Nato-Krise: Stoltenberg muss nachsitzen

Die Nato steckt in der Krise. Die US-geführte Militärallianz wird von der Ukraine bedrängt und von der Türkei erpresst – und kann sich nicht auf einen neuen Führer einigen. Nun muss Generalsekretär Stoltenberg ein weiteres Jahr bleiben.

Die Mitgliedstaaten hätten vereinbart, das Mandat des Norwegers bis zum 1. Oktober 2024 zu verlängern, teilte das Nato-Hauptquartier in Brüssel mit. Zuvor waren Versuche der Mitgliedstaaten gescheitert, sich auf einen anderen Kandidaten zu einigen.

Als mögliche Anwärter für die Nachfolge Stoltenbergs hatten unter anderen die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der britische Verteidigungsminister Ben Wallace gegolten. Beide waren allerdings umstritten.

Das Gezerre um die Nachfolge drohte in eine offene Führungskrise zu münden. Die kann sich die Nato wegen des Krieges an der Ostflanke und der Konfrontation mit Russland aber nicht leisten. Sie hat ohnehin schon genug Probleme.

So droht der Ukraine-Krieg – trotz massiver Nato-Unterstützung – zum Dauerzustand zu werden. Die Offensive der Ukraine stockt. Dabei hatte Stoltenberg im Mai erklärt, die Ukraine verfüge nun über genug (westliche) Waffen, um “mehr Land zurückzuholen”.

Mehrere Nato-Mitglieder, allen voran Polen, drohen zudem mit einer direkten Militär-Intervention. “Polen könnte Truppen in die Ukraine schicken”, sagte Stoltenbergs Amtsvorgänger Rasmussen, der die Regierung in Warschau berät.

Präsident Selenskyj wiederum droht, den Nato-Gipfel in der kommenden Woche zu boykottieren, wenn er nicht neue Sicherheitsgarantien und einen konkreten Fahrplan zum Beitritt seines Landes erhält.

Last but not least wird die US-geführte Militärallianz auch noch vom türkischen Sultan Erdogan erpresst. Er blockiert den Beitritt Schwedens und fordert, die Regierung in Stockholm müssen noch repressiver gegen Kurden und türkische Oppositionelle vorgehen.

Für ein Bündnis, das sich gern auf westliche Werte und die “regelbasierte Ordnung” beruft, ist dies eine Zumutung. Stoltenberg muss sich nun darum bemühen, Erdogan zu appeasen und die Krise zu übertünschen – bis zum nächsten Jahr…

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P.S. Eine Woche vor dem Nato-Gipfel warnen Analysten davor, dass der Krieg in der Ukraine eskalieren könnte. Kiew brauche militärische Erfolge und könne versuchen, von Mißerfolgen abzulenken. Die Hauptsorge konzentriert sich auf das AKW Saporischschja. Russland und Ukraine warfen sich am 4. Juli gegenseitig vor, einen Angriff auf das AKW vorzubereiten. Siehe auch unseren Blogpost hier