Meint Weber das ernst?
Zum Auftakt ein Paukenschlag: Manfred Weber, Spitzenkandidat der konservativen EVP und CSU-Vize, stellt sich gegen die Politik der CDU/CSU-geführten Bundesregierung. Er fordert ein Ende der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 – meint er das etwa ernst?
Die bereits im Bau befindliche Pipeline verstärke die “Abhängigkeit der EU von russischem Gas”, kritisierte Weber. Als Kommissionschef werde er deshalb “alle gesetzmäßigen Mittel” einsetzen, um den Bau zu stoppen.
Das Problem: Erstens ist er noch nicht am Ziel, sein Wahlsieg ist durch das Brexit-Chaos unsicher geworden. Und zweitens kann ein Kommissionschef die Pipeline nicht einfach so verbieten. Auch Jean-Claude Juncker hatte Bedenken, fand jedoch keine Handhabe gegen Nord Stream 2.
Wie Wunschdenken wirken auch andere Versprechen, die Weber zum offiziellen Auftakt seines Wahlkampfs in Athen gemacht hat. Manches fällt nicht einmal in die Zuständigkeit der EU. Hier der Faktencheck:
- Die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei beenden: Das ausgerechnet in Athen zu versprechen ist pikant – denn Griechenland hält an der Beitrittsperspektive fest, um den unberechenbaren Nachbarn einzubinden. – Das letzte Wort haben ohnehin die Staats- und Regierungschefs, nicht die EU-Kommission. Sie kann nur empfehlen.
- Den Grenzschutz bis 2022 auf 10.000 Mann ausbauen: Ein wohlfeiles, populistisches Versprechen, das nicht einmal Webers Parteifreund Horst Seehofer – der Bundesinnenminister – einhalten kann und will. Zudem haben sich die EU-Staaten gerade erst auf 2027 festgelegt – und sie haben das letzte Wort.
- Tausend EU-Regulierungen abschaffen: Das hat nicht einmal Webers Parteifreund Edmund Stoiber geschafft, der lange in Brüssel arbeitete – als Bürokratie-Beauftragter. Zudem hat Weber als EVP-Fraktionschef jahrelang am Wust von EU-Regeln und Gesetzen mitgearbeitet. Verhindert oder abgebaut hat er gar nix.
- Master Plan gegen Krebs, Internationaler Vertrag gegen Plastikmüll in den Meeren, internationales Verbot für Kinderarbeit: Für all das ist die EU nicht zuständig. Weber verspricht hier lauter Dinge, die er nicht einmal liefern könnte, wenn er Bundeskanzler wäre…
Update 7.6.19: Die Bundesregierung hält an Nord Stream 2 fest. Und die EU-Kommission will die Türkei-Gespräche weiterführen. Weber hat zu viel versprochen – auch seine Wahl zum Kommissionschef verzögert sich…
Siehe auch “Europa-Chaos in der CDU” und “So verlieren AKK und Weber”
Matti Illoinen
25. April 2019 @ 08:58
Ex Präsident Carter, sagte in einem Interview, die USA haben in seiner 246 jährigen Geschichte nur 16 keine Kriege geführt. Im selben Zeitraum haben Russland, China, Iran, usw. wie viele Länder überfallen? Die USA sind ein Imperium der Schande, und die westlichen Länder machen mit? Wieso werden nicht einmal die USA von der sog. “westlichen Wertegemeinschaft” auf Grund ihrer vielen illegalen Überfälle, Putschs, Kriege, Sanktionen, Drohnen Morde Guntanamo auf Grund von Lügen mit Sanktionen belegt? -die Botschafter der USA einbestellt und ausgewiesen?
venice12
26. April 2019 @ 11:52
Warum nicht?
Vielleicht deshalb?
https://www.voltairenet.org/article206288.html
“Die Europäische Union ist gezwungen an US-Kriegen teilzunehmen”
Kleopatra
25. April 2019 @ 08:20
Ob Nord Stream 2 gebaut bzw. betrieben wird, hängt nicht von Manfred Weber ab (und deshalb ist sein Interview m.E. verantwortungsloses Wahlkampfgewäsch), sondern von politischen Abmachungen zwischen EU-Staaten, etwa als Frankreich – wie bekannt – mit Deutschland einen Kompromiss über NS2 abschloss und Deutschland als Gegenleistung einer von Frankreich gewünschten Urheberrechtsregelung zustimmte.
Xaver Philipp Schlesinger
24. April 2019 @ 18:00
Manfred Weber hat seine Hausaufgaben gemacht und befolgt brav seinen Auftrag.
