Macht Finnland die Nato sicherer?
Die Nato hat ein neues Mitglied – Finnland. Dies sei ein “Tag der Freude”, sagte Außenministerin Baerbock. Die Militärallianz werde stärker, Finnland werde sicherer, erklärte Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Really?
Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Der Beitritt macht die Nato nicht sicherer, sondern schafft neue Risiken. Hier die Gründe:
- Die Nato-Grenze zu Russland wird wesentlich länger und schwerer zu sichern. Von bisher 1215 km wächst sie um weitere 1300 km auf mehr als das Doppelte.
- Die Arktis wird zum Schauplatz der schon jetzt gefährlich gesteigerten Großmacht-Rivalität.
- Der Nato-Schwerpunkt rückt nach Osten, Sankt Petersburg wird “eingekreist”, Deutschland verliert an Bedeutung.
Auf die neue Nato-Grenze angesprochen, konnte Stoltenberg nicht erklären, wie er sie verteidigen will. Finnland wird vielleicht sicherer, die Nato jedoch nicht.
Bei der Arktis gab er Russland den Schwarzen Peter. Die Russen würden dort seit Jahren aufrüsten, nun ziehe man nach. Wäre es nicht besser, wenn beide dort abrüsten?
Auf Deutschland ging er nur indirekt ein. Finnland zahle seit eh und je viel mehr für die Verteidigung als andere Nato-Mitglieder. Künftig müssten alle mehr tun.
Das immerhin ist ernst zu nehmen. Mehr Mitglieder bedeuten mehr Verantwortung und damit höhere Militärausgaben. Ist das ein Grund zur “Freude”, Frau Baerbock?
Ich glaube nicht…
Siehe auch meinen Kommentar zur Glaubwürdigkeits-Krise der Nato in der taz. Mehr Blogposts zur Nato hier
P.S. Für Unsicherheit sorgt auch die Türkei, die den Beitritt Schweden immer noch blockiert. Wie stark ist ein Bündnis, das sich erpressen lässt – und das mitten im Krieg?
P.P.S Russland bereitet eine Antwort auf den Beitritt Finnlands vor. “Dazu gehören Szenarien, die den Einsatz von Kampftruppen oder das Auftauchen von ausländischer Ausrüstung auf dem Territorium des Landes(Finnland) beinhalten”, sagte Vizeaußenminister Sergej Gruschko.
KK
5. April 2023 @ 12:53
@ european (zu Ihrer Antwort an “Kleopatra”):
“…aber vielleicht haben Sie ja Quellen, die sonst nicht verfuegbar sind?”
Falls sie die hatte, werden sie mit dem Brand der Bibliothek von Alexandria vernichtet worden sein. So sad.
“Al Qaida und ISIS sind Kinder der US Administration.”
Nicht zu vergessen die Taliban, die ohne die massive Aufrüstung der Mudschaheddin gegen die Sowjetunion durch die USA auch nicht so mächtig hätten werden können.
Kleopatra
5. April 2023 @ 08:38
@Stef: Ein “System kollektiver Sicherheit mit Russland” ist nur denkbar, wenn Russland seine aggressive, expansionistische und kolonialistische Politik einstellt. Es ist gegenwärtig nicht absehbar, wie Russland das tun könnte, ohne zuvor eine katastrophale und demütigende Niederlage erlitten zu haben. Es war nun einmal nicht der Westen oder gar die deutsche SPD, die die russische Armee zu einer Bande von Kriegsverbrechern (siehe bereits die Tschetschenienkriege) gemacht und Putin auf die Wahnidee von der Heimholung der Ukraine in das Russenreich gebracht haben.
european
5. April 2023 @ 11:29
Bisher ist mir nur die NATO-Osterweiterung bekannt, insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und nach den Versprechen, die der Westen Gorbatschow gegeben hat, nachzulesen in den Protokollen ueber die Gespraeche zwischen Gorbatschow und Baker (Seite 8-9)
https://nsarchive.gwu.edu/document/16117-document-06-record-conversation-between
“I want to ask you a question, and you need not answer it right now. Supposing unification takesplace, what would you prefer: a united Germany outside of NATO, absolutely independent and without American troops; or a united Germany keeping its connections with NATO, but with the guarantee that NATO’s jurisprudence or troops will not spread east of the present boundary?
