Machtkampf um den Euro (II)
Der Machtkampf um den Euro wird nun auf offener Bühne ausgetragen. Beim letzten Treffen der Eurogruppe gerieten Gruppenchef Dijsselbloem und EU-Kommissar Moscovici aneinander. Es ging um eine deutsche Idee.
Finanzminister Schäuble will den (von einem Deutschen geleiteten) Euro-Rettungsfonds ESM zum Europäischen Währungsfonds ausbauen, um die Kontrolle über die Eurostaaten zu verstärken.
Dijsselbloem ist nun plötzlich auch dafür, Moscovici weiter dagegen (siehe Machtkampf um den Euro I). Es gebe noch keinen Konsens, räumte der wegen abfälliger Äußerungen über Südeuropa umstrittene Niederländer ein.
Dass der Streit ausgerechnet jetzt ausbricht, ist kein Zufall. Dijsselbloem würde gern Chef der Eurogruppe bleiben und den Euroclub künftig vielleicht sogar hauptamtlich leiten.
Dafür braucht er die Hilfe Deutschlands – denn bei den Wahlen in den Niederlanden hat seine sozialdemokratische Partei PvdA eine schwere Schlappe erlitten.
Eurogruppe als letzte Rettung
Dijsselbloem könnte deshalb in den nächsten Wochen sein Amt als niederländischer Finanzminister verlieren. Die Eurogruppe wäre seine letzte Rettung, um nicht in der politischen Versenkung zu verschwinden.
Allerdings laufen sich schon mögliche Nachfolger warm. Im Gespräch ist unter anderem Österreichs Finanzminister Schelling. Er plädierte dafür, dass der Eurogruppen-Chef gleichzeitig auch Finanzminister sein müsse – ein Seitenhieb auf Dijsselbloem.
Streit gibt es auch über die Frage, wann der ESM den IWF ablösen soll. Beim laufenden dritten Hilfsprogramm für Griechenland wolle man noch nicht einspringen, betonte ESM-Chef Regling.
Vertragsänderung nötig
Auch danach könne es noch lange dauern, da für einen Umbau zum Europäischen Währungsfonds der ESM-Vertrag geändert werden muss.
Demgegenüber hat sich der Chef der Konservativen im Europaparlament, Weber (CSU), dafür ausgesprochen, den ESM so schnell wie möglich an Bord zu holen.
Denn der IWF hat sich immer noch nicht für eine Beteiligung am aktuellen Griechenland-Programm entschieden. Ohne den IWF könne jedoch auch Deutschland nicht weitermachen, hat Schäuble gewarnt.
Die Debatte, die er selbst aus machtpolitischen Gründen angestoßen hat, könnte ihm nun auf die eigenen Füsse fallen…
hintermbusch
22. März 2017 @ 20:59
Es ist mir nicht so klar, wieviel Entflechtung und wieviel Solidarität hier die beste Lösung wäre. Möglicherweise wäre es die solidarischste Lösung gewesen, wenn Deutschland beizeiten aus dem Euro ausgetreten wäre, statt die anderen zu zwingen, zwischen einem aussichtslosen Sparkurs und einem späten Austritt zu wählen.
Peter Nemschak
22. März 2017 @ 13:40
Was hier unverfänglich als Solidarität mit dem Süden gefordert wird, bedeutet, das muss klar sein, dass diese Solidarität finanziell zu Lasten der Steuerzahler im Norden geht. Es wäre sinnvoll, die Auswirkungen zu quantifizieren, da es sicher auch gewisse Vorteile für den Norden gibt, die gegengerechnet werden müssten. Außerdem sollten Politikalternativen, ihre Vor- und Nachteile diskutiert werden. Niemand lässt sich gerne etwas wegnehmen.
hintermbusch
22. März 2017 @ 13:34
Der Euro ist das Rückgrat der deutschen Macht über Südeuropa, und nur Frankreich ermöglicht es Deutschland, diese Dominanz auszuüben:
https://hintermbusch.wordpress.com/2017/03/11/das-deutsche-europa/
Beim Euro geht es also um alles. Ehrlich gesagt, sehe ich nicht, wie Deutschland diese Macht auf Dauer ausüben will, ohne auf Dauer ein Buhmann zu sein.
Als kleines Bürgerlein frage ich mich schon, ob diese Macht für mich, für uns, irgendeinen Vorteil hat. Den Preis des Buhmann-Daseins und das Eskalationsrisiko tragen wir nämlich unabhängig davon, ob wir auch einen Nutzen davon haben.
Für normale deutsche Staatsbürger ist das nie und nimmer ein guter Deal. Wir sind die Geiseln der Macht anderer.