Massive Einmischung in die britischen Wahlen
Einen Monat vor den Wahlen in UK häufen sich die Versuche der ausländischen Einmischung. Nun schaltet sich auch noch die deutsche Industrie ein – mit einem Appell zugunsten von Premier Johnson.
Wer hat angefangen? Waren es die “usual suspects”, also die Russen? Oder war es US-Präsident Donald Trump, der sich zuerst in die Wahl in UK einmischte, noch dazu öffentlich?
Trump hat Premier Johnson aufgefordert, ein Bündnis mit Nigel Farage von der Brexit Party einzugehen. Zuvor hatte der US-Präsident Johnson sogar zu einem harten Brexit ermuntert.
Das war eine massive und unfreundliche Einmischung. Doch die EU hat zu alldem geschwiegen – dabei hängt von der Wahl in UK am 12. Dezember viel mehr ab als von der Europawahl im Mai.
Schließlich entscheidet der nächste britische Premier nicht nur über den Brexit, sondern auch über die künftigen Beziehungen zur EU. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen dürften das gesamte Jahr 2020 andauern.
Da spielt es schon eine große Rolle, wer die Wahl gewinnt – und wer sich einmischt, um das Ergebnis zu beeinflussen. Dies zeigt der jüngste Vorstoß der deutschen Wirtschaft.
Die deutsch-britische Handelskammer hat sich jetzt hinter Johnson gestellt, wie die “Süddeutsche” berichtet. “Es ist ein Abwägen des ‘kleineren Übels'”, sagte Geschäftsführer Ulrich Hoppe.
Johnson stehe zwar für den ungeliebten Brexit, aber Labour-Führer Corbyn sei noch schlimmer – wegen der “angekündigten Verstaatlichungen und Umverteilungen”. Dadurch fielen “Anreize” für die Wirtschaft weg.
Das ist schon bizarr. Schließlich hat Corbyn doch versprochen, ein zweites Brexit-Abkommen durchzuführen und UK auf jeden Fall in der Zollunion mit der EU zu halten.
Beides kommt deutschen Interessen weit mehr entgegen als Johnsons neoliberale Pläne eines “Singapur on Thames”. Und außerdem: Darf sich die deutsche Wirtschaft überhaupt so einmischen?
Was würden wir sagen, wenn sich die britische Industrie gegen die SPD ausspricht – oder gegen die Grünen? Und das mit einer Wahlempfehlung für Meuthen verbindet…
Peter Nemschak
15. November 2019 @ 11:06
So ferne die “Einmischung” auf offener Bühne für alle sicht- und beurteilbar erfolgt, ist sie nicht verwerflich.
ebo
15. November 2019 @ 11:41
…es sei denn, sie kommt aus Russland 🙂
Andreas Müller
12. November 2019 @ 16:08
Tip: Der Text enthält (zu) viele sprachliche Fehler
1. Die fielen “Anreize” weg
2. Brexit-Abkommen
3. einFreihandelsabkommen
ebo
12. November 2019 @ 17:46
Bin nochmal drüber gegangen…
Kleopatra
12. November 2019 @ 08:03
Corbyn vertritt wirtschaftspolitische Positionen, die mit der ökonomischen Orthodoxie in der EU auch nicht im entferntesten vereinbar sind. Solange Großbritannien nicht in der EU ist, ist es ja auch ihr gutes Recht, Dinge zu machen, die ihnen sonst der EuGH um die Ohren hauen würde. Lange Zeit war Labour gegenüber der EU skeptisch, weil sie ihren Spielraum für eine sozialistische Politik empfindlich einschränkt, und die Konservativen mochten sie, weil das Unionsrecht eine freie kapitalistische Wirtschaftsordnung zementiert. (Auch Corbyn ist ja nur für ein zweites Referendum, keineswegs eindeutig für die EU-Mitgliedschaft). Insofern wundert mich die Sympathie der deutschen Wirtschaftsbosse für die Konservativen nicht; sie vertrauen darauf, dass ihre Interessen von denen eher berücksichtigt werden.
Über offen vorgetragene „Ratschläge“ aus dem Ausland würde ich mich nicht aufregen. Ich glaube, dass sie einen geringeren Effekt haben werden, als alle annehmen.
ebo
12. November 2019 @ 13:44
Es gibt keine EU-Regeln, die Verstaatlichungen verbieten, wie sie Corbyn erwägt. Es gibt aber sehr wohl Regeln, die eine Aushebelung des Binnenmarkts verhindern sollen, wie sie Johnson anstrebt. Wer UK in der Eu halten will – wie die politische Klasse in Deutschland – muss auf die LibDems und Labour setzen – oder sich zumindest auf einen Regierungswechsel einstellen.
Alexander
11. November 2019 @ 19:21
„“Es ist ein Abwägen des ‘kleineren Übels’”“
Mit kleineren Übeln kennen sich Banken und Konzerne bekanntlich aus!
Z.B. an dieser Stelle:
https://twitter.com/deutschebankag/status/1048135160699527168?lang=de
Mal sehen, wen diese Leute für Deutschland als „kleineres Übel“ sehen, falls hier einmal eine wirklich progressive Regierung eine Mehrheit erhalten könnte!
Peter Nemschak
15. November 2019 @ 11:09
Sie verwechseln progressiv mit regressiv.