Nach Sachsen-Anhalt: Brüssel ist erleichtert – und verunsichert
Wie reagiert Brüssel auf die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt? Offiziell hält man sich zurück. Doch die Erleichterung über den Flop der AfD ist spürbar. Gleichzeitig macht sich Verunsicherung breit – wegen Baerbock.
37 zu 20 – das sind die Zahlen, die die EU-Politiker bewegen. 37 Prozent für die CDU in Sachsen-Anhalt, nur 20 für die AfD. Damit scheint die Sorge, dass die Rechten auch in (Ost-)Deutschland den Ton angeben könnten, zerstreut.
Ein Wahlsieg der AfD hätte in Brüssel alle Alarmsirenen klingeln lassen. Schließlich werden bei der Bundestagswahl auch die Weichen für EUropa gestellt. Und in Frankreich, wo im Mai 2022 gewählt wird, haben die Rechten Oberwasser.
In der EU-Kapitale spürt man aber auch Verunsicherung. Denn der Stern der grünen Kanzlerkandidatin Baerbock verblasst. Die Wahl in Sachsen-Anhalt hat die “grüne Welle” nicht bestätigt, das Ergebnis ist eher ein Rückschlag.
Es fügt sich in die bundesweiten Wahlumfragen, bei den die Grünen neuerdings wieder hinter der CDU liegen. Bei INSA liegt der Rückstand schon wieder bei fünf Prozent.
Zugleich hat CDU-Chef Laschet aber nicht an Profil gewonnen. Er darf sich durch die letzte Landtagswahl bestätigt fühlen – doch ob er das Zeug zum Kanzler hat, und mit wem er regieren will, ist immer noch nicht klar…
Siehe auch “Baerbock will – aber kann sie auch?”
european
7. Juni 2021 @ 11:23
Auch wenn man sich noch so sehr einen notwendige Politikwechsel wünscht, insbesondere wenn man sich die wirtschaftlichen Schieflagen und den steigenden Rechtstrend in Europa ansieht, so muss man doch klar sehen, dass Deutschland immer noch ein konservatives Land ist. Die meisten dieser Wähler sind nicht online unterwegs und sie würden auch wieder Angela Merkel wählen, wenn sie denn wieder anträte. Es gibt genügend Anhänger für Merz, Schäuble und Co. um die Schwarzen mit ihrer falschen ökonomischen Ideologie, auch wenn sie noch so sehr verbraucht sind, erneut an die Macht zu bringen.
Zum Schaden für Deutschland und zum Schaden Europas. Progressive Politik wäre notwendig, mit makroökonomischem Sachverstand und der Erkenntnis, dass die EU eben mehr als ein Markt ist, den man beliebig zu Lasten anderer absahnen kann, So droht ein Weiter-so und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die anderen sich das nicht mehr gefallen lassen. Man wird sehen, ob und wie sich die Franzosen und Italiener hinhalten lassen oder ob die Stimmung kippt.
Bofinger hat einen sehr gutes Interview im Deutschlandfunk gegeben: Mit einer schwarzen Null lässt sich die Zukunft nicht bewältigen.
https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-finanzpolitik-bofinger-mit-einer-schwarzen-null.694.de.html?dram:article_id=498379
Ein Absatz erscheint besonders bemerkenswert:
“Und dann nehmen Sie die USA und nehmen Sie China, die haben im Augenblick riesige Defizite im Haushalt, die etwa doppelt so hoch sind wie im Euroraum, und das setzen sie aber auch ein, um ihre Wirtschaften zu stimulieren und ihre Wirtschaften zukunftsfähig zu machen. Nebenbei profitieren wir in Deutschland ja auch im Norden davon, unsere ganze Exportwirtschaft lebt ja davon, dass Impulse in diesen Wirtschaftsräumen gesetzt werden. Jetzt zu glauben, dass er mit einer schwarzen Null die Zukunft bewältigen kann, das halte ich doch für ziemlich naiv.”
Es drängt sich der Verdacht auf, dass Deutschland auch diesmal als free rider davonkommen möchte. Waren es nach der Agenda 2010 und der Finanzkrise die relativen Lohnsenkungen so stehen jetzt die Investitionen zur Debatte. Lasst die anderen investieren, die Schulden machen, und wenn deren Wirtschaft wieder in Gang kommt und die Leute gut verdienen, dann kaufen die auch wieder deutsche Autos. Und wir können weiter die Schwarze Null predigen und der ganzen Welt zeigen, wie gut wir doch sind. Da fehlen einem die Worte, zumal die anderen Länder genau wissen, wie die Zusammenhänge sind und was z.B. die Niedriglohnpolitik für Schäden angerichtet hat. Von dem menschlichen und wirtschaftlichen Desaster, das Schäuble in Griechenland angerichtet hat, spricht auch kein Mensch mehr.
Dazu passt der Schäuble-Artikel in der Financial Times, wo er wieder Sparen predigt und natürlich wieder Italien als Negativbeispiel an die Wand malt.
https://www.ft.com/content/640d084b-7b13-4555-ba00-734f6daed078
Dass die Blaubraunen in Sachsen-Anhalt nicht stärkste Kraft geworden sind, liegt allein an Haselhoff und daran, dass doch mehr Leute wohl eingesehen haben, dass es nicht gut wäre, wenn die Rechtsradikalen im Land noch mehr zu sagen haben.
Düstere Aussichten 🙁