Merkel nimmt sich drei Stunden, um Weber zu retten (und ihre Autorität)

Der Zeitplan lässt aufhorchen: Kanzlerin Angela Merkel ist drei Stunden vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel eingetroffen, um Gespräche zu führen. Will sie Manfred Weber retten – oder ihre Macht in der EU?

Offiziell heißt die Antwort natürlich: weder noch. Es gehe nur um bilaterale Gespräche, um die Lage nach der Europawahl zu sondieren. Reine Routine, wie bei jedem Gipfel.

Doch diesmal geht es um mehr. Allein schon, dass Merkel den spanischen Regierungschef Pedro Sanchez trifft und das auch noch öffentlich macht zeigt, wie ernst die Lage ist.

Der Sozialist Sanchez ist nach seinem Wahlsieg wichtiger für Merkel geworden als die heimische SPD. Er gilt nun als starker Mann der Sozialdemokraten und als “Königsmacher” für den Spitzenkandidaten Frans Timmermans.

Es ist eben nicht mehr wie vor fünf Jahren, als die Genossen sich flugs hinter den Wahlsieger Jean-Claude Juncker stellten. Nein, diesmal begehren sie auf – und wollen ihren eigenen Mann in den Juncker-Sessel hieven.

Neben Sanchez sind auch Gespräche mit Ratspräsident Donald Tusk und Frankreichs Emmanuel Macron geplant. Tusk lehnt einen “Automatismus” bei den Spitzenkandidaten ab, Macron will Weber abschießen.

Der Franzose sagte, er wolle noch nicht über Personen reden. Stattdessen müsse es um die politischen Prioritäten gehen – etwa um den Kampf gegen den Klimawandel und die Schaffung eines neuen Wachstumsmodells.

Macron machte gleichzeitig deutlich, dass Konservative und Sozialisten zusammen keine Mehrheit mehr haben. Die neue liberale Mitte-Gruppe, die er aufbauen will, habe deshalb eine “wichtige Rolle (und) Verantwortung”. 

Merkel faßt das offenbar genauso auf, wie es gemeint ist: als Kampfansage auf die konservative EVP. Es geht längst nicht mehr nur um Weber – sondern auch um ihre eigene Macht…

Siehe auch “Der heimliche Machtkampf, der EUropa zerreissen könnte”