Moskaus (letzte?) Warnung an Washington
Bei Angriffen auf die Ukraine soll Russland erstmals eine Interkontinentalrakete eingesetzt haben. Es wäre eine deutliche Warnung an Washington, London und Brüssel – womöglich die letzte.
Die ukrainische Luftwaffe erklärte, die Interkontinentalrakete sei aus der südrussischen Region Astrachan gestartet. Die Rakete sei nicht mit einem Atomsprengkopf bestückt gewesen, meldet AFP aus Kiew.
Interkontinentalraketen können mit konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen bestückt werden und Ziele in tausenden Kilometern Entfernung treffen. Sie sind zu Angriffen auf einen anderen Kontinent bestimmt.
Das war diesmal nicht der Fall, der Kriegsschauplatz ist immer noch Europa. Dennoch ist klar, auf wen der Angriff zielte: Auf die USA und ihre Entscheidung, amerikanische ATACMS zum Abschuss auf Russland freizugeben.
Es war eine (womöglich letzte) Warnung aus Moskau an Washington – aber auch an London, das ebenfalls “Feuer frei” gegeben hat, und Brüssel, wo die Nato sitzt und die EU mit den Füssen scharrt, um ihre eigene Kriegsagenda umzusetzen.
Doch Politik und Medien wollen das nicht wahrhaben. Unsere Leitmedien zitieren wie üblich Präsident Selenskyj in Kiew – auf die Idee, in Washington nachzufragen, scheint keiner zu kommen. Denn die Amerikaner schweigen.
Die EU-Kommission in Brüssel sprach von einer russischen Eskalation – blendete die Vorgeschichte jedoch völlig aus. Und bei der Nato hält man sich bedeckt. Angeblich war es doch keine Interkontinentalrakete, heißt es.
Eben: Es kann nicht sein, was nicht sein darf – und wenn es doch eine war, dann hat sie mit gar nix zu tun, was wir so machen…
Siehe auch Feuer frei für die Ukraine? Das hätte weit reichende Folgen
P.S. Kremlchef Putin hat erklärt, Russland habe nicht mit einer Interkontinentalrakete, sondern mit einer neuen experimentellen Mittelstreckenrakete zugeschlagen – als Reaktion auf den Einsatz britischer und amerikanischer Waffen. Durch die westlichen Raketen habe der Krieg “Elemente eines globalen Charakters” erhalten – früher sprach man von Weltkrieg…
WBD
23. November 2024 @ 09:50
@Kleopatra: “Die für Russen wahrscheinlich grausame Wahrheit ist, dass niemand ihr Land will (außer den Chinesen).”
Das sehe ich diametral anders: Russland ist der mit Abstand grösste Staat der Welt – und wer immer auf der Suche nach Rohstoffen ist (die üblichen Verdächtigen!), der wirft ein Auge auf dieses sehr dünn besiedelte Land. Da gibt es nämlich reichlich schon gefundene, und noch mehr unentdeckte Rohstoffquellen!!
Circa 9 Einwohne pro Quadratkilometer – da kann man doch in die Versuchung kommen, sich etwas abzuknapsen!
Haben Sie die die Teilungspläne einiger Fanatiker (‘Russland zerschlagen!’) vergessen, liebe Kleopatra?
Kleopatra
23. November 2024 @ 12:26
Wer auch immer in Russland regiert, muss z.B. für Verkehrswege sorgen. Allein das macht das Riesenterritorium zu einem vergifteten Geschenk für das Volk, dem es gehört.
Und Rohstoffe sind ohne Menschen, die sie abbauen, wertlos. Auch hier zeigt sich, dass ein großes Territorium, genau wie Rohstoffe, allein wenig wert ist. (Nicht umsonst besteht die Wohnbevölkerung vieler Golfmonarchien vor allem aus Arbeitsmigranten).
Kleopatra
23. November 2024 @ 08:09
Zum x-ten mal Die EU hat keine „Kriegsagenda“, es ist Russland, das seinen Machtbereich soweit wie möglich ausdehnen und seine Macht dabei durch Kriegsverbrechen und Völkermord befestigen will. Man kann über die richtige Reaktion diskutieren, aber wer den Krieg will, ist Russland. Niemand in der EU wäre je auf die Idee gekommen, dieses […] Land erobern zu wollen. Mehr als Handel treiben wollte nie jemand. Die für Russen wahrscheinlich grausame Wahrheit ist, dass niemand ihr Land will (außer den Chinesen).
Helmut Höft
23. November 2024 @ 08:54
@Kleopatra
Zum x-ten Mal: Der Krieg RUS/UK hat eine Vorgeschichte. (z. B. Minsker (Fake-)Abkommen, US-Maidan, Overextending and unbalancing Russia, RAND usw.)
