Krieg um Ukraine und Israel: Boiling the frog
Die Kriege um die Ukraine und Israel drohen außer Kontrolle zu geraten. Schuld daran sind allerdings nicht die üblichen Verdächtigen Russland und Iran – eine vorläufige Bilanz.
Der ganz große Knall ist ausgeblieben. Weder in Israel/Iran noch in der Ukraine/Russland ist es bisher zur befürchteten Kettenreaktion gekommen.
Der Iran hat seine angedrohten Vergeltungsschläge sogar verschoben, um auf einen möglichen Nahost-Deal zu warten. Russland wirkt zu schwach, um den ukrainischen Vorstoß nach Kursk schnell abzuwehren.
Damit werden die Thesen der westlichen Kriegstreiber widerlegt. Iran ist durchaus zu rationalem Verhalten fähig. Russland hingegen ist keinesfalls in der Lage, nach der Ukraine auch noch andere Länder anzugreifen.
Normalerweise könnten sich die USA und die Nato nun zurücklehnen und abrüsten.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Politik des “boiling the frog” – den Frosch langsam kochen, bis er tot ist – wird sogar noch verstärkt, mit immer neuen westlichen Waffen sowohl im Nahen Osten als auch in Kursk.
Der Gegner soll so wohl abgeschreckt und “erstickt” werden – doch gleichzeitig steigt das Eskalationsrisiko.
Dies gilt umso mehr, als wir es bei Netanjahu und Selenskyj offenbar mit Akteuren zu tun haben, die ganz bewußt auf eine Eskalation abzielen und sich dabei rücksichtslos ihrer amerikanischen und deutschen Freunde bedienen.
Ich halte daher an meiner Einschätzung fest, dass die Situation brandgefährlich ist und jederzeit außer Kontrolle geraten kann…
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Open Thread: Eskalation in Israel und in der Ukraine. Wird fortgesetzt – und zwar hier
P.S. Die Ukraine und Russland werfen sich nun gegenseitig vor, einen “false flag”-Angriff mit “schmutzigen” Atomwaffen zu planen. Das wäre dann die nächste Eskalation…
Art Vanderley
22. August 2024 @ 22:26
” um den ukrainischen Vorstoß nach Kursk schnell abzuwehren. ”
Hat Putin daran ein Interesse? So ein wenig Gefahr fürs eigene Territorium stabilisiert seine Position.
Keiner will den großen Knall, es geht um Stellvertreterkriege die von inneren Schwierigkeiten ablenken sollen, in Ost und West gleichermaßen, uralter Trick zur Machterhaltung.
Die Gefahr ist am ehesten das eine oder beide Seiten ihre Macht überschätzen, das Jonglieren unter Kontrolle halten zu können.
exKK
22. August 2024 @ 23:27
Nun, da die ukrainischen Truppen die wichtigsten Brücken selbst zerstört haben, werden sie auch nicht viel weiter nach Russland hinein kommen können. Nun sind Teile der sowieso arg dezimierten ukrainischen Armee ausserhalb der Ukraine gebunden… ob das so klug war, werden wir sicher bald sehen.
Art Vanderley
23. August 2024 @ 22:03
Die meisten Normalbürger der Ukraine haben ein Interesse an der Beendigung des Krieges. Aber gilt das auch für die ukrainischen „Eliten“?
Dort gab es vor dem Krieg eine immer stärker werdende Anti-Korruptionsbewegung die kurz davor war einen großen Erfolg im Parlament zu erzielen. Leider kam dann der Krieg dazwischen, ein Schelm wer Böses dabei denkt….
umbhaki
19. August 2024 @ 20:52
In einem gedruckten Medium lese ich diesen Monat einige erhellende Informationen. Zum Beispiel dies hier:
„… Die Nato hat mit der Ukraine, die nach eigener Überzeugung und auch der eines erheblichen Teils ihrer Bevölkerung um ihr Überleben kämpft, einen Libero, den sie nach Belieben vorschicken oder durch das Zurückhalten von Waffenlieferungen zurückpfeifen kann. Aus aktuellen Äußerungen der Nato-Spitze geht hervor, dass das westliche Militärbündnis für den Krieg in der Ukraine eine Dauer von fünf Jahren einkalkuliert. Danach hat die Ukraine ihre Rolle als strategisches Verbrauchsmaterial gespielt – weil dann nichts von Wert mehr von ihr übrig sein dürfte –, und die Nato will, so Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer unlängst gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«, bis dahin selbst in vollem Umfang kriegsfähig sein. Ergänzt wird das Bild durch die in Washington beschlossene Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern, die bis Moskau reichen, auf deutschem Boden ab 2026. Dann will die »regelbasierte Weltordnung« Russland die Regeln seiner Kapitulation diktieren können.“
(Reinhard Lauterbach in »konkret 8/24«, Seite 40)
Es könnte selbstredend sein, dass Russland diese Planung auch kennt und sich selber ebenfalls einen schönen Plan macht. Von russischer Seite betont man eigentlich schon lange und oft genug, dass man die Ukraine-Frage als existenziell für den eigenen Staat ansieht …
Was die Ukraine selbst angeht : Nach diesem Krieg wird sie dermaßen (zerstört und) verschuldet sein, dass sie im Griff ihrer Gläubiger auf Generationen hinaus keinen freien Willen mehr äußern können wird. Und das gilt unabhängig vom Ausgang dieses Krieges. Zudem werden ihr für den Wiederaufbau die Menschen fehlen, weil sie entweder auf dem „Feld der Ehre“ umgekommen oder abgehauen sind.
