Nato-Rasmussen bewacht Europawahl – EU-Kommission beschimpft Kritiker
Merkwürdige Dinge spielen sich rund um die Europawahl ab. Einerseits scheint keiner der Kandidaten bereit, endlich ‘mal in den Wahlkampf einzusteigen und zu verraten, wie er es mit Frieden, Abrüstung und dem INF-Vertrag hält. Andererseits lassen sich (fast) alle Kandidaten vom früheren Nato-Chef Rasmussen einwickeln.
Rasmussen hat nach seinem Abgang als Nato-Generalsekretär die Consulting-Firma “Rasmussen global” gegründet und u.a. den ukrainischen Präsidenten Poroschenko beraten. Auch mit dem Brexit macht er offenbar gute Geschäfte.
Nun mischt er sich in die Europawahl ein – ohne demokratisches Mandat, aber mit viel “Connect, Shape, Influence”, wie er seine Tätigkeit auf der Homepage anpreist. (Kanzlerin Merkel wird da übrigens auch gezeigt.)
Auf der Sicherheitskonferenz in München lancierte Rasmussen zusammen mit der “Transatlantischen Kommission” einen Appel gegen “Einmischung bei der Europawahl”, der sich gegen vermutete Attacken aus Russland wendet.
Zitat aus dem Aufruf:
We expect that malign powers will also want to have their say in the upcoming European Elections. This is why we are asking those on the front line of the elections, the candidates and parties themselves, to say clearly that they will resist direct or indirect assistance from foreign malign actors.
Nicht einmal 24 Stunden später hatten die Spitzenkandidaten der etablierten Parteien, die Grünen eingeschlossen, auch schon unterzeichnet. Dazu ein Tweet von Rasmussen:
I would like to thank @ManfredWeber @TimmermansEU @ZahradilJan @guyverhofstadt @SkaKeller @BasEickhout for being the 1st signatories to this pledge. We cannot allow foreign meddlers to have a say in our elections w/o putting up a fight – we must defend our democratic institutions
— AndersFogh Rasmussen (@AndersFoghR) February 16, 2019
Eine merkwürdige Allianz, die sich da zusammenfindet. Denn wenn die Europawahl geschützt werden muss, dann doch wohl zuallererst von der EU, nicht von einem ehemaligen Nato-Chef und seinen US-Freunden.
Die EU-Kommission hat schon die Initiativen ergriffen – z.B. mit Facebook oder Instagram. Viele Europaabgeordnete haben selbst Erfahrung als Wahlbeobachter. Wozu braucht es da noch externe Berater und “Influencer”?
Zudem stellt sich die Frage, was die Initiatoren und Unterzeichner von amerikanischer Einmischung halten – etwa im Streit um die Iran-Sanktionen, die Gaspipeline Nord Stream 2 oder deutsche Autoexporte?
Werden sie nun auch US-Präsident Trump untersagen, sich mit Pressionen und Sanktionen in die EU-Wahlen einzumischen? Oder ist das jetzt nicht mehr opportun, weil es ja mit Rasmussen gegen Russland geht?
So oder so wirft diese Initiative viele Fragen auf. Sie rückt den Europa-Wahlkampf in ein schiefes Licht, noch bevor er richtig begonnen hat. Und sie zeigt einmal mehr die Grauzonen des (politischen) Lobbyismus in Brüssel…
Siehe auch “Fehlstart in die Europawahl”
WATCHLIST:
- Beim Treffen der EU-Außenminister soll es mal wieder neue Sanktionen gegen Russland geben, diesmal wegen der Vorfälle im Asowschen Meer. Die liegen zwar schon Monate zurück und sind bis heute nicht aufgeklärt, doch unter Druck der USA will die EU nun einige (angeblich) Verantwortliche mit Kontosperren und Reiseverboten belegen.
WAS FEHLT:
- Die vieldeutigen Worte der Kanzlerin zur Fridays-for-Future-Bewegung. Einerseits lobte Merkel die Schülerdemos, die es nun (endlich) auch in Deutschland gibt. Andererseits sprach sie von Kampagnen im Internet – was viele als Versuch werteten, der Bewegung zu unterstellen, sie werde aus Russland ferngesteuert. Erinnert irgendwie an Rasmussen, oder?
- Der Blogpost, in dem die EU-Kommission die Kritiker der Copyright-Reform zum “Mob” erklärte. Er wurde auf der Internet-Plattform “Medium” veröffentlicht und wurde u.a. von der Piratin J. Reda scharf kritisiert. Daraufhin hat die EU-Kommission ihren Text zurückgezogen. Er sei falsch verstanden worden, heißt es, die Ausrede steht hier. Zum Glück hat das Internet ein Gedächtnis – der Original-Post findet sich noch im Web-Archiv, und zwar hier
But this is what it’s come to. According to the @EU_Commission anyone opposing this law, that academics, human rights defenders at the UN like @davidakaye and even the inventor of the WWW @timberners_lee warn against, is a mob. They’re insulting the greatest supporters of the EU.
