ein Industriearbeiter in China/Russland/Türkei usw. verdient nun mal (in US-$ gerechnet) erheblich weniger als ein Industriearbeiter in den USA.
Thomas Damrau
18. Juni 2024 @ 17:30
Es fällt mir schwer, Stoltenbergs Argumente (nicht Stoltenbergs Rolle) ernst zu nehmen: Der Feind ist überall – wie auch anders.
Was will der arme Mann auch sonst verkünden, um nach dem Ende seiner NATO-Rolle nicht in völliger Armut zu versinken – und stattdessen einen wohl-dotierten Job in einem Think-Tank seiner Wahl zu bekommen?
Oder vielleicht ist es nur eine bisher unerforschte Variante der Stockholm-Syndroms ( https://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm-Syndrom ).
Wenn es am Ende knallt, will es dann keiner wieder gewesen sein.
ebo
18. Juni 2024 @ 17:51
Der “Witz” ist ja, dass Stoltenberg nun auch die Nato-Waffen für die Ukraine organisiert. Und gleichzeitig hält er China vor, möglicherweise “Dual use” Güter nach Russland zu schicken.
Doppelmoral, ick hör Dir trapsen 😉
Skyjumper
18. Juni 2024 @ 18:08
Nur trapsen? Das ist ein Elefant im Porzellanladen. Vielleicht auch bereits ein Blauwal. 😉
ebo
18. Juni 2024 @ 18:17
Scheinbar ist niemand in Deutschland willens oder in der Lage, Elefanten zu sehen oder Blauwale zu orten – wo bleibt der Aufschrei?
exKK
18. Juni 2024 @ 19:56
Wahrscheinlich gehört es zur Aufgabenbeschreibung, als NAhTOd-Generalsekret eine beträchtliche Paranoia zu entwickeln. Der Mann gehört endlich in die Hände eines Facharztes!
WBD
19. Juni 2024 @ 08:54
Danke für diesen Kommentar zum Kommentar 😉
Ich hatte vor Jahren, als dieser Missbrauch des Begriffes ‘sozial schwach’ anfing, diesen Begriff bei der Wahl zum ‘Unwort des Jahres’ vorgeschlagen – naja, es gibt hat viele Kampfbegriffe in der Sprache.
Für mich sind die ‘wirklich’ sozial Schwachen vermehrt bei den oberen 1% angesiedelt!
Arthur Dent
19. Juni 2024 @ 10:41
@skyjumper
Deutschland platzt immer vor Stolz über seine Exportüberschüsse. Das ist “verschenktes” Geld. Es ist den Arbeitnehmern vom praktisch Mund abgespart worden. Deshalb sollte eine Außenhandelsbilanz möglichst ausgeglichen sein.
exKK
19. Juni 2024 @ 12:22
Ich finde die Bezeichnung derer, die ihre Arbeit GEBEN, als ArbeitNEHMER, und jener, die Arbeit anderer NEHMEN, als ArbeitGEBER mindestens ebenso unsäglich – ist doch seit jeher das GEBEN wesentlich positiver konnotiert als das NEHMEN.
Da macht sich aber niemand einen Kopf drum!
(Sorry, da hier keine Funktion für das Hervorheben mittels Fettsatz existiert, musste ich stattdessen Versalien verwenden.)
Skyjumper
19. Juni 2024 @ 16:29
@Arthur Dent
Ob das nun falsch oder richtig ist, hat (an dieser Stelle) erst einmal keine Relevanz. An der Gewichtung der Handelsströme ändert das nichts.
Ansonsten ist das ein sehr vielschichtiges Thema an dem sich schon ganz andere Kaliber als wir die Köpfe zerbrochen haben und zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Exportüberschüsse sind nicht nachhaltig und zeigen ein Ungleichgewicht auf. Aber RICHTIG gemacht (und vor 40+ Jahren einmal machte Deutschland das richtig) lebt ein Staat/eine Gesellschaft die Exportüberschüsse macht, genau davon eben besser als die anderen. Auf deren Kosten , wie es so schön heisst.
Das was wir heute (eigentlich spätestens seit dem €) sehen ist allerdings, und darauf zielen Sie ja ab, eine lost-lost-Situation. In der praktischen Realität ist ein Überschuss heutzutage negativ.