Gorbachev: We will think everything over. We intend to discuss all these questions in depth at the leadership level. It goes without saying that a broadening of the NATO zone is not acceptable.
Baker: We agree with that”
Die Nato-Osterweiterung entgegen aller Zusagen sieht bis 2020 so aus:
https://www.siper.ch/frieden/infografiken/nato-osterweiterung-1949-2020.html
Man sieht also zum einen, wer hier wortbruechig geworden ist, zum anderen ist von einer Russland-Westerweiterung nirgendwo etwas zu lesen, aber vielleicht haben Sie ja Quellen, die sonst nicht verfuegbar sind? Wenn Sie sich ueber ” aggressive, expansionistische und kolonialistische Politik Russlands” echauffieren, dann haben Sie bestimmt Beweise dafuer.
Fakt ist: Der Westen luegt wie gedruckt und man muss sich die Frage stellen, warum andere Laender uns vertrauen sollten. Natuerlich kann jedes Land einen Antrag auf Aufnahme in die NATO stellen, aber es war unser Job, zu unseren gegebenen Versprechen zu stehen, die zur Wiedervereinigung von Deutschland gefuehrt haben. Dieser Level von Grosszuegigkeit nach so kurzer Zeit ist nicht hoch genug einzuschaetzen, denn immerhin haben wir WK2 ca 27.000.000 Sowjetbuerger niedergemetzelt, abgeschlachtet.
Die Tschetschenienkriege kann man nicht beurteilen, ohne die vielen inneren Konflikte, Buergerkriege und verfeindeten Ethnien zu beleuchten. Sie einfach nur mit russischem Expansionismus zu ueberschreiben, ist ganz einfach historisch falsch.
Wie schon mehrfach erwaehnt, hat die Tuft University in Massachussets ueber 400 Kriege der USA ausserhalb ihres Territoriums gezaehlt, davon fast ein Drittel in den 2000er Jahren. Es gibt kaum einen Putsch (auch den von Janukowitsch in der Ukraine), an dem die US Administration nicht beteiligt war. Al Qaida und ISIS sind Kinder der US Administration. Von Uranmunition und Agent Orange, das ganze Bevoelkerungen genetisch geschaedigt hat und fuer ueberdurchschnittlich hohe Krebsraten mitverantwortlich ist, ganz zu schweigen.
Man kann und soll kritisieren, was zu kritisieren ist. Aber man muss auch genau hinsehen, wem wir da folgen. DAS sind nicht die GUTEN und diese ungerechtfertigte Selbsterhoehung faellt uns gerade auf die Fuesse. Und immer nur platt nach Osten zeigen und behaupten, die Russen seien allein an allem Schuld, trifft weder den Kern der Sache noch fuehrt es zu einem tragfaehigen Ergebnis.
Stef
5. April 2023 @ 07:25
Liest man sich die öffentlichen Reaktionen auf allen Seiten an, wird wahlweise hervorgehoben, dass durch Finnlands Beitritt wahlweise die Sicherheit Russlands vermindert wird oder diejenige der NATO. Das ist tragisch für Europa. Stabilen Frieden bei uns wird es erst geben, wenn wieder akzeptiert wird, dass es mehr oder weniger Sicherheit immer nur auf allen Seiten gemeinsam geben kann, oder garnicht. Das war ein wesentlicher und erfolgreicher Kern Brandtscher Ostpolitik. Also derjenigen Politik, die die SPD und die gesamte EU in Vasallentreue zu den USA seit Mitte der Neunziger erst scheibchenweise unterminiert und seit der Zeitenwende dann beerdigt hat.
Derzeit wird aber wenig so fest vernagelt wie eine Rückkehr zu den Systemen kollektiver Sicherheit mit Russland.
Hekla
4. April 2023 @ 18:05
Inzwischen gibt es nur noch wenig, womit man die NATO noch unsicherer machen kann. Was hat Kuleba heute beim NATO-Treffen zu suchen? Wieso nimmt eine der (nichtverbündeten) Kriegsparteien eines laufenden Krieges an einem NATO-Treffen teil? Ist die NATO doch Kriegspartei? Oder tut sie nur alles dafür, um Kriegspartei zu werden?
Kann man die NATO noch unsicherer machen…?