Merkels Spiel mit dem Datenschutz

Als Konsequenz aus dem US-Überwachungsskandal fordert Kanzlerin Merkel mehr Datenschutz auf EU-Ebene. Doch bisher hat Deutschland die laufende Reform der europäischen Datenschutzverordnung gebremst. Ist Merkels “Sommeroffensive” nur ein Ablenkungsmanöver?

Typisch Merkel: Erst verhindert sie die Aufklärung des NSA-Prism-Skandals, dann stellt sie sich als oberste Datenschützerin hin. Und nebenbei lenkt sie auch noch von ihrer Verantwortung ab.

Aber der Reihe nach: Als in Brüssel Forderungen laut wurden, die Freihandelsrunde mit den USA auszusetzen, bis der Spähskandal aufgeklärt ist, sorgte Merkel höchstpersönlich dafür, dass genau dies nicht passiert.

In einer Kungelrunde mit Kommissionschef Barroso im Kanzleramt überredete sie Frankreichs Staatschef Hollande, seine Forderung nach einem Aufschub der transatlantischen Verhandlungen fallen zu lassen (siehe “Freihandel über alles”).

Danach lenkte die Kanzlerin erfolgreich davon ab, dass sie die Oberaufsicht über die Geheimdienste – und vermutlich auch das beste und tiefste Wissen – hat. Nicht sie, sondern Geheimdienstkoordinator Pofalla sei zuständig.

Vermutlich wußte sie auch “nichts” davon, dass der BND regelmäßig auf NSA-Erkenntnisse über deutsche Staatsbürger zugreift, wie heute die “tagesschau” meldet.

Die Krönung des Ganzen ist nun ihr Versuch, die Bürger mit dem Hinweis auf die EU-Datenschutzverordnung zu beruhigen. Dabei bremst Deutschland diese seit Monaten aus, mit dubiosen Argumenten.

Mal heißt es, die geplanten EU-Regeln blieben hinter dem deutschen Datenschutzniveau zurück. Dann wieder plädiert Berlin für eine Selbstregulierung der Internet-Branche. Dazu der Grünen-Experte Albrecht:

Leider ist es ihre eigene Bundesregierung, die seit nunmehr eineinhalb Jahren den Vorschlag für eine durchsetzungsfähige Datenschutzverordnung torpediert. Innenminister Friedrich leistet damit international agierenden Datensammlern wie Facebook, Microsoft und Google Vorschub und verkauft die Rechte von europäischen Bürgerinnen und Bürgern.

So spielt Merkel mit dem Datenschutz: Erst entzieht sie Brüssel das einzig wirksame Druckmittel (den Stopp der Freihandelsgespräche), dann spielt sie den Ball auf EU-Ebene zurück – und verschleiert ihr eigenes Versagen…

Siehe zu diesem Thema auch mein Interview “Noch ist es nicht zu spät” sowie den Gastbeitrag “Das Spiel des Überlebens”