“Kein Problem in Nord-Syrien”
Wenn es um Syrien geht, scheint der Westen mit zweierlei Maß zu messen. Russland und Iran werden hart ‘rangenommen, die Türkei wird geschont – trotz des völkerrechtswidrigen Einmarschs in Afrin. So auch jetzt beim Treffen der Nato-Außenminister.
Nato-Generalsekretär Stoltenberg wurde gefragt, welche Eindrücke er von seinem jüngsten Besuch in der Türkei hatte – und wie er die Lage in “Nord-Syrien” – also im türkisch besetzten Gebiet – beurteile. Hier die Antwort (Quelle: Nato, Hervorhebungen von mir):
JENS STOLTENBERG [NATO Secretary General]: My visit to Ankara and my meetings with the… with President Erdoğan, with Foreign Minister Çavuşoğlu and also the Defence Minister, was a very useful visit. Turkey’s a highly valued Ally and Turkey contributes to our shared security in many different ways, not least in the fight against terrorism; air bases, infrastructure in Turkey, has been key for the efforts of the Global Coalition to Defeat ISIS. And we addressed all those issues in my meetings in Ankara. Then of course we also addressed some of the issues where we have seen some differences between NATO Allies, for instance on the situation in North Syria. NATO is not present on the ground in Northern Syria, but we support the efforts of the Global Coalition, and some NATO Allies are, including Turkey, but also the United States. And it was clearly stated during my visit in Ankara that there is now close contact between the United States and Turkey on how to move forward in a way which is as coordinated as possible, to avoid any unnecessary problems in Northern Syria.
Na, dann sind wir ja beruhigt: Die USA und die Türkei “vermeiden unnötige Probleme in Nord-Syrien”. Die Alliierten wollen also doch keinen Krieg gegeneinander führen (puh…), den türkischen Einmarsch hat ja eh nie jemand kritisiert.
Bleibt die Frage, ob Präsident Erdogan den Schmusekurs der Nato als Freibrief auffassen könnte, noch weiter zu marschieren. Wollte er seine “alliierten” Truppen nicht sogar in den Irak schicken (wo die Nato jetzt auch aktiv ist)…?
Siehe auch “Erdogan wird zum Sicherheitsrisiko” und “Betteln und drohen – hilft das Syrien?”
Peter Nemschak
27. April 2018 @ 19:29
Hier geht es, wie wir wissen, um handfeste Interessen der NATO und der EU. Wenn es ihren Interessen dient, kooperiert die Türkei situativ auch mit Russland und dem Iran. Zimperlich darf man in dieser Region nicht sein.
ebo
27. April 2018 @ 21:35
Welche handfesten Interessen haben EU und Nato in Nordsyrien? Okkupation? Bevölkerungsaustausch? Annexion?
Peter Nemschak
27. April 2018 @ 22:04
Das handfeste Interesse der EU besteht darin, dass die Türkei den Flüchtlingsstrom aufhält, das der NATO darin, dass sich die Türkei auch in Zukunft der westlichen Allianz zugehörig fühlt, unabhängig davon, ob es in der Türkei Erdogan, eine Quasi-Demokratie oder eine Militärregierung (hatten wir schon) gibt. Okkupation, Bevölkerungstausch oder Annexion sind für NATO und EU bedeutungslos.