Macrons Fehlstart
Brüssel und Berlin tun alles, um ihren “Darling” Macron durch die französische Präsidentschaftswahl zu bringen. Doch im Rennen um die Stichwahl legte er einen Fehlstart hin.
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Der Flop begann schon am Abend seines ersten Wahlerfolgs: Macrons Dankesrede war saft- und kraftlos, Inhalte ließ er (wie üblich) vermissen.
Danach ließ er sich filmen, wie er in einer schweren schwarzen Karosse durch Paris brauste – ganz so, alssei er schon der gewählte Präsident.
Doch die Fahrt über rote Ampeln führte nicht in den Elysée-Palast, sondern in eine schicke Brasserie am Montparnasse. Der nächste Fauxpas.
“Mondäner Populismus”
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Nun ist der Liebling der EU in der Defensive. Am Dienstag Abend musste er sich schon im französischen Fernsehen für sein Verhalten rechtfertigen.
“Warum ist er ins Schwimmen geraten?”, fragt die Tageszeitung “Libération” in einer kritischen Analyse. Ein Journalist wirft ihm sogar “mondänen Populismus” vor.
Ein böser Verdacht – die Populisten sind schließlich immer die anderen, die EU-Gegner. Vor allem Macrons Gegnerin Le Pen wird so abgestempelt.
Hillary mahnt
Die greift den Ball auf und wirft ihm nun vor, der Kandidat der Eliten zu sein, während sie das einfache Volk verkörpere. Das kann noch heiter werden!
Macron muss endlich auf die einfachen Franzosen zugehen und um die Globalisierungs-Verlierer werben. Sonst könnte ihm dasselbe Schicksal wie Hillary drohen.
Dazu müsste er sich allerdings von seinen falschen Freunden in Berlin und Brüssel lösen. Denen geht es nämlich nur darum, in aller Ruhe so weiterzumachen wie bisher…
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Siehe auch “Das Politibeben erfasst Frankreich” und “Macrons gefährlicher Makel”
Eigenwerbung
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Phil Moski
27. April 2017 @ 11:26
Macron wird sich doch nicht von seinen “falschen Freunden” lösen. Das sind doch Diejenigen die ihn an die Macht gebracht haben.
Mit seiner Partei erst 2016 herausgekommen, medial gehyped, in der Elite-Kaderschmiede École nationale d’administration ausgebildet und ehemals beschäftigt bei der Rothschild-Investmentbank, wo er bei der Übernahme von Pfizer durch Nestlé mitgewirkt hat, ist er durch und durch ein Produkt der EU-Globalisten und Raubtierkapitalisten.
Der frische Wind der mit seiner Person medial konnotiert wird ist reine Propaganda. Arme Franzosen!
Winston
26. April 2017 @ 21:41
Die aktuelle Situation erinnert ein bisschen an Marie Antoinett’s: Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen.
Die Geschichte endete Tragisch für Marie.
Oudejans
26. April 2017 @ 22:54
Manu trinkt seinen Lafite leer wie es sich gehört und stellt die Flasche säuberlich auf die Poubelle.
Was wollt Ihr denn noch, Sire?
Atir Kerroum
26. April 2017 @ 13:00
Man redet viel von Spaltung. Was die Franzosen jedoch eint, sind der Glaube an den Etatismus und das Bewahren überkommener Besitzstände. In Frankreich sind Sozialisten konservativ und Konservative sozialistisch. Links und rechts unterscheiden sich nur in der Klientel, deren Besitzstände man zu verteidigen vorgibt.
Unter normalen Umständen hätte Macron keine Chance, gewählt zu werden.
Alexander
26. April 2017 @ 12:56
“Der zehntreichste Mann der Welt, […], gilt laut Presseberichten als Finanzier von Emmanuel Macron.”
http://www.manager-magazin.de/fotostrecke/wahl-in-frankreich-die-kandidaten-der-milliardaere-fotostrecke-146737-12.html
Ist es nicht schön, wenn man Freunde hat? 😉
Dixie Chique
26. April 2017 @ 15:15
Was für eine attraktive Familie! Schön auch das Hintergrundmotiv.. der Innenhof des Louvres mit der Glaspyra..bzzzz..mi..bzz..bzzz..de..
