Krise in Paris erreicht Brüssel – Später Sieg für Schäuble

Es sollte die entscheidende Ministersitzung zur Euro-Reform werden, die Frankreichs Staatschef Macron seit Monaten fordert. Doch dann mußte sein Finanzminister Le Maire kurzfristig aus Brüssel abreisen – zur Krisensitzung in Paris.

Im Elysée-Palast reiht sich seit den Unruhen der „Gelbwesten“ (Gilets jaunes) eine Krisensitzung an die nächste. Nicht nur Le Maire mußte sein Programm ändern. Auch Macron sagte Termine ab. Frankreich ist, erklärt oder nicht, im Ausnahmezustand.

In Brüssel macht dies vor allem dem deutschen Finanzminister zu schaffen. O. Scholz wollte am Montagabend einen „Durchbruch“ feiern, wie er zu Beginn der Eurogruppen-Sitzung ankündigte. Doch ohne Le Maire wird das schwierig.

Was bisher auf dem Tisch liegt, ist jedenfalls kein Grund zu feiern. Das Eurozonen-Budget, das einmal mehr als 100 Mrd. Euro fassen sollte, ist auf eine Budgetlinie im EU-Haushalt geschrumpft. Eine stabilisierende Rolle kann es kaum noch spielen.

Einen Euro-Finanzminister wird ebenso wenig geben wie eine parlamentarische Kontrolle der Eurogruppe. Auch hier hat sich Macron eine blutige Nase geholt. Die Demokratisierung kommt nicht voran, nur der Bundestag hat echte Mitsprache.

Einen „Durchbruch“ kann Scholz nur bei zwei Themen feiern, die schon seinem Amtsvorgänger Schäuble (und Interims-Minister Altmaier) am Herzen lagen: Bei der Aufwertung des Euro-Rettungsfonds ESM und dem „Backstop“ für den Bankenabwicklungsfonds SRF.

Hier haben sich – wen wundert’s – die deutschen Vorstellungen durchgesetzt. Der ESM wird künftig sogar die Bonität und die Reformen in Frankreich prüfen – natürlich nur vorsorglich, falls mal eine Krise ausbricht. Bonne chance, Monsieur Macron!

Siehe dazu auch mein neues E-Book „Der verhinderte Neustart“

WATCHLIST:

  • Was machen die deutschen Autobauer im Weißen Haus? Diese Frage müssen am Dienstag VW-Chef Diess und Daimler-Chef Zetsche beantworten. Das Europaparlament ist stinksauer über den Exklusiv-Empfang, bei dem es vor allem um die angedrohten US-Sonderzölle auf Autos gehen dürfte. Kanzlerin Merkel dagegen behauptet, die Konzernbosse seien als „amerikanische Arbeitgeber“ gefragt. Na, wenn das so ist – dann brauchen wir wohl keine EU-Handelspolitik mehr?

WAS FEHLT:

  • Das jüngste EU-Debakel in Ungarn: Auf Druck der rechtsnationalen Regierung in Budapest zieht die vom US-Sponsor Soros gegründete Zentraleuropäische Universität (CEU) nach 26 Jahren Tätigkeit nach Wien. Die EU-Kommission reagierte „zutiefst besorgt“. Auch die konservative Parteienfamilie EVP, der Regierungschef Orban angehört, zeigte sich betroffen. EVP-Spitzenkandidat Weber will aber trotzdem keine Konsequenzen ziehen – und Orban weiter die Stange halten!