Machtkampf bis zuletzt

Die Bildung der neuen EU-Kommission wird von einem heftigen Machtkampf überschattet. Die EU-Staaten rangen bis zuletzt um die wichtigsten Ressorts – ist von der Leyen noch Herrin des Verfahrens?

In der Kommission habe noch am Montagabend – 12 Stunden vor Bekanntgabe des Teams von der Leyen – „Chaos pur“ geherrscht, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Es habe bis zuletzt Verschiebungen gegeben.

„Wir kennen noch immer nicht unsere Fachbereiche“, sagte ein hochrangiger Vertreter eines Mitgliedstaates am Dienstagmorgen. „Wir wissen, dass unser Kandidat der Kommission angehören wird, aber mehr nicht.“

Hinter den Kulissen tobte ein Machtkampf zwischen den Mitgliedstaaten. Die Osteuropäer waren nicht zufrieden mit von der Leyens Zuschnitt, aber auch Frankreich und Italien spielten „hard ball“.

Für von der Leyen ist dies ein ernstes Problem. Schließlich ist sie selbst abhängig vom Willen der Staats- und Regierungschefs, die sie im Juli in letzter Minute nominiert haben.

Vor allem mit Frankreich und Ungarn will sich von der Leyen nicht anlegen – denn Macron und Orban waren es, die ihre Nominierung im Europäischen Rat durchgesetzt haben.

Gleichzeitig muß sie aber auf das Europaparlament Rücksicht nehmen, in dem sie nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügt. Die EU-Abgeordneten wollen mindestens einen Kommissar „abschießen“.

Das Gezerre zeigt, dass die Führungskrise in der EU nicht beendet ist. Im Gegenteil: Sie dürfte sich auch in der neuen Kommission fortsetzen…

Siehe auch „Von der Leyens Wackelkandidaten“ und „Die Führungskrise geht weiter“