Merz in Kiew: Diplomatie mit Taurus-Ultimatum?
Bei einem Mini-Gipfel in Kiew hat Kanzler Merz ein Ultimatum an Russland ausgesprochen: 30 Tage Waffenruhe ab Montag, oder mehr Sanktionen und mehr Ukraine-Hilfe. Schickt er nun den Taurus?
Die EUropäer sind auf Konfrontations-Kurs mit Russland. Ein Verbot von russischen Gasimporten, ein Sondertribunal für Putin, Vorbereitungen für ein neues Sanktionspaket: All das kam in den letzten Tagen aus Brüssel.
Als “Krönung” nun also auch noch ein Mini-Gipfel in Kiew. Nur einen Tag nach den EU-Außenministern, die nach Lwiw gefahren waren, sind Merz, Macron, Tusk und Starmer nach Kiew gereist, um noch mehr Druck zu machen.
Ihre Forderung nach einem 30-tägigen Waffenstillstand klingt gut. Allerdings hätten Merz & Co. dafür nach Moskau fahren sollen. Und sie hätten Anreize mitbringen müssen – etwa eine Lockerung der EU-Sanktionen gegen Russland.
Diplomatie geht anders
Das ist Diplomatie – mit dem Gegner sprechen, Angebote machen und dafür alle möglichen Hebel in Bewegung setzen. Sanktionen waren mal als Mittel der Diplomatie gedacht; sie schaffen eine zusätzliche Verhandlungsmasse.
Stattdessen kam ein Ultimatum. Angeblich ist es mit US-Präsident Trump abgesprochen – doch der schweigt beharrlich. Das hielt Merz allerdings nicht davon sich, sich auf Trump zu berufen, als sei der sein bester Freund…
Merz markierte auch sonst den starken Mann. „Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden“, behauptete er breitbeinig.
Keine Transparenz
Was diese “Initiative” beinhaltet – außer Drohungen – wollte er nicht sagen. Und welche Waffen er in die Ukraine schicken will, wenn Putin nicht mitspielt, blieb auch offen. Man werde drüber nicht mehr öffentlich sprechen, hieß es.
Bleibt die Frage, ob Merz nun den Taurus schicken wird. Genau das hatte er ja vor seiner Wahl angekündigt: Er wolle Putin ein Ultimatum stellen und – bei Nichtbeachtung – die deutsche Wunderwaffe einsetzen, die auch den Kreml treffen kann.
Es wäre eine weitere Eskalation, mit Deutschland an vorderster Front…
Mehr zum Krieg um die Ukraine hier
P.S. Putin hat das Ultimatum zurückgewiesen. Seine eigene, dreitägige Angriffspause wurde beendet. Immerhin schlägt er nun Verhandlungen mit der Ukraine in Istanbul vor, wie vor drei Jahren. Damals gab es fast einen Deal…
Arthur Dent
12. Mai 2025 @ 21:00
@Kleopatra
„Nur bedeutet die Ablehnung eines Antrags der CDU/CSU-Fraktion, Taurus zu liefern, nicht, dass der Bundestag gegen Taurus-Lieferungen ist. Es bedeutet bloß, dass der entsprechende Antrag keine Mehrheit fand.“
– klingt jetzt sehr nach Wortklauberei, man liefert Taurus nicht wie eine Pizza.
Die Frage ist, ob Putin es sich innenpolitisch erlauben kann, auf einen Beschuss durch Taurus nicht zu antworten. Und wem wird er antworten, wenn doch die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es ohne Beteiligung eigener Soldaten nicht zu bewerkstelligen ist, dass der Taurus in die Luft und ins Ziel kommt? Eine militärische Antwort Russlands dürfte auch den Nato-Bündnisfall nicht auslösen. Bislang wurde Deutschland nicht von Russland angegriffen. Deutschland hat dem Weltsicherheitsrat auch noch keine „kollektive Selbstverteidigung“ gemeldet.
Ulla
12. Mai 2025 @ 13:31
Die Bundesregierung setzt sich zusammen aus CDU/CSU und SPD und soviel ich mitgekriegt habe, stemmen sich Klingbeil, Pistorius und andere gegen die Lieferung von Taurus.
Entscheidet nun Merz allein, dann ist er auch fuer die Folgen voll verantwortlich und die koennen ganz heftig und sehr heiss sein!
Nach dem Doppel-Wumms in Moskau hoert die Ukraine womoeglich auf zu existieren! Das gilt auch fuer die Krimbruecke!