Sag‘ an was noch zur Erkenntnis fehlt, ich helfe gern.
PS.: Dass Putin zu den aktuell 5 größten Schuften gehört, kannst Du Dir als Fußnote ausdrucken und an die Wand hängen.
ebo
23. November 2024 @ 09:34
Das war vor der Europawahl: Wie die Kommission die EU auf Kriegswirtschaft umstellen will
Was jetzt aus Brüssel kommt, steht hier
Was Berlin plant, verrät dieser Artikel: „Operationsplan Deutschland“ – Bundeswehr bereitet Unternehmen auf Kriegsfall vor
Kleopatra
23. November 2024 @ 11:21
@ebo: Sie haben insofern recht, als nach Clausewitz der Angegriffene entscheidet, ob es einen Krieg gibt oder einen Einmarsch ohne Widerstand. Und da Russland seine aggressive Kriegspolitik praktisch zu erkennen gegeben hat und öffentlich verkündet, ist die EU gezwungen, darauf zu reagieren und sie zur Abwehr vorzubereiten.
@Helmut Höft: Das war nicht der US-Maidan, sondern der Maidan der Ukrainer. Sie sehen offenbar hinter allem, was Ihnen nicht gefällt, die USA.
ebo
23. November 2024 @ 17:01
Es geht nicht um Clausewitz, sondern um die EU und ihre Führung, hier z.B. Metsola:
EU-Parlamentspräsidentin drängt auf Taurus-Lieferung an Kyjiw
Sie verfolgt ihre eigene Agenda und tut so, als könne sie über deutsche Waffen verfügen. soll sie doch maltesische Systeme schicken 🙂
Kleopatra
23. November 2024 @ 19:28
@ebo: Das ist nichts Neues im Vergleich zu allen anderen Fragen, wo das Parlament versucht, für sich ein Mitspracherecht herauszuschlagen, wo es dieses noch nicht hat; und tatsächlich hat es ja manchmal mit solchen tricks Erfolg gehabt (ein Beispiel sind die Anhörungen der einzelnen Kandidaten für die Kommission, wo das Parlament sich ähnlich wie der amerikanische Senat geriert, der eden einzelnen bestätigen oder ablehnen darf). Angesichts der recht umfassenden Verpflichtung zum militärischen Beistand in den Verträgen ist der Versuch des Parlaments nicht so abwegig.
Arthur Dent
24. November 2024 @ 00:13
@Kleopatra
Vielleicht mal etwas allgemeiner:
„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung (…)
Und nun nach Westen gewandt: Wir brauchen Freunde mehr als andere. Alle Nachbarn müssen(!) begreifen – ich betone: alle Nachbarn: Wirklich dauerhaften Frieden in Europa wird es nur geben (unterschwellige Drohung, Zufügung von mir), wenn die Deutschen die Chance bekommen…, selbst über ihren Weg in der Geschichte zu bestimmen. (Helmut Kohl am 27.02.1985 im Bundestag). Es geht darum, das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen zum Eigeninteresse der internationale Umwelt zu machen (so der Politikwissenschaftler Weidenfeld). Es ging um die Deutsche Einheit.
Meiner Meinung macht China heute diesselbe Ein-Land-Politik.
Die „pazifistische“ deutsche Armee bestreitet zur Zeit parallel 17 Auslandseinsätze und hat in der Zwischenzeit schon an zwei Kriegen (Jugoslawien und Afghanistan) teilgenommen.
Seit dem die USA zur globalen Ordnungsmacht aufgestiegen ist, geistern drei Vorgaben durch Waschingtons Außenpolitik. 1. Vorherrschaft ist unverzichtbar. Stabilität gibt es nur auf der Grundlage amerikanischen Übergewichts und unter der Voraussetzung , dass die USA mehr auf die Waage bringen als Störenfriede oder ernsthafte Konkurrenten. Sicherheit basiert auf militärischer Dominanz. Eine OÄrdnungsmacht muss den Willen zur Gewalt demonstrieren, andernfalls entgleitet ihr die Ordnung. Wirksame Außenpolitik kann nur betreiben, wer das Handwerk der Einschüchterung, der Nötigung und Erpressung beherrscht. Länder wie Laos, Kambodscha, Vietnam, Korea, Afghanistan, Libyen, Iran, Irak, Nicaragua, Kuba, die Philippinen können davon sicher ein Lied singen. Sie unterhalten Truppen und Militärbasen in allen Teilen der Welt, überwachen Telefon, Post, Internet.