european
19. August 2024 @ 09:44
Den Vorfall in Kursk hat Erich Vad aktuell als Militaerexperte kommentiert. Man kann das immer wieder beobachten. Es gibt einen grossen Unterschied, wie die Jubelmedien solche Vorfaelle ansehen und die Ukraine gleich wieder auf Siegeszug sehen und wie realistisch kriegserfahrene Militaerexperten die Lage beurteilen.
https://youtu.be/_iPBQ7agJxw?feature=shared
Weiterhin hat es eine Anfrage an die Bundesregierung gegeben bezueglich der gepflegten Behauptung, dass Russland das alte Gebiet der Sowjetunion wiederherstellen will. Leider kann ich hier kein Image posten, aber mit Schreiben vom 1. August bestaetigt das Auswaertige Amt folgendes:
Zitat: “Aeusserungen des Praesidenten der Russischen Foederation, Wladimir Putin, wonach eine Wiederherstellung der Sowjetunion beabsichtigt werde, sind der Bundesregierung nicht bekannt.”
Dies wurde auch schon mehrfach von Militaerexperten und anderen Fachleuten wie Jeffrey Sachs oder Mearsheimer bestaetigt, zuletzt im ZDF von Oberst Richter, der noch zudem darauf hinwies, dass Russland seit ca. 30 Jahren sehr konsistent in seinen Warnungen bezueglich der Ukraine als Nato- und Raketenstuetzpunkt war. Selbst Jelzin hatte Clinton vor einem solchen Schritt gewarnt.
exKK
19. August 2024 @ 22:41
Zum Artikel:
„…Netanjahu und Selenskyj offenbar mit Akteuren zu tun haben, die ganz bewußt auf eine Eskalation abzielen und sich dabei rücksichtslos ihrer amerikanischen und deutschen Freunde bedienen.“
Unterstützer derjenigen, die einen dritten Weltkrieg herbeiführen wollen, sind keine“Freunde“, sondern Komplizen!
(Sorry fürs antworten, aber es geht heute wieder nicht anders.)
Art Vanderley
22. August 2024 @ 22:32
Immerhin bleibt das AA hier sachlich.
Die Vorstellungen zur Wiederherstellung gibt es in unterschiedlichen Formen.
Die Kommunisten fordern das schon lange, wobei unklar bleibt ob sie das innerhalb wollen, also als Staatsstruktur, oder auch äußerlich, mit Expansion, und wenn ja wie weit.
Die Nationalisten sind da schon klarer, sie wollen Expansion, die meisten auf Kosten der NATO, dritter WK inklusive, die härtesten wollen ein Großreich bis nach Portugal.
Putin ist eher derjenige der diese Kräfte diszipliniert, als daß er ihnen eins zu eins folgt.
exKK
22. August 2024 @ 23:51
“Immerhin bleibt das AA hier sachlich.”
Was die Vermutung nahelegt, dass die Chef”diplomatin” das Antworten diesmal delegiert hat 😉
Art Vanderley
23. August 2024 @ 21:58
Nicht doch…befinden wir uns nicht im Krieg….oder wie war das?
Kleopatra
23. August 2024 @ 12:05
Auch mir sind keine Äußerungen Putins bekannt wonach er die Sowjetunion wiederherstellen will. An dieser dürfte ihm nebenbei bereits der Umstand missfallen, dass sie zwischen Russen, Weißrussen und Ukrainern (bzw. den entsprechenden Republiken) differenzierte und jeder dieser Republiken das Recht auf Austritt aus der Union zusprach. Putin hat jedoch bekanntlich bereits 2021 einen Artikel veröffentlicht, in dem Ukrainer und Russen als Teil einer Nation angesehen werden. Damit sind die Expansionsabsichten klar belegt (ein Staatspräsident veröffentlicht kein laienhistorisches Geschwafel auf seiner website, wenn er damit keine politischen Absichten legitimieren will).
Art Vanderley
23. August 2024 @ 22:13
Putin scheint mir in einer alten russischen Tradition zu stehen- so weit gehen wie man kann ohne den großen Knall zu riskieren.
Also ist sein primäres Ziel die Ukraine, vielleicht auch Georgien oder Moldawien, beides Länder, denen Russland schon lange Gebiete „abgenommen“ hat, jeweils kleine Streifen am Rand und an der Grenze zu Russland.
Putin ist definitiv fasziniert von alter russischer Größe, aber er ist kein Irrer der das eins zu eins gleichsetzt mit der Sowjetunion in ihren maximalen äußeren Grenzen.
Mit seiner „kontrollierten Expansion“ trägt er wahrscheinlich dazu bei daß Kräfte nicht zum Zug kommen die ganz andere Risiken eingehen würden.
Dazu hat auch Europa beigetragen als es die Quartalsirren von der Administration Bush junior nicht unterstützte bei ihrem Streben nach einem Natobeitritt der Ukraine und Georgiens. Wer weiß welche Leute in Rußland am Ruder wären, wäre dies Vorhaben umgesetzt worden.