Merkel trifft Italiens Premier – und staunt

Wenn es nach dem deutschen EU-Kommissar Oettinger geht, dann steht Italien kurz vor einem Schulden-Debakel. Auch Kanzlerin Merkel macht sich Sorgen – doch bei einem Treffen mit Italiens Premier Conte kam sie ins Staunen.

Die Kanzlerin sei „sehr aufmerksam, sehr interessiert (…), sehr beeindruckt, würde ich sagen, von dem Strukturreformpaket“ gewesen, sagte Conte nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit Merkel.

Man sei sich einig, dass es über die umstrittenen Haushaltspläne seines Landes einen „konstruktiven“ Dialog“ geben müsse, erklärte Conte weiter. Allerdings werde Rom keine Abstriche an seinem Entwurf machen.

Der sieht eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent des BIP vor, was angesichts des Schuldenbergs von 130 Prozent gewagt erscheint. Allerdings hatte der bisher von Rom verfolgte Sparkurs die Schulden auch nicht abgebaut.

Conte und die italienische Populisten-Regierung versuchen es nun mit Deficit-Spending, um das Wachstum anzukurbeln – und mit Strukturreformen. Die gehen schon jetzt weiter als alles, was Merkel je in Deutschland wagte.

Unter Ex-Premier Monti war bereits 2011 eine Anhebung des Renteneintrittsalters beschlossen worden. Auch wurde das System der Frühverrentung gänzlich abgeschafft, wie die „DWN“ hervorheben.

Bis dahin lag das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 60 Lebensjahren. Nach der Reform ist ein staatlicher Rentenbezug erst nach 42 Beitragsjahren möglich – oder wenn das 66. Lebensjahr plus drei Monate erreicht worden ist.

Die rechte Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung wollen die Reform zwar nun zurückdrehen. Doch gleichzeitig wollen sie Steuerprivilegien abschaffen und Unternehmen stärker zur Kasse bitten.

Außerdem ist die Einführung einer sozialen Grundsicherung geplant – wie sie auch in der neuen „sozialen Säule“ der EU-Kommission empfohlen wird. All das wird in der aktuellen, aufgeregten Debatte gerne vergessen – nicht wahr, Herr Oettinger?