Mays (letzter?) Gang nach Canossa

Die britische Premierministerin May kommt zu einem „Working Lunch“ mit Kommissionschef Juncker nach Brüssel. Sie braucht dringend einen Erfolg beim Brexit – werden ihre Bitten erhört? Oder wird sie wieder vorgeführt?

Nach den letzten Begegnungen mit Juncker stand May allein im Regen. Einer von Junckers Mitarbeitern, vermutlich sein Kabinettschef Selmayr, hatte pikante Details ausgeplaudert und May blamiert.

Das darf diesmal nicht passieren, denn es geht ums Ganze. Am Mittwoch will die EU entscheiden, ob es bei den Brexit-Gesprächen „ausreichenden Fortschritt“ gegeben hat, um Phase 2 einzuläuten.

Bei den Finanzen ist May den Europäern schon weit entgegengekommen. Sie will neuerdings bis zu 55 Mrd. Euro zahlen – eine Summe, die den Brexiters die Zornesröte ins Gesicht treibt.

In einem offenen Brief forderten Mitglieder der Initiative „Leave means Leave“ May auf, Brüssel mit Abbruch der Verhandlungen zu drohen, sollte die Kommission nicht auf die Forderungen Londons eingehen.

Das wird sie sicher nicht tun. Aber Mays Position würde unhaltbar, wenn sie nun  nicht wenigstens das „Go“ der EU für den Übergang zur 2. Phase und zu Gesprächen über ein Freihandelsabkommen erhält.

Doch dieses „Go“ ist längst nicht sicher. Ausgerechnet EU-Ratspräsident Tusk – ein entschiedener Brexit-Gegner – schießt quer und sorgt für eine Verhärtung der Fronten.

Das letzte Wort müsse Irland haben, sagte Tusk nach einem Treffen mit Regierungschef Varadkar in Dublin. „Wenn das britische Angebot inakzeptabel für Irland ist, dann wird es auch inakzeptabel für die EU sein.“

Damit gibt die EU dem Land aber de facto ein Vetorecht. Wenn es dabei bleibt, liegt der Schlüssel zur Lösung des Brexit-Streits nicht mehr in Brüssel, sondern in Dublin.

Mays Regierung hängt seit der Wahlschlappe im Frühjahr jedoch von den britischen Nationalisten in Nordirland ab. Und die lehnen jedes Zugeständnis an Dublin ab…