Lambrecht erfreut die Nato, Meloni greift nach der Macht – und Reintke rückt nach

Die Watchlist EUropa vom 13. Oktober 2022 –

Heute beschäftigen wir uns mit dem Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel, dem überraschenden Erfolg von Frau Lambrecht und den Planspielen für einen Atomkrieg. Außerdem geht es um den Machtwechsel in Rom und den Wechsel an der Spitze der Grünen-Fraktion im Europaparlament.

Von Verteidigungsministerin Lambrecht kommen selten guten Nachrichten. Doch beim Nato-Treffen in Brüsel konnte sie die Lieferung des deutschen Luftverteidigungssystems Iris-T SLM an die Ukraine bestätigen. Deutschland werde sich bemühen, drei weitere Systeme so schnell wie möglich bereitzustellen, sagte sie – und machte damit Furore.

Denn Luftverteidigung ist genau das, was die Ukraine angesichts der Raketenangriffe derzeit besonders braucht. Und Iris-T gilt als eins der modernsten Systeme der Welt. Selbst die „New York Times“ ist voll des Lobes: Bisher verfüge nicht einmal Berlin über dieses „ultramoderne“ Gerät, das nun Kiew bei der Verteidigung hilft.

Das sei eine „ganz wichtige Unterstützung im Kampf gegen Raketenbeschuss, gegen diesen Terror, der gegenüber der Bevölkerung ausgeübt wird“, erklärte Lambrecht. Die Lieferung der Geräte sei ursprünglich erst für November geplant gewesen. Umso glücklicher sei sie, dass das System jetzt schon vor Ort ist.

Deutschland hat damit sogar die USA übertroffen, die erst in den nächsten Wochen zwei Exemplare ihres System Nasams liefern wollen. Sechs weitere müssen erst noch produziert werden. Nach US-Angaben erwägt Washington deshalb, in der Zwischenzeit alte Hawk-Systeme aus der Zeit des Kalten Krieges in die Ukraine zu schicken.

Auf dem falschen Fuß erwischt

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Die hektische Suche nach Waffen zeigt, dass die russische Eskalation des Krieges die Nato auf dem falschen Fuß erwischt hat. Ursprünglich wollten sich die Minister in Brüssel auf die Stärkung der Nato-Ostflanke und um die nukleare Abschreckung konzentrieren.

Nun ist sogar ein Nato-Sondergipfel im Video-Format im Gespräch. Er könnte zu Beginn der kommenden Woche stattfinden, sagte Polens Präsident Andrzej Duda nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Eine Entscheidung soll aber erst nach Abschluss des zweitägigen Ministertreffens fallen.

Stoltenberg erklärte, derzeit habe die Luftabwehr absolute Priorität. “Die Verbündeten haben bereits Luftverteidigungssysteme geliefert, aber wir brauchen noch mehr davon”, so der Norweger. Es gehe um die Abwehr russischer Kurz- wie Langstreckenraketen, ballistischer Raketen, Marschflugkörper und Drohnen. Die Nato sei entschlossen, der Ukraine „so lang wie nötig“ zu helfen, betonte er.

Greift die Nato direkt ein?

Doch wie lange wird der Krieg noch dauern – und wie kann er enden? Antworten suchte man in Brüssel vergeblich, Konfliktlösung war nicht einmal ein Thema. Vielmehr stellt sich die Militärallianz auf eine weitere Eskalation ein: Am Donnerstag will die nukleare Planungsgruppe über russische Drohungen mit der Bombe beraten.

“Wenn Russland Atomwaffen einsetzt, wird das verschiedene Konsequenzen haben, auch beim Gebrauch kleinerer atomarer Waffen“, warnte Stoltenberg im ZDF. Details wollte er nicht nennen, doch offenbar bereitet sich die Allianz auf den Ernstfall vor. In den USA wurde sogar schon der Ruf nach einem Nato-Einsatz gegen die russische Armee laut.

Sollte die Regierung in Moskau tatsächlich Kernwaffen einsetzen, würde dies fast sicher eine “physische Antwort” der Verbündeten der Ukraine und möglicherweise auch der Nato selbst zur Folge haben, sagt ein Insider in Brüssel. Der Schritt würde “noch nie dagewesene Konsequenzen” für Russland nach sich ziehen…

Watchlist

Ist Giorgia Meloni am Ziel? Dies ist die Frage, wenn am Donnerstag in Rom erstmals das neue Parlament zusammenkommt. Dabei sollen die Vorsitzenden der beiden Kammern gewählt werden. Im Anschluss wird dann erwartet, dass der Staatspräsident die Wahl-Siegerin Meloni mit der Bildung einer Regierung beauftragt. Die Chefin der post-faschistischen “Brüder Italiens” will sich auf Parteien der bürgerlichen Rechten stützen, EVP-Chef Weber will sie auf EU-Kurs halten…

Was fehlt

Die neue Ko-Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament. Sie heißt Terry Reintke und löst Ska Keller ab, die 2019 als Spitzenkandidatin in den Europawahlkampf gezogen war. Reintke wird zum linken Flügel bei den Grünen gezählt und hat sich vor allem bei LGBTQ-Rechten, dem Brexit und in der Sozialpolitik profiliert. Ob sie 2024 ebenfalls Spitzenkandidatin wird, ist allerdings noch offen. Gut mögluch, dass die Europa-Grünen diesmal keine Deutsche wollen…