Macrons Krise und Merkels Beitrag
Nach den massiven Protesten der “Gelbwesten” hat die Regierung in Paris den Rückzug angetreten. Die Ökosteuer auf Sprit wird auf Eis gelegt, Strom und Gas sollen auch nicht teurer werden. Für Präsident Macron ist es ein Debakel – aber auch Kanzlerin Merkel sollte auf der Hut sein.
Die Proteste richten sich nämlich nicht nur gegen die Ökosteuern, an denen sich der Protest der Gelbwesten entzündete. Es geht auch nicht nur um die arrogante Art und Weise, mit der Macron sein Land reagiert.
Gelbwesten, Gewerkschaften und andere Kritiker wenden sich vielmehr gegen die neoliberale Politik, die Macron knallhart durchzieht. Und zwar “auf Geheiß von Brüssel und Berlin”, wie viele Franzosen glauben.
Tatsächlich sind die Arbeitsmarkt-Reformen, mit denen Macron seine Amtszeit begonnen hat, in Deutschland abgeschaut und von der EU-Kommission abgesegnet worden. Berlin will Hartz loswerden, Paris importiert ihn.
Das sorgt für Protest und Widerstand – genau wie die schrittweise Abschaffung der Vermögenssteuer, mit der Macron ebenfalls auf Deutschland schielt. Er sei ein “Präsident der Reichen”, schallt es ihm daheim entgegen.
Gleichzeitig haben Berlin und Brüssel es versäumt, Macron bei seinen EU-Reformen zu unterstützen. Schon Ende 2017 legte der deutsche EU-Kommissar Oettinger eine Euro-Blaupause vor, die Macrons Pläne konterkarierte.
Die Einigung, die nun in der Eurogruppe erzielt wurde, trägt die Handschrift von Ex-Finanzminister Schäuble und von CDU-Mann Oettinger. Macrons Ideen wurden ignoriert oder in ihr Gegenteil verkehrt.
Als Macron an die Macht kam, bot er Kanzlerin Merkel einen Deal an: “Ich reformiere mein Land auf die deutsche Art, Du hilfst mit bei den EU-Reformen, auf meine Art.” Diesen Deal hat die Kanzlerin gebrochen.
Statt Macron zu helfen, hat sie ihn ausgebremst. Deshalb ist sie nun mitverantwortlich für das Debakel. Die Krise in Frankreich sollte Merkel eine Warnung sein – Macrons Krise ist auch ihre Krise…
Siehe auch “Das deutsch-französische Paar existiert nicht”
Oudejans
7. Dezember 2018 @ 05:45
Wenn man ein wenig in Ihrem Twitter stöbert, stößt man bald auf diese Replik:
https://twitter.com/Stormbab974/status/1070786568724590594
Baer
5. Dezember 2018 @ 09:52
Was mich an der gesamten Geschichte besonders freut ist die Tatsache,dass der Souverän doch die Macht hat,und durchaus seine Interessen vertreten kann.
Wann begreift der Michel das endlich?
Wenn das kleine politische Elitehäufchen die Entschlossenheit des Volkes spürt wird es sich ungerechte und fragwürdige Entscheidungen besser überlegen.
Alle Macht geht vom Volke aus,und nicht zwangsweise von der Bevölkerung.
Z65-9
4. Dezember 2018 @ 20:41
“Als Macron an die Macht kam, bot er Kanzlerin Merkel einen Deal an: “Ich reformiere mein Land auf die deutsche Art, Du hilfst mit bei den EU-Reformen, auf meine Art.” Diesen Deal hat die Kanzlerin gebrochen.” – Merkel hat diesen “Deal” (alle reden schon wie Trump) nicht “gebrochen”, weil sie ihn nie mit Macron abgeschlossen hat. Wie Sie selbst sagen, war dieser “Deal” nie mehr als ein (nicht angenommenes) Angebot. Mein Jott, es fällt Ihnen wohl SEHR schwer zu akzeptieren, dass Macron nie die Lichtgestalt war, die Sie hier gefühlt jahrzehntelang immer SO gerne in ihm gesehen hätten… Hauptsache, “Berlin” ist an allem schuld, dann ist die Welt schön übersichtlich.
Solveig Weise
5. Dezember 2018 @ 00:03
@Z65-9, volle Zustimmung zu ihren Ausführungen.
Zunächst fällt stets diese eigenartige Attitüde auf der Meinung zu sein der deutsche Steuerzahler hätte irgendeine Art von Verpflichtung Reformen in anderen Ländern zu unterstützen. Wieso? Macron und die Franzosen reformieren ihr Land so wie sie es wollen oder eben auch garnicht. Die Folgen sind dann eben hinzunehmen.
Zweitens ist dieser eigenartige Fetisch seltsam immer die Schuld für das Übel Europas in “Berlin” zu suchen. Fazit soll wohl sein: “Macron wäre ja so unfassbar erfolgreich….wenn da nur “Berlin” nicht wäre”. Dies ist Unsinn. Ich bin weit davon entfernt ein Merkel Fan zu sein, ganz im Gegenteil. Aber der Investmentbanker in Paris ist einfach der Aufgabe nicht gewachsen.
Oudejans
5. Dezember 2018 @ 06:38
>>“… Lichtgestalt war, die Sie hier gefühlt jahrzehntelang immer SO gerne in ihm gesehen hätten…“
Da habe ich wohl was überlesen…