Die Anti-Macron-Agenda

Es hat doch noch zu einer “Eilmeldung” gereicht: Merkel ist zur Kanzlerin gewählt worden – nachdem sie ein halbes Jahr für die Regierungsbildung gebraucht hat. Kann die EU jetzt aufatmen? Nein.

Denn die “ewige Kanzlerin” hat nicht nur den “Aufbruch für Europa” verschlafen, den sie im Koalitionsvertrag angekündigt hatte. Sie hat auch Frankreichs Präsident Macron vor den Kopf gestoßen.

“Wenn Deutschland sich nicht bewegt, ist ein Teil meines Projekts zum Scheitern verurteilt”, warnte Macron in einem wie immer gut getimten Interview mit der “FAZ”. Der Mann ahnt wohl das Schlimmste.

Und er hat Grund zur Sorge. Denn, unbemerkt von den deutschen Leitmedien, hat CDU-Chefin Merkel die umstrittene Anti-Macron-Agenda von FDP-Chef Lindner mit neuem Leben gefüllt.

Das beginnt schon mit der Dauer-Blockade bei der 2012 beschlossenen Bankenunion. Merkel und ihre Truppe verhindern die Vorbereitungen für eine gemeinsame Einlagensicherung, die die Bankenunion abschließen soll.

Dabei scheut man sich nicht einmal, EZB-Chef Draghi und ESM-Chef Regling zu übergehen. Sie hatten am Montag in der Eurogruppe gefordert, den Weg zur Einlagensicherung frei zu machen – Berlin sagte Nein.

Das geht weiter mit der Weigerung, einen “Rainy Day Fund” für die Währungsunion zu schaffen, wie ihn auch Macron fordert. Stattdessen treibt Merkel einen Währungsfonds voran, der die EU-Kommission schwächen und Deutschland stärken soll.

Besonders auffällig ist die rechtsliberale Note aber im Bemühen, eine offen Macron-feindliche Initiative nordeuropäischer Finanzminister aufzugreifen. Angeführt wird sie von den Niederlanden.

In einem “Brandbrief” hatten die Nordlichter vor einer weiteren Vertiefung der Währungsunion gewarnt. Zuvor hatte sich Merkels rechte Hand Altmaier mit den Niederländern und den Finnen getroffen.

Manches deutet denn auch darauf hin, dass die nordische Initiative mit der Kanzlerin abgestimmt war. Jedenfalls kommt sie wie gerufen. Man müsse auch die Nordländer einbinden, heißt es nun in Berlin.

Wo bleibt die SPD?

Genauso gut könnte man Lindner an den Kabinettstisch laden. Denn was die Niederländer fordern, entspricht ziemlich genau dem EU- und Euro-skeptischen Programm der FDP.

“Darf dieser Mann allein über EUropa entscheiden?” fragte ich in diesem Blog im Herbst 2017. Die Frage ist immer noch aktuell – ergänzt um die Nachfrage: Wo ist eigentlich die SPD?

Wird ihr Finanzminister Scholz gegensteuern – oder es beim alten deutschen Kurs belassen? Zur “Schwarzen Null” hat sich der Nachfolger von Finanzminister Schäube schon bekannt…