Lasst alle Hoffnung fahren

Hinter den lustigen Masken verstecken sich Betonköpfe

Beim G20-Gipfel in Mexiko sitzt Europa erneut auf der Anklagebank. Amerikaner, Japaner und Chinesen verlangen größeren Einsatz gegen die Eurokrise. Doch die Europäer, allen voran Kanzlerin Merkel, mauern. Merkel will weder eine groß angelegte Wachstumsinitiative noch eine vollständige Bankenunion. Wenn die Agenturberichte aus Los Cabos stimmen, kann man für den EU-Gipfel Ende Juni alle Hoffnung fahren lassen.

Dass Merkel die EU nicht mehr führt, sondern nur noch auf der Bremse steht, ist ja nichts Neues. Auch daran, dass die Eurogruppe die Kontrolle über die Krise verliert, haben wir uns gewöhnt. Über beide Phänomene habe ich ausführlich in diesem Blog berichtet, zuletzt hier und hier. Doch bisher gab es immer noch die Hoffnung, dass sich die Eurochefs wenigstens beim EU-Gipfel zum großen Wurf aufraffen könnten.

Das darf man nach den ersten Meldungen aus dem Ferienparadies Los Cabos getrost vergessen. Schon die Eröffnungsreden von Kommissionschef Barroso und Ratspräsident Van Rompuy ließen Schlimmes ahnen. Sie ließen weder ein Bewußtsein für den Ernst der Lage erkennen noch den viel beschworenen “Masterplan” zur Rettung des Euro erahnen – im Gegenteil.

Barroso verbat sich jede Kritik und schob die Schuld auf die USA, wo die Finanzkrise bekanntlich ausgelöst wurde. Dass er selbst weder die Finanz- noch die europäische Schuldenkrise kommen sah, verschwieg der Portugiese. Auch Van Rompuy, der den EU-Gipfel vorbereitet, wies alle Mahnungen zurück. Man lasse sich nicht drängen, schnelle Lösungen werde es ohnehin nicht geben. O-Ton Van Rompuy:

This crisis will take time to solve. There are no quick fixes nor silver bullets, but we will do all it takes to see it through.

Keine schnellen Lösungen – das hören wir nun schon seit drei Jahren, und die Lage ist immer schlimmer geworden. Nach Griechenland, Irland und Portugal taumelt nun auch Spanien dem Abgrund entgegen – mit Renditen in der “Todeszone”. US-Präsident Obama zog denn auch die Reißleine und sagte ein fest geplantes Treffen mit den Europäern kurzerhand ab. Es sei alles schon gesagt worden, erklärten seine Berater. Frei übersetzt: es macht keinen Sinn mehr, mit diesen Betonköpfen zu reden.

Selbst die langsamen Lösungen werden noch verwässert. Die von Frankreichs Präsident Hollande geforderte Wachstumsinitiative schrumpft zu einem Mini-Investitionsprogramm aus längst verplanten Finanzmitteln. Die überfällige Euro-Bankenunion darf, offenbar auf Merkels Befehl, nicht mehr so heißen – sie mutiert laut Reuters zu einer “stärker integrierten Finanzarchitektur”. Und von einer Politischen Union ist gleich gar nicht mehr die Rede, da waren sich Merkel und Hollande offenbar einig.

Vom EU-Gipfel in Brüssel sollte man also nicht mehr viel erwarten. Wenn es für die Eurozone überhaupt noch Hoffnung gibt, dann ruht sie wieder einmal auf der Zentralbank. Die EZB hat noch einige Eisen im Feuer, um die trudelnden Banken zu stützen und die wild gewordenen Märkte zu beruhigen. Vor dem EU-Gipfel wird sie aber wohl nicht mehr aktiv – schließlich will man ja den “Druck auf die Politik aufrecht erhalten”, wie es im EZB-Jargon so schön pervers heißt (siehe dazu auch mein Eintrag “Krankes System”).

Die große Frage ist nur, ob es danach nicht schon zu spät ist…

 

P.S. Nun hat Herman van Merkel auch ein Video vom G20-Meeting in Los Cabos veröffentlicht,  mit nettem Strandblick. Darin verkündet er, dass wir zum Jahresende eine “Wirtschaftsunion” haben werden. Dabei hatte ich immer gedacht, die EU sei eine Wirtschaftsunion!? Auch Barroso wird endlich zum Videostar. Seinen Wutausbruch hat er sogar auf YouTube veröffentlicht, er muss reichlich stolz auf sich sein…

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