Maskenpflicht in Brüssel – Warnung für die EU

Weil ein Corona-Grenzwert überschritten wurde, gilt ab sofort eine Maskenpflicht in ganz Brüssel. Doch welchen Sinn macht das – und welche Folgen hat es für die EU? Muß das Europaparlament jetzt umziehen?

Fünfzig neue Corona-Infektionen pro hunderttausend Einwohner – dieser Grenzwert wurde am Dienstag in der belgischen Hauptstadt und EU-Metropole erreicht. Daraufhin verhängte die Stadt eine allgemeine Maskenpflicht. Bisher mußte man nur in belebten Einkaufsstraßen den Mund und die Nase bedecken. Ab sofort soll das überall gelten – auch im Europaviertel, wo EU-Kommission, Rat und Parlament ihren Sitz haben.

Die Maßnahme lag in der Luft, sie mutet trotzdem befremdlich an. Bei 35 Grad im Freien eine Maske zu tragen, ist nicht nur unangenehm, sondern womöglich auch gesundheitsschädlich: Man kriegt kaum noch Luft!

Überhaupt ist eine Maskenpflicht im Freien fragwürdig. Bisher liegen keine Beweise für erhöhte Ansteckungsraten auf der Straße vor. Fast alle Infektionen der lezten Zeit gehen auf Begegnungen in Innenräumen aus.

“Das geht zu weit”, sagt denn auch der belgische Epidemiologe I. Coppieters. Das bisherige Gebot für Einkaufszonen habe völlig ausgereicht. Es sei fraglich, ob nun tatsächlich mehr Menschen die ungeliebte Maske anlegen.

Die neue Maßnahme zeigt die ganze Hilflosigkeit der belgischen Gesundheitspolitik – aber auch der europäischen Strategie gegen die Coronakrise. Die Brüsseler EU-Behörde warnt vor Viren im EU-Ausland – dabei kommen die Erreger längst durch Tür und Fenster.

Doch erst gestern konnte sich die zuständige EU-Agentur ECDC zu einer verschärften Warnung durchringen. Dabei steigen die Werte in Belgien schon seit Mitte Juli an, auch in Deutschland ist der Trend beunruhigend.

Die EU-Institutionen haben alle Warnsignale ignoriert – und könnten nun selbst zum Opfer ihres Versagens werden. Denn wenn sie es ernst meinen, müssten sie die Arbeit in Brüssel einstellen und an andere EU-Standorte umziehen.

Luxemburg kommt nicht infrage – dort gibt es noch mehr Infektionen bzw. positiv Getestete als in Brüssel. Doch Straßburg meldet deutlich bessere Werte. Wie wäre es, wenn das Europaparlament ab sofort nur noch dort tagte?

Oder ist die Lage gar nicht so ernst? Könnte es vielleicht sogar sein, dass der Grenzwert der Infektionen willkürlich ist und nichts über die wahre Gefahr aussagt? Dann müßte aber auch die EU ihre Warnungen revidieren…

Siehe auch “Corona-Alarm in Belgien – EU ignoriert zweite Welle”

P.S. Nach Brüssel wurde nun auch Paris zum Corona-Hotspot erklärt. Zudem hat Großbritannien über ganz Frankreich eine Quarantäne-Pflicht bei der Rückreise verhängt. Alarmismus und Nationalismus treiben wieder ihre häßlichen Blüten. Hat man seit März eigentlich gar nichts dazugelernt?