Krieg in der Ukraine: Experten in Erklärungsnot

Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert, in den USA denkt man längst über Alternativen nach. Doch deutsche Experten wollen es immer noch nicht wahrhaben – sie suchen nach Ausreden.

Ein schönes Beispiel liefert J. Kluge vom regierungsnahen Thinktank SWP in Berlin. Er schreibt:

Einige Kritiker von Waffenlieferungen meinen nun, die militärischen Schwierigkeiten der Ukraine gäben ihnen nachträglich recht. Das ist natürlich doppelt falsch: 1) Es wurde weniger geliefert als benötigt. 2) “Verhandlungen” waren zu jedem Zeitpunkt nur eine Scheinalternative.

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Beide Behauptungen zeugen von Erklärungsnot. Denn natürlich gab es Verhandlungen – nicht nur “sogenannte”. Wie gerade erst bestätigt, hätten sie den Krieg durchaus schon im März 2022 beenden können.

Dies sagt nicht irgendwer, sondern Dawyd Arachamija, Fraktionsvorsitzender von Selenskyjs Partei „Diener des Volkes“ in der Rada. „Die Russen waren bereit, den Krieg zu beenden, wenn wir – wie einst Finnland – der Neutralität zugestimmt und uns verpflichtet hätten, der Nato nicht beizutreten.“

Der ehemalige Chefunterhändler bei den Friedensgesprächen in Istanbul bestätigt auch, dass es der britische Ex-Premier Johnson war, der den Ukrainern sagte, sie sollten weiter kämpfen . Er trug damit maßgeblich zum Abbruch der Verhandlungen bei.

Auch Kluges erste Behauptung steht auf schwachen Beinen. Denn sowohl die USA als auch die Nato erklärten bereits im April dieses Jahres, die Ukraine habe genügend westliche Waffen, um Land zurückzugewinnen. Das sagten auch deutsche Experten.

Einer verstieg sich zu der Behauptung, die Ukraine sei nun so stark, dass sie Russland vernichtend schlagen könne. Er nannte sogar ein Datum: spätestens im Oktober würden die russischen Besatzer vertrieben werden. “Russland wird Entwicklungland”, behauptete er.

Neues Schreckgespenst

Von Kluge & Co. kam kein Widerspruch. Umso überraschender, dass unsere Experten nun davor warnen, Russland könne in der Ukraine nicht nur gewinnen, sondern sogar so stark werden, dass auch Deutschland und die EU zum Angriffsziel werden.

“Niemand in Europa wäre mehr sicher”, behaupten N. Lange und  C. Masala. Damit übersehen sie nicht nur die Rolle der Nato, die Russland von Angriffen auf Europa abschreckt. Sie geben indirekt auch zu, dass sie am Sieg der Ukraine zweifeln.

Das neue Schreckgespenst “Russland wird übermächtig” soll offenbar davon ablenken, dass fast alle Einschätzungen unserer Experten falsch waren. Doch statt sich zu entschuldigen und zu korrigieren, setzen sie einfach noch einen drauf!

Die USA sind schon weiter. Sie diskutieren offen darüber, dass die Ukraine ihre Kriegsziele nicht mehr erreichen kann. Deshalb müsse eine neue, realistischere Strategie her. Auf unsere deutschen Experten darf man dabei wohl nicht hoffen…

Siehe auch Open Thread: Die Ukraine kann nicht siegen