Das waere dann der Anfang vom 3.WK , denn wenn der Krieg mittels Taurus nach Russland getragen wird, wird Russland sich zu verteidigen wissen, die Zerschlagung des Staates wird nicht hingenommen, Russland ist ein Atomstaat, das sollte der Westen nicht vergessen!
Anschliessende Fragen….wie konnte das passieren oder wer konnte denn ahnen…..gibt es dann nicht mehr!
Wolf Böse
12. Mai 2025 @ 12:02
Auf Merzens dumme Taurusschüsse gibt es als Antwort “Haselnüsse”.
Arthur Dent
11. Mai 2025 @ 22:27
Wie soll eine Taurus-Lieferung geheim bleiben?
Es geht auch weniger um einen Waffenstillstand als vielmehr um die Vorbereitung einer weiteren Stufe im Stellvertrterkrieg
KK
12. Mai 2025 @ 02:12
„Wie soll eine Taurus-Lieferung geheim bleiben?“
Spätestens, wenn eine irgendwo in Russland einschlägt, ist das Geheimnis gelüftet… und in absehbarer Zeit wird dann hierzulande auch was einschlagen. Dann aber hoffentlich im Fü…äh…Kanzlerbu…sorry… Kanzleramt (liegt ja so nah beieinander).
Erneuerung
11. Mai 2025 @ 20:12
Also wird nun Taurus heimlich geliefert, so wie im vergangenen Jahr dann die Waffen nach Israel, nach anfänglicher Zurückhaltung. Herr Wadephul hat die in meinen Augen bis August vergangenen Jahres richtige Entscheidung von Frau Baerbock, keine Waffen mehr an Israel zu liefern und auf das Völkerrecht zu verweisen, kritisiert. Nätürlich vergisst er zu erwähnen, dass Frau Baebock dann bei ihrem letzten Treffen mit Netanjahu eingeknickt ist und die Waffenlieferung dann umgehend um 40% gegenüber 2023 erhöhte. Die entsprechenden Tagesschaumeldungen dürfen so nicht mehr geschehen, das Volk kann sowas nicht einordnen. Für Russsland reicht es, wenn das dumme Volk dann die Oreshnik-Antwort spürt, und je weniger Palästinenser überleben, umso weniger können dann gegen den Genozid protestieren. Das ist alles sehr clever, fast so clever wie die Verantwortlichen im 3. Reich und in der DDR.
Reykjavik
11. Mai 2025 @ 19:56
Besorgniserregend ist vor allem die Tatsache, dass alle Teilnehmer des „Minigipfels“ in ihren Heimatländern kläglich gescheiterte Politiker bzw. was Merz und Tusk betrifft, „nicht sehr erfolgreiche“ Politiker sind. Sie sind nicht mal ansatzweise fähig und willig, ihre eigenen immensen innenpolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen und konzentrieren sich daher auf die Außenpolitik, als einzig verbliebenes Vehikel zu ihrem persönlichen Machterhalt. Der gerade seit 3-4 Tagen kanzlernde Kanzler wird Taurus liefern und damit die Sicherheit seines Landes und ganz Europas leichtfertig aufs Spiel setzen – damit es mal wenigstens einen Bereich gibt, wo er das von ihm Versprochene nicht bricht. Eigentlich gibt es einen gültigen Bundetagsbeschluss, dass Deutschland keine Taurus liefert, so dass ich die dennoch befeuerte Diskussion nur dann nachvollziehen kann, wenn auch Bundestagsbeschlüsse nichts mehr wert sind. Was ist Europa noch Europa überhaupt wert?
KK
11. Mai 2025 @ 21:58
„Sie sind nicht mal ansatzweise fähig und willig, ihre eigenen immensen innenpolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen und konzentrieren sich daher auf die Außenpolitik, als einzig verbliebenes Vehikel zu ihrem persönlichen Machterhalt. “
Und wie immer schon in der Historie wird, wenn es im Inneren nicht läuft, nach aussen ein Krieg provoziert… in einer sogenannten Demokratie erspart man sich dann auch Neuwahlen und kann baw weiterregieren, dafür hat man in den Verfassungen idR vorgesorgt.
Kleopatra
12. Mai 2025 @ 06:49
Können Sie diesen Bundestagsbeschluss identifizieren und zitieren? Welchen Status hat er?
Ulla
12. Mai 2025 @ 08:37
Die Unionsfraktion ist mit ihrem Antrag zur Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine gescheitert
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw11-de-ukraine-992936
reicht ihnen das???
