Mehr-Klassen-Union
Der Brexit läutet das Ende der EU ein – wie wir sie kennen. Doch bisher ähnelt die EU-27 immer noch sehr der EU-28. Was ist das Neue an der Schrumpf-Union? Erleben wir wirklich einen Bruch?
TEIL 6 einer neunteiligen Sommerserie zur Zukunft der EU
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Ja, denn seit dem Brexit werden sowohl das im Lissabon-Vertrag verankerte Ziel (die „immer engere Union“) als auch die bisher gültige Methode („Gemeinschaftsmethode“) infrage gestellt.
Kanzlerin Merkel präferiert die “Unionsmethode” – also den Vorrang der EU-Staaten. Zudem rüttelt Berlin immer stärkerer an der zentralen Rolle der EU-Kommission.
Nimmt man noch die Debatte über „verschiedene Geschwindigkeiten“ und über „mehr Verantwortung“ in der Sicherheitspolitik hinzu, so wird deutlich, dass sich die EU immer mehr „differenziert“, wie das im Fachjargon heißt.
Aus einer festen Union mit einem klaren Ziel und einem institutionalisierten Zentrum wird ein lockeres Bündnis mit verschiedenen Zonen, Sphären und Klassen.
Das entscheidend Neue daran ist, dass sich Berlin als neues, unverzichtbares Zentrum etabliert, und dass Brüssel vor allem eine dienende, ausführende und legitimierende Funktion einnimmt.
Wie dies praktisch geht, sehen wir bereits jetzt am Beispiel der Türkei-Politik, aber auch im Verhältnis zu den USA und China. In der Türkei-Politik gibt nur ein Land den Ton an: Deutschland.
Und im Verhältnis zu den USA und zu China pflegt Merkel ganz besondere Beziehungen – ganz so, als Deutschland schon zu einer Großmacht aufgestiegen…
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Peter Nemschak
16. August 2017 @ 10:40
Es fehlt die treibende Kraft für eine immer engere Union. Ihre Gründung erfolgte unter dem Eindruck der Katastrophen der beiden Weltkriege, die Bedrohung des Kalten Kriegs förderte den Zusammenhalt. Seit dem Ende des Kalten Kriegs hat sich die wahrgenommene Sicherheitslage entspannt, die Freiheiten des Binnenmarkts werden als selbstverständlich hingenommen. Was will man mehr? Der Grenznutzen vertiefter Integration ist, gegeben das bereits relativ hohe Niveau, kleiner geworden. Das Anwachsen auf in Zukunft 27 Mitgliedsstaaten hat zu einer zunehmenden Heterogenität der Gemeinschaft geführt. Der kleinste gemeinsame Nenner an Interessen ist naturgemäß kleiner geworden, Partikularinteressen treten stärker als in der Vergangenheit hervor. Trotz dieser Entwicklung erscheint ein Zerfall auf Grund der bestehenden Interdependenzen doch eher unwahrscheinlich zu sein. In Sachen Migration gibt es nunmehr einen weitgehenden Konsens: weniger Migration ist besser als mehr.