Leyens umstrittene Schwergewichte – Junckers teure Nachrücker

Das Team von der Leyen ist da – und keiner jubelt. Die neue EU-Kommission ist zwar wie versprochen weiblicher geworden, doch das Ziel der Parität wurde knapp verfehlt. Nun geht es an die Besetzung der Ressorts. Auch da droht Streit.

Immerhin ist es der kommenden Kommissionschefin gelungen, mit dem Italiener Paolo Gentiloni einen ehemaligen Ministerpräsidenten nach Brüssel zu holen – ein echtes Schwergewicht.

Der Sozialdemokrat wird für ein wichtiges Wirtschaftsressort gehandelt. Nach italienischen Medienberichten will er die Kontrolle der nationalen Budgetpläne übernehmen. – ausgerechnet.

Damit würde er damit beauftragt, den italienischen Haushalt zu überwachen. Und den französischen. Und den deutschen, wo offenbar ein Schattenhaushalt zum Klimaschutz geplant ist…

Weitere Schwergewichte sind der Niederländer Frans Timmermans und die Dänin Margrethe Vestager. Beide waren bei der Europawahl als Spitzenkandidaten angetreten – und sollen nun mit Vizepräsidentenposten entschädigt werden.

Timmermans soll das Klima übernehmen – doch die Frage ist, ob er auch für Energie und Umwelt zuständig wird. Vestager wird fürs Digitale gehandelt – bisher war dies allerdings kein besonders mächtiges Ressort.

Mit dem Titel „Vizepräsident“ darf sich auch  Josep Borrell schmücken. Der Spanier wird EU-Außenbeauftragter und ebenfalls Vizepräsident der neuen Kommission – das haben die EU-Staaten bereits im Juli  entschieden.

Unklar ist allerdings, ob Borrell neben der Außenpolitik auch Verteidigung und Rüstung betreut – oder ob dafür ein eigener Kommissar zuständig wird. 

Ein Verteidigungskommissar wäre eine Premiere – und würde die Mutation der EU von einem Friedensbündnis mit rein zivilen Aktivitäten zu einer internationalen Organisation mit „bewaffnetem Arm“ beschleunigen.

Unter der ehemaligen Verteidigungsministerin von der Leyen wäre es zwar keine Überraschung – aber doch ein Symbol dafür, dass die EU sich von ihrem ursprünglichen Zweck entfernt…

Siehe auch „Dammbruch bei der Rüstung“

Watchlist

  • Wird das britische Unterhaus in die Zwangspause geschickt – und gewinnt Premier Johnson wieder die Kontrolle? Zuletzt hatte der „britische Trump“ mehrere herbe innenpolitische Niederlagen einstecken müssen.
  • Europapolitisch hat er aber noch ein paar schmutzige Trümpfe in der Hinterhand. Mehr dazu hier

Was fehlt

  • Junckers teure Nachrücker. Estland und Rumänien wollen, nachdem ihre EU-Kommissare ins Europaparlament gewechselt sind, Ersatzleute ins „Team Juncker“ schicken.
  • Für die verbleibenden sechs Wochen bis zum (geplanten) Antritt der neuen EU-Kommission würden sie die vollen Kommissarsbezüge plus Zulagen kassieren – und sich eine Rente auf Lebenszeit sichern.
  • Das Europaparlament ist empört, Estland machte deshalb einen Rückzieher. Doch was ist mit Rumänien? Und wieso lassen die EU-Regeln so eine Geldverschwendung überhaupt zu?