Sie hatten enge Beziehungen zu Marcos, Duvalier, Rhee, Somoza, Pinochet, Mobuto, Salazar.
Der Westen eskaliert auch kräftig mit durch Lieferung von uranangereicherter Munition, Streubomben (in Deutschland geächtet wie auch in gut 100 anderen Ländern der Welt), Antipersonen-Minen (in Deutschland geächtet wie auch in 163 weiteren Ländern). Wenn Deutschland einen „A… in der Hose“ hätte, hätte es sich längst aus den militärischen Lieferungen heraushalten müssen. Unter diesen Umständen endet hier unser militärisches Engagement. Dass Russland spiegelbildlich verfährt, ändert daran nichts. Wir erheben schließlich den Anspruch, die Guten zu sein. Wie leicht es ist, die Welt in „Gut und Böse“ einzuteilen, kann man ja jeden Tag in den überregionalen Print-Medien lesen und im ÖRR hören und sehen.
Kleopatra
24. November 2024 @ 09:34
Ihnen fällt offenbar der eklatante Unterschied zwischen der DDR und Taiwan nicht auf: Die Bürger der DDR wollten mit deutlicher Mehrheit die Wiedervereinigung mit der BRD, die Taiwanesen wollen nicht Teil der Volksrepublik China werden. Die westdeutsche Politik für die Wiedervereinigung hatte die nicht immer explizit ausgesprochene Prämisse, dass die Bürger der D DR entscheiden können sollten, Festlandschina will die Taiwanesen nicht selbst entscheiden lassen.
Arthur Dent
22. November 2024 @ 11:05
Ich stell meine Frage noch mal: Verfügt die Ukraine über Aufklärungssatelliten? Wer glaubt, dass die Ukraine über amerikanische Atacms frei verfügen und Ziele in Russland selbst auswählen kann?
Die USA haben viel Lärm gemacht, dass die Atacms freigegeben sind – Russland war also vorgewarnt; Russland hat jetzt eine „leere Büchse“ aus rund 1000 Kilometer Entfernung zurück geworfen. (Auch Taurus wird euch nichts nützen, wir können aber noch anders).
Cetzer
22. November 2024 @ 10:58
Atomkrieg!?
Wer¹ wird wohl im letzten Flugzeug nach Neuseeland sitzen?
¹Kleiner Tipp: Gefühlte Mittelschicht, prächtiger Rentenbescheid oder Abitur reichen dafür leider nicht, aber vielleicht ein Empfehlungsschreiben von Rheinmetall?
jjkoeln
22. November 2024 @ 12:49
Auch in Neuseeland wird es nach einem Atomkrieg nix mehr zu fressen geben. Der nukleare Winter wird eisig wie nach dem Meteoriten in Yucatan. Diesmal sind wir die Dinosaurier.
notabene
21. November 2024 @ 20:32
Nach glaubwürdigen Meldungen handelte es sich bei der „ICBM“ um eine Rakete ohne Sprengwirkung. Also ein reiner Warnschuss!
Trümmer sollen zwei Personen verletzt haben. Ansonsten gabs keine Schäden.
Wichtiger ist jedoch eine andere Meldung.
„Russischer Botschafter: Großbritannien ist nun „direkt“ in Ukraine-Krieg verwickelt
Der russische Botschafter in Großbritannien, Andrei Kelin, hat in einem Interview mit Sky News eingeräumt, dass Großbritannien nun direkt in den Krieg in der Ukraine verwickelt sei“
(Quelle: RT, Heute 17:47 Uhr MEZ)
WBD
21. November 2024 @ 18:32
Das Problem könnte ungefähr so sein: da sich die westlichen Politiker absolut im Recht fühlen, ist natürlich jede andere Meinung vom Grunde her falsch, und selbstverständlich auch nicht ernst zu nehmen. MAN IST JA IM RECHT !!
Es provoziert ja immer nur der Andere, man selber hat ja mehrere Rechtsgutachten in der Tasche, die der Nachwelt zweifelsfrei belegen, daß alles richtig war …
War das nicht 1914 irgendwie alles genau so?
jjkoeln
22. November 2024 @ 12:51
Das Hauptproblem ist, dass keiner ohne ein Stück Gesichtsverlust vom Baum klettern kann oder will.
Das wird moralisch verbrämt.
Und der Mist an moralischen Kategorien ist halt, dass es nur Gut vs. Böse gibt und der graue Raum dazwischen nicht mehr für Lösungen zur Verfügung steht.
KK
22. November 2024 @ 13:39
“ War das nicht 1914 irgendwie alles genau so?“
Yep!
Michael
21. November 2024 @ 18:26
“Interkontinentalrakete” oder ballistische Rakete oder … ?