Kleopatra
12. Mai 2025 @ 09:15
@Ulla: Das ist mir bekannt. Nur bedeutet die Ablehnung eines Antrags der CDU/CSU-Fraktion, Taurus zu liefern, nicht, dass der Bundestag gegen Taurus-Lieferungen ist. Es bedeutet bloß, dass der entsprechende Antrag keine Mehrheit fand. Der Bundestag hat damit nicht die Lieferung von Taurus abgelehnt; die Mehrheit wollte nur nicht, dass es so aussieht, als ob die Opposition die Mehrheit hätte.
Die damalige Regierungsmehrheit wollte nicht den Kanzler Scholz zu etwas auffordern, was dieser nicht tun wollte. Der seinerzeitige Beschluss bedeutet somit nur, das der Bundestag die Entscheidung dem Bundeskanzler überließ. Dieser heißt seit einigen Tagen Friedrich Merz. Wenn er Taurus liefern will, steht dem der genannte Bundestagsbeschluss nicht entgegen, da er die Entscheidung dem Bunderskanzler überlässt.
Skyjumper
12. Mai 2025 @ 10:43
“Eigentlich gibt es einen gültigen Bundetagsbeschluss, dass Deutschland keine Taurus liefert, so dass ich die dennoch befeuerte Diskussion nur dann nachvollziehen kann, wenn auch Bundestagsbeschlüsse nichts mehr wert sind.”
Dieser Beschluß des Bundestages ist in der Tat nicht viel wert. Und zwar in Übereinstimmung mit geltenden Recht. Es obliegt zunächst alleine der Bundesregierung, nicht dem Bundestag, ob Waffenexporte genehmigt oder sogar veranlasst werden. Der Bundestag kann jedoch, als Initiativrecht, die Regierung selbstständig auffordern eine bestimmte Handlungsweise auszuführen. Genau das hatte die CDU/CSU im Sinne einer Tauruslieferung versucht und ist damit gescheitert. Eine Untersagung lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Nicht einmal “von hinten durch die Brust ins Auge”.
Die gewählte Formulierung ist einfach nicht korrekt. Es gab keinen Antrag die Lieferung von Taurus zu untersagen, also kann es auch keinen entsprechenden Bundestagsbeschluß geben. Über die politischne Gründe warum es so abgelaufen ist wie es ablief hat @Kleopatra ja schon ausgeführt.
Monika
11. Mai 2025 @ 16:52
Diplomatie von heute?
Vor allem steht eine Frage medial penetrant ungestellt im gesellschaftlichen Raum:
Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit, Zuhören sind zwar “angesagt”, ungesagt bleibt jedoch tunlichst, dass diese Tugenden nur ausgewählten Teilen der Bevölkerung und Völkern entgegengebracht werden dürfen. Alle als rechts markierten Bürger und “Feinde” sind strikt davon ausgenommen. Politisch festgelegt werden diese äußeren Feinde (Achse des Bösen ect…) und natürlich auch all die Versteher, Diplomatiefreunde und sonstigen “Verräter” an “unserer Demokratie” von den “demokratischen Parteien der Mitte”. Um ihre Staatsräson vor diesen Verrätern und Feinden zu schützen, müssen Grundrechtseinschnitte, Sozialabbau und Hochrüstung als Schutzwall und Brandmauer gegen die “drohenden” feindlichen Angriffe im Außen und Innen hingenommen werden.
Weh dem der nicht spurt: er ist schneller rechts als er links sagen kann…
Fazit: Wir sind die Guten, und NUR MIT DENEN darf Empathie, Verständnis und Zuhören gepflegt werden. Alle anderen brauchen die harte Hand und klare Kante. Unser Politikbetrieb ist zur reinen Selbstbefriedigung einer autoritativen Blase namens “demokratische Parteien der Mitte” geworden.
Wie soll aus dieser versauerten Erde Frieden wachsen….
Skyjumper
11. Mai 2025 @ 21:41
„Wie soll aus dieser versauerten Erde Frieden wachsen….“
Na gar nicht. Krieg soll es werden auf Erden. Den Politikern zum Wohlgefallen. Und: Offenbar auch dem dummen Volke zum Wohlgefallen. Denn noch immer wählen die Nutzviehherden (zumindest im Mehrheit) genau diese Politiker.
Vielleicht wird es tatsächlich Zeit die Demokratie als gescheitertes System einzustufen. Die Masse der Bevölkerungen sind offenbar zumindest zu desinteressiert als das man denen irgendeine Mitbestimmung einräumen dürfte.