hintermbusch
26. April 2017 @ 11:11
Erste Umfragen deuten tatsächlich darauf hin, dass Macron eher schwach in den Wahlkampf für den 2. Wahlgang gestartet ist, Le Pen dagegen eher stark:
http://www.atlantico.fr/decryptage/61-francais-pensent-marine-pen-plutot-reussi-debut-campagne-2d-tour-contre-52-pensent-emmanuel-macron-plutot-rate-sien-jean-3030072.html
Wenn Macron nichts Fundamentales (wie Fillon) zustößt, wird es aber für Le Pen in diesem Jahr nicht reichen. Für sie geht es um die Frage, ob sie “nur” 35 oder doch sogar stolze 45% schafft. Und natürlich darum, diesen Schwung in die Parlamentswahlen zu bringen, wo sie (im Gegensatz zu Macron) auf stabile Parteistrukturen und -Kandidaten bauen kann. Dort könnte es zu entscheidenden Verwerfungen kommen, vor allem dann, wenn traditionell-konservative oder Linksaußen-Kandidaten nicht für Macron-Kandidaten weichen (was sie kaum tun dürften). Die PS dagegen ist bereits komplett gewichen, völlig unwichtig.
Baer
26. April 2017 @ 10:04
@Nemschak, genau das ist das Problem,die unteren Schichten,werden nicht mal mehr zur Kenntnis genommen.Herr Macron mag vieles können,ein Land wie Frankreich führen kann er nicht.Aber vielleicht soll er das auch nicht,denn noch haben wir ja Merkel und Schäuble.Zu Le Pen ,Sie hat zumindest erkannt,dass die EU in der jetzigen Form nicht überleben wird.
Peter Nemschak
26. April 2017 @ 10:28
Kurzfristig werden Sie die unteren Schichten nicht zurückgewinnen können, aber Maßnahmen setzen, damit die Chancengleichheit und das Los der von der Globalisierung und dem technischen Fortschritt am meisten betroffenen Gruppen verbessert wird. Das werden die heute herrschenden Eliten im Eigeninteresse tun müssen. In Frankreich geht ein seit de Gaulle bestehendes politisches System zu Ende. Ein neues muss erst entstehen. Das erzeugt naturgemäß Unsicherheit, muss aber nicht ins Chaos führen. Warum sollte sich die EU nicht weiterentwickeln? Sie müsste den Menschen klar machen, welche Erwartungen sie erfüllen kann und welche die Nationalstaaten erfüllen müssen. Leider ist es zur Gewohnheit nationaler Politiker geworden, ihr eigenes Versagen der EU anzulasten. National gewachsene Bildungs-, Renten- und Gesundheitssysteme müssen national reformiert werden. Jedes Land muss selbst entscheiden, wie viel Wohlfahrtsstaat es sich leisten kann und will. EU und Nationalstaaten sind kein Widerspruch sondern ergänzen sich. Diese Botschaft wurde bisher viel zu wenig vermittelt und hat falsche Erwartungen geweckt.
Oudejans
26. April 2017 @ 11:20
Genau das geht nicht mehr: einen wachsenden Teil der Bevölkerung mit dem Hinweis auf “Chancengleichheit” abzuspeisen, am liebsten angeblich /gehabte/. Die Siegertypen, die sich damals gegenseitig Regeln und Kontrollen vom Halse geschafft haben, sagen heute denjenigen, die so nie leben wollten und noch immer nicht wollen: Shit happens. Es wird ihnen nicht gut bekommen, und sie verstehen das viel zu langsam. Immerhin sagen sie von sich selbst, daß es ihnen so gut geht, wie nie zuvor. Zu Zeiten mußte man derlei Geständnisse mühsam herausprügeln…
Isaac
26. April 2017 @ 13:08
Der Nemschak kann sich sein transatlantischen Worthülsen langsam sparen, so einfältig und durchsichtig.
Peter Nemschak
26. April 2017 @ 08:50
Mit überzeugenden Inhalten glänzt auch Le Pen nicht. Die klassische Spaltung Stadt/Land wird in Frankreich wieder einmal sichtbar.Ob es Macron helfen würde sich in Sack und Asche zu kleiden? Die unteren Schichten haben längst ihre Heimat beim FN gefunden, ein Trend zu rechts, der überall in Europa spürbar ist.
hintermbusch
26. April 2017 @ 11:01
Die Spaltung in Stadt und Land ist nur eine Facette, die andere eine deutliche (scheinbare) Spaltung in Ost und West:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-04/waehler-frankreich-analyse-wahlbeteiligung
Besser ist noch diese Karte:
http://www.les-crises.fr/wp-content/uploads/2017/04/resultats-1t-4.jpg
Emmanuel Todd weist seit vielen Jahren darauf hin, dass der FN genau dort stark ist, wo die Volksmassen für die Revolution herkamen: im Pariser Becken (ohne die inzwischen weitgehend internationalisierte oder staatsbedienstete Haupstadt selbst) und an der Mittelmeerküste. Der FN hat sich hier tief eingenistet, wo teilweise auch die KPF einmal stark war. U.a. in der besonderen KPF-Hochburg im westlichen Zentralmassiv hat dagegen Mélenchon am stärksten abgeschnitten. Ebenso hat Fillon einige (wenige) konservative Hochburgen im Westen, im östlichen Zentralmassiv und in den Alpen gehalten, den Rest vollständig an Macron verloren.
