Nachruf auf die Bankenunion

Die vor einem Jahr beschlossene Bankenunion ist klinisch tot. Die Bundesregierung hat den zweiten wichtigen Pfeiler, ein gemeinsames Abwicklungs-Regime, brüsk zurückgewiesen. Deutsche Sparer sollen nicht für spanische Banken haften, heißt es – umso großzügiger geht Berlin mit den eigenen Finanzjongleuren um.

Vorsicht, dieser Beitrag könnte Ihre Nerven strapazieren. Ich stelle mich jetzt gleich gegen 99 Prozent der braven deutschen Sparer, die wie die schwäbische Hausfrau ihre Geld zur Sparkasse tragen und Schulden mit Schuld verwechseln.

Es geht, schon wieder, um die Bankenkrise. Mein erster Punkt: die Bankenkrise, nicht die so genannte Staatsschuldenkrise, hat die Eurozone ins Trudeln gebracht. Irland, Spanien, Zypern – immer sind es die Banken, die die Krise auslösen.

An zu hoher Neuverschuldung ist eigentlich nur Griechenland gescheitert, an Wettbewerbsschwäche nur Portugal. Die Therapie der Euro“retter“ – eisern sparen und Strukturreformen machen – ist also verfehlt, wenigstens weitgehend.

Mein zweiter Punkt: die Bankenunion, so wie sie vor einem Jahr geplant war, kam schon spät, aber damals hätte sie noch helfen können. Wenn man gewollt hätte, hätte man damit Italien und Zypern stabilisieren können. Doch Berlin wollte nicht.

Mein dritter Punkt: Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble torpedieren alles, was zu einem gemeinsamen europäischen Bankenmarkt und damit zu einer gemeinsamen Bankenhaftung führen könnte.

Kein Geld aus dem Rettungsfonds ESM (und wenn, dann nur ganz am Ende und mit Staatshaftung), keine gemeinsame Einlagensicherung, kein zentrales Abwicklungsregime – das ist die deutsche Position.

Dabei agieren die Banken längst transnational. Merkel und Schäuble nähren die Illusion eines nationalen Bankenwesens, dabei ist die Deutsche noch weniger deutsch als, sagen wir, ein Hamburger.

So, und jetzt kommt’s: Diesem bizarren, wohl vor allem dem Wahlkampf geschuldeten Finanz-Nationalismus steht ein noch bizarrerer Banken-Sozialismus gegenüber. Und zwar gleich in zweifacher Hinsicht.

Als es um die Fehlspekulationen deutscher Banken in Griechenland, Irland, Portugal und Spanien ging, zögerten Merkel und Schäuble nicht, unsere Bankster mit Hilfskrediten rauszuhauen – erster Fall von Banken-Sozialismus.

Und als es um die Hütchenspiele von Commerzbank, Hypo-Real Estate & Co ging, floss auch reichlich Steuergeld, sogar noch viel mehr als für europäische Pleite-Banken. Zweiter Fall von Banken-Sozialismus.

Belege? Der deutsche Bankenrettungsfonds Soffin für deutsche Institute wie die Commerzbank hat ein Volumen von 480 Mrd. Euro. Bis Ende 2012 machte er insgesamt 23 Mrd. Euro Verlust.

Demgegenüber hat der europäische Rettungsfonds ESM ein Volumen von 700 Mrd. Euro. Die deutsche Haftung ist auf 190 Mrd. Euro begrenzt, einen Verlust hat Berlin noch nicht gemacht.

Kurz: wenn es um deutsche Banken geht, dann sind wir Sozialisten. Dann zahlen wir ohne zu murren. Wenn es aber um die – eng mit den deutschen verflochtenen – europäischen Banken geht, sind wir plötzlich Nationalisten…

Siehe zu diesem Thema auch „Banken sollen bluten (deutsche nicht)“ und „War alles ganz anders?“

 

 
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