Macrons verzweifelter Appell, Wut auf Orban – und keine Sanktionen für Israel
Die Watchlist EUropa vom 28. Mai 2024 – Heute mit einer Europa-Rede in Dresden, Geschrei beim Außenrat in Brüssel und Leisetreterei in Jerusalem
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron liebt die große Geste. So auch in Dresden, wo er vor der Frauenkirche vor Rechtsextremismus gewarnt und zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen hat.
Es wehe “ein schlechter Wind” in Europa, sagte Macron mit Blick auf den drohenden Rechtsruck und die Politik der AfD. Eine “Faszination für autoritäre Regime” breite sich aus, warnte er.
“Der Rechtextremismus ist eine Realität, wir müssen aufwachen”, forderte Macron knapp zwei Wochen vor der Europawahl. Seine teilweise auf deutsch gehaltene Rede sollte die Jugend aufrütteln.
Dagegen wäre nichts einzuwenden – wäre Macron nichts selbst mitverantwortlich für den “schlechten Wind” in der EU – und hätte er nicht mehr als andere mit einem massiven Rechtsruck zu kämpfen.
Das rechte “Rassemblement National” um Marine Le Pen liegt in den Umfragen weit vor Macrons “Renaissance”. Seine neoliberale Politik und sein selbstherrlicher Regierungsstil haben dazu entscheidend beigetragen.
Macron war es auch, der das Vertrauen in die EU und die Europawahl untergraben hat – mit der Entscheidung, Ursula von der Leyen zur Chefin der EU-Kommission zu machen, obwohl sie 2019 nicht zur Wahl stand.
“Europa kann sterben”
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Sein nachgeschobenes Versprechen, die Bürger stärker zu beteiligen und die europäische Demokratie zu stärken, hat er gebrochen. “L’Europe c’est moi” – so seine Devise. “Europa kann sterben” – so seine Warnung.
Diese Warnung ist nicht nur eine massive Klatsche für von der Leyen, die offenbar viel vermasselt hat. Sie klingt auch wie eine Drohung – wenn ihr nicht macht, was ich will, geht alles den Bach runter.
Oder ist es ein Zeichen der Verzweiflung? In drei Jahren, bei der nächsten Präsidentschaftswahl in Frankreich, geht die Ära Macron zu Ende – nach zwei Amtszeiten ist Schluß.
Es sieht nicht so aus, als werde er ein glorreiches Erbe hinterlassen – weder in Paris, noch in Brüssel. Das alte Europa ist schon gestorben, mit dem Krieg in der Ukraine und dem Wirtschaftskrieg gegen Russland.
Ein neues, besseres Europa zeichnet sich jedoch nicht ab – im Gegenteil: Macron rührt selbst immer lauter die Kriegstrommel, die Zeichen stehen auf Eskalation…
P.S. Frankreich schickt nun auch Militärausbilder in die Ukraine. Ob sie als “Vorhut” für die “angedachten” Kampftruppen dienen?
News & Updates
- Wut auf Orban. Nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel sprach der Außenbeauftragte Josep Borrell von einer ungewöhnlich „hitzigen“ Debatte. Der Streit sei „sehr weit gegangen“, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. Grund war die Weigerung der Regierung unter Viktor Orban, 5 Mrd. Euro an Waffenhilfe für die Ukraine freizugeben. Orban widersetzt sich auch dem “Kriegskurs” der EU. – Mehr dazu hier
- Von der Leyen muß bangen. Bundeskanzler Scholz ist auf Distanz zur EVP-Spitzenkandidatin von der Leyen gegangen. Ihre Chancen auf eine zweite Amtszeit sinken – denn auch die Sozialdemokraten, Grüne und Liberale haben damit gedroht, von der Leyen die Unterstützung zu entziehen, wenn sie nach der Europawahl mit rechten Politikern zusammenarbeitet. – Mehr hier
- Zwei Milliarden für Syrien. Die EU stellt mehr als zwei Milliarden Euro für syrische Flüchtlinge in dem Bürgerkriegsland zur Verfügung. Zugleich schloß sie eine Rückführung aus. “Wir sprechen eine Warnung gegenüber dem Vorschlag der sogenannten freiwilligen Rückkehr syrischer Flüchtlinge nach Syrien aus”, erklärte Borrell. Dies gebe die Sicherheitslage nicht her.
Das Letzte
Keine Sanktionen für Israel. Die EU hat den israelischen Angriff auf ein palästinensisches Flüchtlingslager verurteilt. EU-Chefdiplomat Borrell zeigte sich “entsetzt über die Nachrichten aus Rafah über israelische Angriffe, bei denen Dutzende von Vertriebenen, darunter auch kleine Kinder, getötet wurden”. Doch Sanktionen soll es vorerst keine geben – obwohl der Internationale Gerichtshof ein Ende der Angriffe auf Rafah angeordnet hat und sogar der Vorwurf des “Völkermords” im Raum steht. Leider habe man keine Zeit gehabt, um über mögliche Reaktionen zu sprechen, sagte Borrell nach einem Treffen der EU-Außenminister. Offenbar eine Ausrede – denn bei demselben Treffen wurde ein neues Sanktionsregime gegen Russland beschlossen. Außerdem wurde eine Sondersitzung des Assoziierungsrats mit Israel angesetzt – in aller Freundschaft.
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exKK
28. Mai 2024 @ 13:04
“Macron rührt selbst immer lauter die Kriegstrommel”
…und hat dafür heute den “Westfälischen Friedenspreis” in Münster verliehen bekommen! Schliest sich nahtlos an den “Friedenspreis des Deutschen Buchhandels” für einen Volksverhetzer und ähnliche Dreistigkeiten an.
Wir sollten die 2020er das “Orwellsche Jahrzehnt” nennen…
ebo
28. Mai 2024 @ 13:14
Vielleicht gehen die Preisverleiher davon aus, dass es für einen Ukrainischen Frieden so lange dauert wie damals – 30 Jahre. Bis dahin kann Macron sich ja noch wandeln…