Mit der Begründung dass die EU-Mitgliedstaaten besonders große Mengen an Öl (etwa 30 %) und Erdgas (etwa 40 %) aus Russland importieren fordert die US-Regierung regelmäßig diese durch LNG (liquefied natural gas/Flüssig-Erdgas) aus den USA zu ersetzen oder sogar die teilweise fertig gestellte Gaspipeline Nord-Stream 2 aus Russland zu verbieten. Und wenn die deutsche Regierung einen Kompromiss abschließt nach der Nord-Stream 2, unter der Bedingung dass der Betreiber der Pipeline und der Gaslieferant getrennt werden müssen, fortgesetzt werden kann, dann ist man geneigt zu glauben dass die deutsche Regierung hier ihre Interessen durchsetzt. Die komplette Versorgung Europas mit Gas aus Russland kann aber noch nicht mit verflüssigten Erdgas (LNG) aus den USA ersetzt werden, da noch keine Infrastruktur für eine solche Versorgung existiert. An einer Infrastruktur für eine alternative Versorgung wird aber mit der gleichen Vorgehensweise wie beim 2 % Ziel der NATO gearbeitet. [42] [43,p.4]
…
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/03/auenpolitik-quo-vadis-transatlantische.html#gas_for_europe
Deswegen wurde vorgeschlagen u.a. die Fußball-Weltmeisterschaft zu und Persönlichkeiten der Putin-Administration zu boykottieren, Russland vom SWIFT-Zahlungssystem auszuschließen und die Nord Stream 2 Pipeline zu verhindern. Die Abberufung russischer Diplomaten und die Beeinträchtigung der russischen Sender RT sowie Sputnik sind ebenfalls im Narrativ enthalten und wurde bereits durchgeführt.
Dass die Situation Konfliktpotential hat zeigt ein Protokoll vom 12. Oktober 2016 zwischen Ex-General Richard Barrons und dem Mitgründer des Institute of Statecraft Christoph Donelly. Hiernach haben beide den Zustand der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Großbritannien und der Nato besprochen und als katastrophal attestiert. Als die großen Feinde werden Russland und China gesehen denen gegenüber kein militärischer Vorteil existiere. Das Militär habe zu wenig Geld, das Material sei nicht gut und das Personal sei nicht kampfbereit. [3]
…
https://einfache-standards.blogspot.com/p/dossier-integrity-initiative-de.html#confronting_russia
MfG
XPS
zykliker
24. April 2019 @ 15:36
wer einen EU-bezogenen blog ernsthaft betreiben will, muß nun mal so tun, als nähme er Politclowns wie MW ernst und deshalb die rethorische Frage stellen, ob MW sein Geschwätz ernst meint. Dieser ernsthafte Ringelpitz mit unernstem Anfassen könnte etwa so amüsant sein wie eine 1788 geäusserte Aufforderung, mangels Brot doch Kuchen zu essen.
Dass von solchen Salonspielereien ein immer größerer Teil der Menschheit nicht satt wird, verwundert nur Traumtänzer, die den Rechtspopulisms für die Krankheit selbst, und nicht für das Symptom einer viel tiefer liegenden Krankheit halten.
Claus Hiller
24. April 2019 @ 13:11
Warum nicht mal wieder bestehende Verträge rückwirkend brechen? Da war doch schon einige Zeit nichts mehr nach Atomausstieg, „No Bailout“, Krankenkassen-Verbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen, Schengen-Abkommen mit Schutz der EU-Außengrenzen, Diesel-Fahrverboten, Kniefall vor der US-Sanktionspolitik und so weiter und so fort.
Dem EU-Wähler muss doch mal endlich wieder in Erinnerung gerufen werden, dass aus Sicht der Politik der Bruch von Verträgen ein hohes Rechtsgut ist, sonst vergisst er das noch! Weiter so, Herr Weber!
Peter Nemschak
24. April 2019 @ 12:06
Wahltaktik mit Blick auf Osteuropa. Cosi fan tutte.
Gregor Keuschnig
24. April 2019 @ 11:10
Danke für diese Anmerkungen. Weber will Aufmerksamkeit erzeugen – und das mit am Populismus angelehnten Versprechungen. Damit wird er am Ende das gegenteil dessen erreichen, was beabsichtigt ist und noch mehr EU-Verdrossenheit erzeugen.
Holly01
24. April 2019 @ 09:17
Der Mann hat das “Prinzip Politik” eben verstanden.
Das muss sich nur gut anhören ……
Der letzte der eine Idee hatte und das laut gesagt hat war Alfred Herrhausen.
Der Meinte man sollte den Entwicklungsländern ZINSEN erlassen. Ne keine Schulden, nur die Folgen mildern.
Da gibt es einen Kommentar von Akki dazu. Ich denke “Ackermann, Interview Herrhausen” reichen beim gurgeln.
Der Rest geht ja heute zum Arzt wenn da Visionen aufkommen.
vlg