Libyen: Von einem „Durchbruch“ spricht man nur in Berlin
Nach der Libyen-Konferenz spricht man in Berlin von einem „Durchbruch“. Doch das internationale Presseecho fällt ganz anders aus: Kanzlerin Merkel habe nicht einmal einen Weg zur Durchsetzung des Waffenembargos aufgezeigt.
Das Treffen in Berlin habe eigentlich nur eine Arbeitsgruppe eingesetzt, schreibt die amerikanische Nachrichtenagentur „Bloomberg“. Ansonsten sei es nicht einmal gelungen, einen Mechanismus zur Durchsetzung des Waffenembargos einzusetzen. Zitat:
A gathering of leaders in Berlin yesterday aiming to produce a more durable ceasefire agreement for the proxy war raging in Libya instead agreed to set up a committee to work toward a deal to halt hostilities. As for the vows repeated by everyone to respect an arms embargo, Berlin’s meeting produced no enforcement mechanism.
Bloomberg
Ähnlich sieht es die „New York Times“. Merkel habe es nicht geschafft, den libyschen Premier und General Haftar an einen Tisch zu bringen. Noch während der Gespräche im Kanzleramt sei die Waffenruhe erneut verletzt worden.
Expectations remain low: On Sunday, as General Hifter’s forces launched fresh attacks on Tripoli, he and the Libyan prime minister refused to even spend time in the same room together.
New York Times
Für „Le Monde“ bleibt auch nach dem Gipfel in Berlin große Skepsis angesagt. Viel mehr als einen „zerbrechlichen Appell“ habe der Gipfel nicht ergeben. Das liegt allerdings auch an Präsident Macron, der offenbar immer noch auf General Haftar setzt.
Ohne Haftar, so heißt es in Paris, werde es in Libyen keine Ordnung geben. Dessen Truppen kontrollieren rund zwei Drittel des Landes, zuletzt haben sie die wichtigsten Ölhäfen besetzt. Wohlfeile Appelle allein werden daran wohl nichts ändern…
Siehe auch „Außenminister setzen auf Abschottung“ und „Und immer geht’s ums Öl“
Peter Nemschak
20. Januar 2020 @ 10:56
Ich hätte mir noch weniger erwartet. Immerhin läuft der Bürgerkrieg in Libyen bereits seit 9 Jahren. Entscheidend wie es weitergeht ist, ob es gelingt, die Interessen der globalen und Regionalmächte unter einen Hut zu bringen und die Beute „gerecht“ zu verteilen. Humanitäre Resultate könnten dann als unbeabsichtigtes Nebenprodukt des Interessensausgleich vielleicht abfallen. Sie direkt anzusteuern wäre desaströs, wie Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen.