Lahme Türkei-Sanktionen – Lauter Streit um die Nato

Die EU-Außenminister haben den Weg für Sanktionen gegen die Türkei frei gemacht. Dabei geht es allerdings nicht um die umstrittene Militäroffensive in Nordsyrien, sondern um Gasbohrungen vor der Küste Zyperns.

Die „illegalen Bohraktivitäten“ waren bereits beim EU-Gipfel im Dezember 2018 scharf verurteilt worden – also vor fast einem Jahr.

Danach dauerte es noch einmal acht Monate, bis die EU-Außenminister im Juli einen Grundsatzbeschluss für Sanktionen fassten. Nun haben sie auch den Rechtsrahmen angenommen.

Er sieht Reiseverbote und die Einfrierung von türkischem Vermögen vor. Wen die Strafen treffen sollen, konnte die scheidende EU-Außenvertreterin Federica Mogherini allerdings immer noch nicht sagen.

Dies werde erst später festgelegt. „Wir werden sehen, ob und wann das passiert“, erklärte die Italienerin auf Nachfrage. Es dürfte vorrangig türkische Militärs und Kapitäne der Bohrschiffe treffen, sagten EU-Diplomaten.

Dass sich die EU mit ihrer Reaktion so viel Zeit lässt, hat mit dem Dauerstreit um das geteilte Zypern zu tun – aber auch mit Pressionen aus Ankara.

Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat wiederholt damit gedroht, den 2016 geschlossenen Flüchtlingsdeal aufzukündigen.

Die EU ist jedoch auf diesen Deal angewiesen, um eine neue Flüchtlingskrise zu verhindern. Der Krieg in Nordsyrien hat die Lage noch komplizierter gemacht. 

Die Lage an der türkisch-syrischen Grenze war beim Treffen der EU-Außenminister jedoch kein Thema. Auch zum Streit um europäische Kämpfer des „Islamischen Staats“ (IS) wollte sich Mogherini nicht äußern.

Die Türkei hat angekündigt, IS-Mitglieder zurück nach Europa zu schicken – nachdem sie die Terroristen in Nordsyrien aus Lagern und Gefängnissen befreit hatte.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte die Türkei auf, Informationen über deutsche IS-Kämpfer zu teilen. Von einer „Erpressung“ durch die Türkei wollte der deutsche Minister nicht sprechen.

Demgegenüber zeigte sich Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn empört über das türkische Vorgehen. „Es muss absolut verhindert werden, dass diese Barbaren wieder auf freien Fuß kommen“, sagte Asselborn in Brüssel.

Befehle der Türkei“ in der Frage seien deshalb nicht angebracht. Die Abschiebung könne die Sicherheit Europas gefährden…

Watchlist

  • Was sagen die EU-Verteidigungsminister zur Kritik von Frankreichs Staatschef Macron an der Nato? Das dürfte man am Dienstag bei einem Ministerrat in Brüssel erfahren. AKK wird die Nato vermutlich in Schutz nehmen, wie zuvor schon ihre Amtsvorgängerin von der Leyen. Doch was sagen die Briten, oder die Polen? Sind sie bereit, einen „europäischen Pfeiler“ zu bauen, um die Nato zu stärken? Oder setzen sie weiter auf die USA?
  • Lässt das Europaparlament noch mehr Kandidaten für die EU-Kommission durchfallen? Bisher sind drei Anwärter gescheitert, ein Rekord. Doch am Dienstag tagt der Rechtsausschuss, um die drei Ersatzkandidaten zu prüfen. Wenn er Interessenskonflikte feststellt, könnte das Parlament erneut Nein sagen. Als gefährdet gilt vor allem der französische Ex-Minister Thierry Breton – er wechselt direkt aus der Wirtschaft nach Brüssel…

Was fehlt

  • Die neue, riskante Operation von Noch-Kommissionschef Juncker. Der Eingriff wegen eines Aneurysmas sei für Dienstag geplant, teilte seine Sprecherin mit. Ein Aneurysma ist eine mit Blut gefüllte Ausstülpung einer Arterie, die plötzlich aufreißen kann. In dem Fall besteht die Gefahr zu verbluten. Auch eine Operation kann aber riskant sein. Nach dem letzten Eingriff (wegen der Gallenblase) hieß es noch, Juncker sei wieder obenauf…
  • Die „extreme Sorge“ der EU um den Atomdeal mit Iran. Der Iran hatte am Donnerstag die Urananreicherung in der Atomanlage Fordo offiziell wiederaufgenommen. Am Sonntag teilte das Land mit, es habe die Uran-Anreicherung auf fünf Prozent gesteigert. Nach dem Atomabkommen erlaubt sind nur 3,67 Prozent. Allerdings erfüllt auch die EU ihre Verpflichtungen nicht – auch wenn sie in ihrem Statement darüber hinweggeht..

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