Macron wittert Frühlingsluft – Aufregung um „Putins Praktikantin“

Der Wind dreht gegen Macron und die EU, hieß es in diesem Blog im November 2018. Nun wittert Frankreichs Präsident eine milde Frühlingsluft – in den Umfragen geht es plötzlich wieder aufwärts.

Nachdem sich die öffentliche Meinung gegen die Gelbwesten und ihre oft gewalttätigen, von antisemitischen Vorfällen überschatteten Proteste gewandt hatte, kann nun auch Macron profitieren.

Nach einer aktuellen Umfrage könnte Macrons Bewegung bei der Europawahl 25 Prozent der Stimmen einholen. Die Nationalisten um M. Le Pen kämen demnach nur noch auf 18 Prozent.

Und dabei hat der Präsident noch nicht einmal seine Karten auf den Tisch gelegt. Es ist immer noch unklar, mit wem er in Brüssel zusammenarbeiten will. Die Liberalen wollen sich erst im März erklären.

Vermutlich profitiert Macron vom Frust über die Gelbwesten, aber auch von der Zersplitterung der Linken. Die Gelbwesten kämen gerade einmal auf 4 Prozent, wenn heute Europawahl wäre.

Die linke Bewegung von J-L Mélenchon läge mit 7,5 Prozent hinter den Grünen mit 9 Prozent. Die ehemalige Regierungspartei der Sozialisten schmiert auf 5 Prozent ab. Dabei legen die Genossen in Deutschland wieder zu.

Was heißt das für Brüssel? Für den Spitzenkandidaten der konservativen EVP, Merkels Mann Manfred Weber, wird es schwerer, denn die französischen Republikaner kommen nur noch auf 10 Prozent.

Aber auch der sozialdemokratische Spitzenkandidat Timmermans muß sich Sorgen machen. Die Liberalen hingegen können sich die Hände reiben. Wenn Macron mit ihnen gemeinsame Sache macht, dürften sie zulegen.

Insgesamt bestätigt der Stimmungsumschwung meine Einschätzung von letzter Woche: Bei dieser Wahl ist nichts sicher – nicht einmal der Niedergang von Macron und der Sieg von Weber…

WATCHLIST:

  • Kommt nun doch ein „People’s Vote“ zum Brexit? Zum ersten Mal hat sich die Labour-Partei für eine zweite Abstimmung ausgesprochen. Doch Premierministerin May will sich darauf nicht einlassen – ebenso wenig wie auf eine Verschiebung des EU-Austritts aus 2021. Umso offensiver wirbt dafür EU-Ratspräsident Tusk. Wenn er sich durchsetzt, dann könnte die Europawahl zum Referendum über den Brexit werden, denn die Briten müssten neue EU-Abgeordnete wählen…

WAS FEHLT:

  • Das Theater um die Tochter von Putins Sprecher. Die Russin Yelizaveta Peskova arbeitet als Praktikantin für den französischen Europaabgeordneten Aymeric Chauprade, der sich für die russische Übernahme der Krim ausgesprochen haben soll. In der konservativen EVP spricht man deshalb vom „Bruch der Sicherheitsvorschriften“, andere kritisieren einen Interessenkonflikt. Vielleicht lernt Peskova aber einfach nur, wie parlamentarische Demokratie in Brüssel geht?