„Kriegsähnliche Zeiten“ gefährden die Versorgung

Wochenlang haben die EU-Politiker beschwichtigt. Man habe das Coronavirus im Griff, die Bürger müßten sich keine Sorgen machen. Doch nun ist plötzlich von „kriegsähnlichen Zeiten“ die Rede – sogar die Versorgung mit Medizin und Lebensmitteln ist gefährdet. Und Besserung ist nicht in Sicht.

Nach der Grenzschließung in Deutschland und anderen Ländern stemmt sich die EU gegen drohende Versorgungsengpässe bei Medizin und Lebensmitteln. Die EUKommission warnte vor Lieferproblemen. Auf den Autobahnen bildeten sich bereits lange Lkw-Schlangen, sagte der Sprecher von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel.

Die nationalen Eindämmungsmaßnahmen brächten Europas Volkswirtschaften „in kriegsähnliche Zeiten“, warnte der Chef der Eurogruppe, Portugals Finanzminister Mario Centeno.

Die EU will nun auf breiter Front gegensteuern. Neben massiven Hilfen für die Wirtschaft ist ein Aktionsplan gegen Versorgungsengpässe geplant.

So forderte die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten auf, den Binnenmarkt zu verteidigen und den freien Waren-verkehr trotz der Grenzkontrollen zu garantieren.

Die Behörde legte Richtlinien vor, die den “Fluß wichtiger Güter und Dienstleistungen” absichern sollen. „Nur so können wir einen Mangel an medizinischer Ausrüstung oder Lebensmitteln verhindern“, warnte von der Leyen.

Brüssel fordert unter anderem, Sonderfahrspuren für Lkw einzurichten, damit diese an den Grenzen Priorität haben. Zudem verlangt die Kommission freien Grenzübertritt für Pendler, die im Gesundheits- und Nahrungsmittelsektor arbeiten.

Deutschland hatte seine neuen Grenzkontrollen unter anderem mit Hamsterkäufen an der deutsch-französischen Grenze begründet, zugleich aber zugesichert, den Güterverkehr offen zu halten. Auch Pendler sollen weiter zwischen Deutschland und Frankreich reisen dürfen.

Dennoch reagierte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ungehalten. Nach Angaben des Elysée-Palasts kritisierte er „einseitige und nicht abgestimmte Entscheidungen zu den Grenzen durch eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten“ – ein Seitenhieb auf Kanzlerin Angela Merkel.

Die Koordination laufe noch nicht so gut, räumte Merkel ein. Sie hoffe, dass Europa nach der Corona-Krise wieder zurückfindet zum Schengenraum ohne Grenzkontrollen. Doch wann es so weit sein könnte, sagte sie nicht.

Nach zwei Wochen, so viel ist klar, ist die Krise bestimmt nicht vorbei. Wir dürfen schon froh sein, wenn sich die Lage nach Ostern wieder einigermaßen beruhigt…

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Watchlist

Wird die Krise an der türkischen EU-Außengrenze beigelegt? Darum geht es bei einer Videokonferenz zwischen Sultan Erdogan, Präsdient Macron und Kanzlerin Merkel am Dienstag. Zuletzt hieß es, Erdogan habe die (von ihm selbst geschickten) Migranten zum Rückzug gebeten. Doch der Streit um den Flüchtlingsdeal ist damit noch nicht beigelegt. Merkel will ihn verlängern, Macron möchte Erdogan bestrafen. Wie da ein Kompromiß aussehen soll, ist schleierhaft…

Was fehlt

Das Versprechen der EU, Italien zu helfen. „Deutschland hat angekündigt, dass es eine Million Masken nach Italien schicken wird“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Doch bisher ist in Rom nichts angekommen. Dabei sterben im ganzen Land täglich rund 400 Menschen. China half schneller – was zu bitterbösen Artikeln führt und die „geopolitische Kommission“ ärgert…

Das Letzte

Die Kriegsrhetorik ist leider in Mode gekommen – auch in Frankreich. „Nous sommes en guerre sanitaire“, erklärte Präsident Macron am Montagabend. Er meinte es wörtlich – und will nun die Armee mobilisieren, damit sie dem besonders betroffenen Elsaß zu Hilfe kommt. Alle Reformen werden ausgesetzt, auch die umstrittene Rentenreform. – Mehr dazu hier