— Julia Reda (@Senficon) February 16, 2019
Peter Nemschak
18. Februar 2019 @ 09:50
Die Kandidaten für die Europawahl überlegen noch, wie sie es allen Milieus recht machen können: eine Quadratur des Kreises. Inzwischen toben sich die niederen Instinkte der Massen in Frankreich aus.
Holly01
18. Februar 2019 @ 09:08
Es gab mal das geflügelte Wort:”Die Russen werfen dem Westen immer das vor, was sie selbst gerade machen”.
Man musste also nur die Unterstellungen sammeln und hatte einen guten Überblick.
…
Das kann man wohl auf die Wertegemeinschaft übertragen.
Das sind diese *zwinker* empfundenen Bedrohungen.
Welche empfundenen Bedrohungen wohl die Bürger im Jemen haben?
Natürlich sollen alle Medien nur die eigene Propaganda verbreiten, oh Entschuldigung, sollen informieren.
Das war schon immer so. Erstaunlich ist nur, wie offensichtlich das zur Zeit läuft. Diese Durchschaubarkeit muss auch einen Sinn haben. Diese allgemeine Verunsicherung, welchen Akteuren man überhaupt noch irgend etwas glauben darf, ist nicht grundlos da.
Angst lähmt Gesellschaften, ist also ein gutes Mittel, um jede Diskussion zu stoppen. Angst wird auch gerne benutzt, es ist ja alle “mega” schlimm und jeden Tag geht die Welt mindestens drei mal unter.
Aber Verunsicherung ist contra produktiv. Verunsicherung beinhaltet Unruhe. Eine unruhige Masse neigt zu Panik Attacken und irrationalen Ausbrüchen und das wollen Eliten nicht.
Stumpfe Angst ist immer gerne genommen, auch gerne auf ein Ziel fixiert wie “der Russe”.
Da kann man gut steuern.
Fragmentierte Gesellschaften mit sehr hohen inneren Reibungsverlusten sind auch gut. Wenn jemand was sagt, schreien gleich drei was anderes. Keiner hört zu, alle schreien herum, sehr angenehm, wenn man Elite ist.
Aber fragmentiert, ängstlich und sehr unruhig, misstrauisch ist richtig doof. Da ist es unvorhersehbar wo ein Trigger eine Gruppe anregt und die dann eine Kaskade auslöst.
Das so etwas hier im Zentrum passiert? Brexit, Gelbwesten, Rumänien (Korruption), Deutschland (Köln, Chemnitz) das die Nerven so blank liegen?
Die Komission kann sagen was sie will, das wird immer als “Provokation” empfunden. Irgend jemand jault immer.
Wir haben eine “Null Konsens” Gesellschaft, sowohl innerhalb der Nationalstaaten, wie auch in der EU.
Null Konsens ist eigentlich nur dort, wo man “Zersetzung” einsetzt. Das kann nur der Hegemon, aber es zerrüttet die hegemoniale Machtbasis, ist also eigentlich Unsinn.
Also, warum machen “Die” das so unisono weltweit?
vlg
Pjotr56
18. Februar 2019 @ 09:02
@holly01
„Wir haben eine “Null Konsens” Gesellschaft, sowohl innerhalb der Nationalstaaten, wie auch in der EU.“ Volle Zustimmung!
Ich denke, Rainer Mausfeld hat die Mechanismen der „Zersetzung“ sauber recherchiert:
„Warum schweigen die Lämmer? Neue Wege des Demokratiemanagements. Wie sich Machtverhältnisse unsichtbar machen lassen“.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=49277
LG
Pjotr56
Baer
18. Februar 2019 @ 08:39
Wenn man die Schandtaten der USA denen der Russen gegenüberstellt,vom Wehretat ganz
abgesehen,dann wird schnell klar wer hier der Böse ist.
Wenn der Russe alle diese IT Fähigkeiten hat um allse mögliche zu stören(faken), warum hinterlässt er dann eindeutige Spuren?
Man kann die Russen für rückständig halten, aber man sollte sie nicht unterschätzen.
Die Amerikaner werden auf der ganzen Linie überschätzt,sowohl wirtschaftlich,militärisch, aber vor allem intellektuell.
Amerika ist der kranke Mann der Welt ,was sich an den irrationalen Handlungen überall in der Welt erkennen lässt, man muss es nur sehen wollen.