Monika
12. Mai 2025 @ 17:46
Sybille Peine (DPA) fragt in den Nürnberger Nachrichten am 8.Mai 25: “Wie sehr liebten die Deutschen Hiltler?” Sie bezieht sich auf den Historiker Peter Longerich, der argumentiert, die meisten wären wohl nur “Unwillige Volksgenossen” gewesen. Die durch den “Führer” geeinte, rassisch-homogene “Volksgemeinschaft” sei immer nur ein Wunschbild gewesen. “Stattdessen gab es wie schon in der Weimarer Republik viele Partikularinteressen. Der Krieg sei über weite Strecken unpoulär gewesen, es überwog während des gesamten Krieges die Hoffnung auf Frieden.” …
“Man lade aber auch durch Feigheit, Opportunismus und Anpassung Schuld auf sich. Die Mehrheit habe trotz fehlender Überzeugung die Herrschaft der NS-Diktatur garantiert.”
Also ist auch für die diktatorische Staats-Variante das Nutzvieh schlicht Nutzvieh. Den demokratisch Staatstragenden kann es, wie wir sehen wumpe sein, was ihre Wähler denken, kommt eh nicht darauf an. Ebenso wie den Diktatoren, die sich durch sorgfältig inszenierte Bilder begeisterter Zustimmung ihren Nachruhm sichern.
Die Nutzviehherden laden immer Schuld auf sich, und löffeln dann brav die Suppen aus, die ihnen eingebrockt werden. So wie all die Kriegstoten in den vielfältigen Kriegsspielen derer “mit der Lizenz zum Töten”.
Guido B.
11. Mai 2025 @ 15:42
Der Westen hält an seinem Dogma fest, Russland zu demütigen, zu bestrafen und zur Kapitulation zu zwingen. Macron und Merz befehlen: Es gibt keine Friedensverhandlungen ohne einen bedingungslosen Waffenstillstand, der die Ukraine auf dem Schlachtfeld in eine stärkere Verhandlungsposition befördern soll. Kurzfassung: Ergib dich, sonst …!
Ja, was „sonst“? Sanktionen? Taurus? Französische Truppen an der Front?
All dies wird sowieso kommen. Der Westen macht seit vielen Jahren, was er am besten kann: fordern, provozieren, eskalieren, Benzin ins Feuer gießen.
Es wundert mich, dass sich Russland überhaupt noch die Mühe macht, einen Dialog mit dem Westen zu führen. Es ist reine Zeitverschwendung.
Actions speak louder than words.
Michael
11. Mai 2025 @ 15:28
Ganz die gehorsamen Vasallen reden inzwischen auch die „Willigen“ gequältermassen von Frieden … a la Trump! Natürlich nicht diplomatisch sondern ultimativ: Diplomatie als Drohung! Merz wird das nicht anfechten weil er es nicht versteht! Und über z. B. Taurus soll nicht mehr geredet werden nachdem er selbst es wiederholt in den öffentlichen Diskurs eingebracht hatte! Im Wahlkampf als Merzmacho … ! Jetzt will er schweigen, aber nicht wie Macron als eine Taktik der Ambivalenz, sondern weil er nicht mehr liefern will!
KK
11. Mai 2025 @ 15:15
Wundert es denn, wenn Russland nach den beiden Minsk-Scharaden hinter diesen 30 Tagen nur wieder eine Finte vermuten muss, die einzig dazu dienen soll, der Ukraine erneut ein Zeitfenster für neue Waffen und Truppen zu verschaffen?
Frankreich und Deutschland ist im Verbund mit der Ukraine da keinen Millimeter mehr über den Weg zu trauen, das haben die Russen inzwischen lernen müssen… und für das UK gilt nach der Intervention von Boris Johnson in Istanbul dasselbe.
Wenn Merz den Taurus liefert, läge Sönke Neitzel völlig falsch, weil dann nicht erst der kommende Sommer, sondern bereits der in 2024 der letzte für Deutschland im Frieden wäre…
Si vis pacem, evita bellum!
Kleopatra
12. Mai 2025 @ 09:19
@KK: Die russische Forderung, während eines Waffenstillstandes dürfe der Westen der Ukraine keine Waffen liefern, ist grotesk überzogen. Denn Russland würde ja seine eigenen Rüstungsfabriken nicht während dieser Zeit stilllegen. Und die Ukraine kann sich nicht darauf einlassen, dass nur sie während eines Zeitraums nicht aufrüsten dürfen sollte. Im Grunde drückt die russische Forderung die Auffassung aus, dass die Ukraine kein legitimerweise existierender Staat sei und Russland einen Anspruch habe, sie zu unterwerfen.
Grundsätzlich kann sich jeder Staat jederzeit Waffen beschaffen, selbst im tiefsten Frieden.