Die von Todd untersuchte Geografie der französischen Familienstrukturen und ihrer politischen Präferenzen ist ebenso komplex wie beständig. Ein Vergleich mit dieser (leider sehr groben) Karte durchaus interessant:
https://hintermbusch.wordpress.com/2016/05/22/erfindung-europas-erganzungen/
Oudejans
26. April 2017 @ 11:34
An allen prekär gewordenen Land- und Seegrenzen liegt Le Pen vorn, Mittelmeer, Rhein, Belgien, Kanal. Die alpinen Grenzen und der Atlantik vermitteln noch Zuversicht.
hintermbusch
26. April 2017 @ 13:46
@ Oudejans
“An allen prekär gewordenen Land- und Seegrenzen…”
Warum ist die Atlantikküste nicht “prekär” geworden, warum nicht die Grenze zu Spanien oder in den Alpen zu Italien? Diese Beschreibung ist nicht falsch, aber sie erklärt zunächst noch nichts. Da fehlt noch eine Komponente.
Die Regionen um Lyon und Toulouse beispielsweise sind traditionell wirtschaftlich erfolgreich. Das schützt natürlich vor Frust (und hat dort die Wahl Macrons begünstigt), ruft aber ebenfalls noch nach einer Erklärung.
Todds Modell führt das auf die Familienstrukturen zurück. Der Südwesten Frankreichs und der französische Alpenraum hat nach seiner Systematik die “deutsche” Stammfamilien-Struktur. Deren Wertekosmos hatte auch im Südwesten Frankreichs die Verbreitung des aus Deutschland importierten Protestantismus begünstigt, der mit der blutigen Niederschlagung und der Flucht der Hugenotten in die protestantischen Nachbarländer dort weitgehend ausgerottet wurde. Im Nebengang lässt sich auch die katalanische Sonderrolle in Spanien erklären oder zumindest gut beschreiben. Alle diese Regionen neigen zu wirtschaftlicher Hyperaktivität und damit zu chronischen Überschüssen :-), während andere (England, USA sowie andere Regionen Frankreichs) zu chronischen Defiziten neigen. Die Defizite und die Überschüsse bedingen einander und können deshalb nicht unabhängig voneinander moralisch bewertet werden, führen aber notwendig zu Konflikten.
Die Zusammenhänge sind in diesem Buch auf europäischer Ebene beschrieben:
https://hintermbusch.wordpress.com/2015/12/27/invention-de-leurope/
Weil das Buch nicht auf Deutsch vorliegt, habe ich einige Kapitel übersetzt. Die historischen Einsichten und die Verwendbarkeit in der Gegenwart finde ich immer wieder bemerkenswert. Der Autor hat beispielsweise im Vorwort von 1995 vorausgesagt, dass der Euro “in 20 Jahren” zu einem Dschungel führen würde, wenn er wirklich eingeführt wird:
https://hintermbusch.wordpress.com/2016/02/10/erfindung-europas-vorwort-zur-2-auflage/
“Wir müssen uns bewusst sein, dass der Ausdruck der sozialen Verzweiflung durch eine Ideologie der extremen Rechten, die für sich ein regressives Konzept der Nation in Anspruch nimmt, auch ein Produkt der wirtschaftlichen Vereinigung Europas ist.”
Es lohnt sich, das zu lesen, weil es den Erfolg des FN gut erklärt, ohne ihn zu unterstützen.
Heinz Raschein
26. April 2017 @ 11:22
@Peter Nemschak
Marine Le Pen ist eine Stimme der Vernunft inmitten einer Kakophonie von Dilettanten, Lügnern und Verrätern. Davon nehme ich Jean-Luc Mélenchon aus. Ende der Durchsage.
Anstatt das dumme Geschwätz über sie zu konsumieren, sollte man ihr vielleicht einmal zuhören: https://www.youtube.com/watch?v=JVk5CA_ZnjY