Live-Blog: Biden in Brussels

“America is back”. Diese Botschaft will US-Präsident Joe Biden bei seinem zweitägigen Besuch in Brüssel rüberbringen. Doch wo ist Europa, wie reagieren Nato und EU auf die neue Anti-China-Politik? Dazu einige Impressionen live aus Brüssel (wird laufend aktualisiert).

Biden ist abgereist – ohne noch einmal vor die Presse zu treten. Zu groß waren wohl die Differenzen bei den US-Strafzöllen, der “America first”-Politik bei Corona, bei den Patenten – und auch bei China. Vom EU-USA-Gipfel bleibt eigentlich nur die Einigung auf einen Waffenstillstand bei Airubs und Boeing – doch dafür hätte es keinen Gipfel gebraucht. – Dienstag 17:00, und hiermit endet der Live-Blog.

Es sollte ein Fest der transatlantischen Freundschaft werden – doch nun ist es ein Geheimtreffen in einer Festung: Das EU-Ratsgebäude war hermetisch abgeriegelt, als Biden gegen Mittag zu Gesprächen mit Kommisisonspräsidentin von der Leyen und Ratschef Michel eintraf. Viele Probleme waren noch ungelöst, eine gemeinsame Pressekonferenz wird es nicht geben. Die EU ist wohl doch nicht so wichtig!? – Dienstag, 13:30h, live

Der Subventions-Streit um Boeing und Airbus wird nicht gelöst, sondern auf Eis gelegt. Darauf haben sich die USA und die EU nach Agenturmeldungen geeinigt. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen und von Diplomaten erfuhr, wird die bis zum 11. Juli vereinbarte Friedensfrist um fünf Jahre bis 2026 verlängert. So lange wollen beide Seiten auf Strafzölle verzichten. – Dienstag, 11:30h, AFP

Biden “kommt mit Trump-Politik nach Brüssel”: So beschreibt die “Welt” die Ausgangslage vor dem EU-USA-Gipfel. “Die Erwartungen sind hoch, wenn Biden sich mit den Staats- und Regierungschefs der EU trifft. Der US-Präsident beschwört eine neue transatlantische Einigkeit, aber die hat ihren Preis. Biden stellt harte Forderungen. Von der Leyen und Merkel geraten unter Druck.” – Dienstag 10:30h, Die Welt

Führende Europaabgeordnete haben Biden vor dem EU-USA-Gipfel aufgefordert, die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu beenden. “Biden muss seiner europäischen Charmeoffensive auch Taten folgen lassen, etwa bei der Frage der Strafzölle auf europäische Produkte”, sagte K. Barley von der SPD. Die USA heben bis zuletzt gemauert und sich nicht auf ein Datum zum Ende der Zölle eingelassen. – Dienstag, 10:00 AFP

“Ich suche keinen Konflikt mit Russland”, sagt Biden bei seiner abschließenden Nato-Pressekonferenz. “Aber wir werden reagieren, wenn es Ärger macht und rote Linien überschreitet.” Auf Nachfragen zu Putin äußert er sich ausweichend und diplomatisch. “Alle” Nato-Führer hätten ihn ermutigt, das Gespräch mit dem Kreml-Führer zu suchen. Was Biden sich von dem Treffen am Mittwoch in Genf erhofft, bleibt offen. – Montag, 22h – Damit endet die Live-Berichterstattung für heute.

Biden lässt sich nicht blicken. Dabei sollte er bereits vor drei Stunden seine Pressekonferenz zum Ende des Nato-Gipfels geben. Streitet er sich immer noch mit Sultan Erdogan? – Montag 21:15h – live

Kurze Analyse des China-Beschlusses: Aus Behauptungen und Ambitionen der Führung in Peking wird ein Sicherheits-Risiko für die Nato konstruiert. Nebenbei tut die Allianz so, als sei sie Garantin der “regelbasierten internationalen Ordnung” und der Grundwerte – was sie mit Mitgliedern wie Türkei, Ungarn oder Polen gewiß nicht (mehr) ist…

Der Beschluss zu China: China’s stated ambitions and assertive behaviour present systemic challenges to the rules-based international order and to areas relevant to Alliance security.  We are concerned by those coercive policies which stand in contrast to the fundamental values enshrined in the Washington Treaty.  China is rapidly expanding its nuclear arsenal with more warheads and a larger number of sophisticated delivery systems to establish a nuclear triad.  It is opaque in implementing its military modernisation and its publicly declared military-civil fusion strategy.  It is also cooperating militarily with Russia, including through participation in Russian exercises in the Euro-Atlantic area.  We remain concerned with China’s frequent lack of transparency and use of disinformation.  We call on China to uphold its international commitments and to act responsibly in the international system, including in the space, cyber, and maritime domains, in keeping with its role as a major power. – Montag, 17:40h, Quelle: Nato

