Moskau oder München? – Medien in der Ibiza-Falle

Vor der Europawahl wurde immer wieder vor „Desinformation aus Russland“ gewarnt. Auch der FPÖ-Skandal scheint nach Moskau zu weisen. Doch nun kommt ‚raus: Die Drahtzieher saßen womöglich ganz woanders – nämlich in München!

Darüber berichten heute mehrere Medien, u.a. die „Bild“-Zeitung. „Eine Münchner Detektei mit windigem Wiener Inhaber“ soll die „Ibiza-Falle“ gestellt haben. Die angebliche russische Oligarchen-Nichte wird plötzlich als „russische-lettische Mogel-Millionärin“ entlarvt.

Na sowas. Wenn das stimmt, dann fällt die Verschwörungs-Theorie in sich zusammen. Dabei hätte es doch so schön gepaßt. Schließlich warnt die EU seit Wochen vor russischer „Desinformation“ zur Europawahl. Justizkommissarin Jourova sagt, man müsse bis zur letzten Minute auf der Hut sein.

Die Medien haben die schrillen Warnungen aus Brüssel und das krasse Video aus Ibiza begierig aufgegriffen. Sogar Nachrichten-Agenturen überschlagen sich nun mit Meldungen über die „Putin-Connection“ der FPÖ und anderer Rechtsparteien. Ein alter Hut, mit neuen Videobildern vermischt.

Doch wenn es stimmen sollte, dass nicht Moskau, sondern München hinter dem Skandal steckt, dann hätten die Medien selbst „Fake News“ verbreitet. Schlimmer noch: Die Desinformation wäre nicht über dubiose russische Kanäle, sondern von seriösen deutschen Medien verbreitet worden.

Der „Spiegel“ und die „Süddeutsche“ müssen sich fragen lassen, warum sie die Leaks eine Woche vor der Europawahl verbreitet haben, obwohl das Material schon lange auf dem (Schwarz-)Markt war. Sie müssen sich auch fragen lassen, wieso sie die Falle nicht näher durchleuchtet haben.

Nun sieht es nämlich so aus, als seien sie selbst hinein getappt…

Siehe auch „Die Europawahl hat ihren Skandal – aber anders, als gedacht“ und „Der Kampf um die Desinformation“ (Gastbeitrag)

P.S. Mittlerweile räumt sogar die EU-Kommission ein, dass es (bisher) keine breit angelegte Desinformations-Kampagne aus Russland gegeben habe. Der Großteil der Falschinformationen und Manipulationsversuche stamme heute aus den EU-Ländern selbst, stellte eine Task Force fest. Sie seien meist „motiviert durch populistische und gegen das Establishment gerichtete Haltungen“. Das hätte man allerdings schon seit dem Brexit wissen können…