Michels fromme Wünsche, Babis schönes Schloß – und Streit zwischen Paris und Berlin

Die Watchlist EUropa vom 04. Oktober 2021 –

Die EU soll international durchsetzungsfähiger und handlungsfähiger werden. Dies hat EU-Ratspräsident Charles Michel in seinem Einladungsbrief für den außerordentlichen EU-Gipfel am Dienstag in Slowenien gefordert.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Afghanistan, der US-Sicherheitspartnerschaft Aukus und der Entwicklung der Beziehungen zu China wünsche er sich eine strategische Diskussion über die Rolle der EU auf der internationalen Bühne, so der Belgier.

Es sind fromme Wünsche, die auch von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geteilt werden. Michel und Macron, der im Januar den Ratsvorsitz übernimmt, wollen 2022 zum “Jahr der europäischen Verteidigung” machen.

Doch große Fortschritte sind nicht zu erwarten. Das Debakel in Afghanistan haben die meisten EU-Länder schon wieder verdrängt. Der Streit um “Aukus” ist vergessen, EU und USA sitzen schon wieder am Verhandlungstisch.

Und gegen China kann die EU ohnehin nicht viel ausrichten. Warum auch? Wirtschaftlich profitieren beide Blöcke voneinander, militärisch sind sie sich (noch) nicht in die Quere gekommen.

Wieder Ärger mit der Türkei

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Wesentlich dringlicher wäre es, endlich das zerrüttete Verhältnis zur Türkei neu zu ordnen. Sultan Erdogan hat schon wieder angefangen, Zypern und Griechenland zu drangsalieren.

Außerdem macht Erdogan Front gegen das neue Militärbündnis zwischen Athen und Paris. Dadurch werde die Nato geschwächt, sagt der Mann, der die Nato gemeinsam mit Russland unterwandert.

Doch dazu sagt Michel nichts. Auch zum jüngsten Konflikt zwischen Serbien und Kosovo hört man wenig in Brüssel. Dabei hat er gezeigt, dass die EU nicht einmal ihren “Hinterhof” aufgeräumt hat…

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Führt die neue Energiekrise zum Krach zwischen Deutschland und Frankreich? Kurz vor einem Treffen der Eurogruppe habe die Regierung in Paris gegen den deutschen Atomausstieg und Nord Stream 2 gewettert, schreibt das “Handelsblatt”. Auch die EU-Energiepolitik wird in einem Brief aus Paris heftig attackiert. Die Preissteigerungen seien nicht vorübergehend, und Berlin und Brüssel dürften nicht die Hände in den Schoß legen, heißt es darin.

Was fehlt

Das Traumschloß des tschechischen Ministerpräsidenten Babis. Der soll über Briefkastenfirmen ein Landschloss in Südfrankreich für mehr als 15 Millionen Euro erstanden haben, wie ein neues Datenleak (“Pandora Papers”) enthüllt. Für Babis ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung besonders brisant, weil in Tschechien am Freitag und Samstag ein neues Parlament gewählt wird. Auch der ukrainische EU-Freund Selenski soll sich anonym bereichert haben…