Sonderfall Baltikum: Biden hat den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen Unterstützung für die Sicherheit der Region zugesagt. Die vier Staats- und Regierungschefs hätten eine Vertiefung ihrer Partnerschaften vereinbart sowie eine Kooperation innerhalb der Nato, um den Herausforderungen durch Russland und China zu begegnen. – Montag, 16:50h live

Problemfall Türkei: Sultan Erdogan wird von mehreren Alliierten – darunter Merkel und Macron – in Gespächen am Rande des Gipfels zur Ordnung gerufen. Doch der gibt nicht klein bei – und teilt sogar noch aus: Sein Land werde nicht genug im Kampf gegen den Terror unterstützt. Das richtet sich vor allem gegen Biden: Die Türkei kritisiert immer wieder die Unterstützung der USA für die Kurdenmiliz YPG in Syrien. – Montag 16:15h, live

Laut Gipfel-Entwurf wird China als „systemische Herausforderung“ für „relevante Bereiche der Sicherheit der Allianz“ bezeichnet. Zudem wird kritisiert, dass China sein nukleares Waffenarsenal schnell erweitere, seine Truppen auf undurchsichtige Weise modernisiere und mit Russland militärisch zusammenarbeite. – Montag, 15:45h, Nato-Kreise

Merkwürdige Inszenierung beim Nato-Gipfel: Die Staats- und Regierungschefs werden aufgefordert, ihre Gesichtsmasken abzulegen und sich zu drehen. Sie sollen sich einem großen Videoturm zuwenden, wo ihnen ein Werbefilmchen der Nato gezeigt wird – mit Sprüchen wie “Combat Climate Change”. Danach sollen sie ihre Masken wieder aufsetzen und sich in Saal 1 begeben, verkündet eine anonyme Stimme. – Schon die Ankunft war bizarr. Gastgeber Stoltenberg nahm alle auf einer blauen Bühne in Empfang, wo sie die Hand aufs Herz legen mussten, während ihr Name verkündet wurde. Das sollte wohl das übliche Handeschütteln, Umarmen und Küssen ersetzen… – Montag, 14:00, live

Donald Trump hat ihn infrage gestellt, Biden bekräftigt ihn: Artikel 5 des Nato-Vertrags, in dem die Beistandspflicht beim Angriff auf einen Bündnispartner festgeschrieben ist, sei für die USA eine “heilige Pflicht”, sagte er bei einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg. “Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigten Staaten da sind.” – Montag, 13:45h dpa

Kanzlerin Merkel will beim Nato-Gipfel über Russland und seine “Desinformations-Kampagnen”, aber auch über “den indopazifischen Raum mit China” sprechen. Sie nennt auch “Bedrohungen” wie in Belarus oder der Ukraine. Besonders freut sie sich, dass in die neue NatoStrategie auch Überlegungen ihres ehemaligen Ministers de Maizière eingeflossen sind. – Montag, 11:55h, live

Der britische Premier Johnson lobt die neue NatoStrategie, die auf Abschreckung im Weltraum und im Cyberspace setzt. Zu China verliert er zunächst kein Wort. Auf Nachfrage erklärt er “niemand will einen neuen kalten Krieg“. Es gebe chinesische “challenges”, aber auch Chancen zur Zusammenarbeit. – Montag, 11:15h live

US-Präsident Biden hat die Nacht in der US-Botschaft in Brüssel verbracht. Sein offizielles Programm ist kurz: Nur drei Stunden beim Nato-Gipfel am Montag, gerade einmal zwei Stunden für den EU-Gipfel am Dienstag. Eine Pressekonferenz nach dem Treffen mit den EU-Spitzen soll es nicht geben. Brüssel gleiche einer Festung, schreibt “Le Soir”, man müsse mit erheblichen Beeinträchtigungen rechnen… Quelle: Le Soir

Nato-Generalsekretär Stoltenberg erklärt den Klimawandel zum sicherheitspolitischen Risiko, mit dem sich auch die Allianz befassen müsse. Die Klimakrise könne auch politische Krisen verstärken. Was das praktisch bedeutet, ließ Stoltenberg offen. Konkreter wird er bei Cyber & Space: “Jeder Angriff im Weltraum wird als Bündnisfall betrachtet” (nach Artikel 5 des Nato-Pakts). – Montag 10:10h Quelle: Nato

China hat der Gruppe der sieben großen Industrienationen (G7) nach ihrem Gipfel im englischen Carbis Bay „Einmischung in innere Angelegenheiten“ vorgeworfen. Der Sprecher der chinesischen Botschaft in London sagte am Montag, dass Kommuniqué „verdreht Fakten“ zu Xinjiang, Hongkong und Taiwan und „verunglimpft China“. Es enthülle „weiter die finsteren Absichten der USA und einiger anderer Länder“.- Montag, 09.30h Quelle: FR