Lässt sich Merkel von Erdogan erpressen?

Kurz vor der Libyen-Konferenz häufen sich die Anzeichen, dass Griechenland übergangen wurde. Auf Druck des türkischen Sultans Erdogan sei Athen gar nicht erst eingeladen worden, heißt es in Berlin. Lässt sich Kanzlerin Merkel erpressen?

Diese Frage stellt sogar die sonst Merkel-freundliche „Bild“-Zeitung. Das Springer-Blatt fragt: „Hat Erdogan der Kanzlerin die Gästeliste diktiert?“ Offenbar habe der Sultan Druck gemacht, damit Griechenland nicht eingeladen wird – und mit einer Aufkündigung des Flüchtlingsdeals gedroht.

Dieser Deal, den die Kanzlerin 2016 im Alleingang ausgehandelt hatte, ist zur Achillesferse der EU-Außenpolitik geworden, genau wie die deutschen Autoexporte in die USA. Erdogan und US-Präsident Trump nutzen dies als Druckmittel gegen Merkel.

Und die Kanzlerin folgt brav. Schließlich kann sie sich keine zweite Flüchtlingswelle leisten, und auch keine Strafzölle auf Luxuskarossen von Daimler & Co. Insofern ist es schon eine Ironie, dass die Libyen-Konferenz nun ausgerechnet in Berlin abgehalten wird.

Sie soll ein Zeichen der Stärke der europäischen Außenpolitik aussenden – und ist doch ein Ausdruck ihrer Schwäche. Das gilt nicht nur für die Gästeliste, sondern auch für die Tagesordnung. Es gibt nämlich auch noch eine „Hidden Agenda“ – Öl und Gas in Libyen und im Mittelmeer.

Erdogan hat gerade erst angekündigt, demnächst neue Bohrungen im östlichen Mittelmeer zu starten, womöglich direkt vor der Küste Kretas. Das geht zulasten Griechenlands, das sich von der EU allein gelassen fühlt und nun Unterstützung beim Nato-Partner USA sucht.

Am Ende könnte Trump zwischen Angela Merkel und Erdogan vermitteln, über die Köpfe Griechenlands und der andern EU-Staaten hinweg. Schöne Aussichten…

Siehe auch „Gemeinsam sind wir stärker? In der Außenpolitik gilt dies nicht mehr“

P.S. Griechenland droht nun damit, alle EU-Beschlüsse zu Libyen zu boykottieren, meldet Kathimerini. Damit drückt die Regierung nicht nur ihre Verärgerung über die Nichteinladung von Merkel aus, sondern auch über den libysch-türkischen Pakt zur Neuordnung der Seegrenzen (und Claims) im östlichen Mittelmeer. Dieser Pakt müsse annulliert werden, heißt es in Athen.