Kretschmer, Orban, Steinmeier: Kritik am Kurs der EU wird lauter

Ungarns Regierungschef Orban hat die Sanktionen gegen Russland für gescheitert erklärt. Damit rückt der Nationalist offen vom EU-Kurs ab. Er ist nicht allein.

“Die Sanktionen erschüttern Russland nicht”, sagte Orban. Dafür würden in Europa “Regierungen fallen wie Dominosteine”, sagte er in Anspielung auf Großbritannien und Italien.

“Die Situation heute ist, dass wir in einem Auto mit vier platten Rädern sitzen”, beschrieb Orban die Lage aus seiner Sicht. Weder die EU-Sanktionen noch US-Waffen könnten das Blatt wenden.

Im Umgang mit dem russischen Krieg in der Ukraine sei “eine neue Strategie erforderlich, die sich auf Friedensgespräche konzentrieren sollte – anstatt darauf, den Krieg zu gewinnen”.

Zweifel an Sanktionen wachsen 

Was soll man davon halten? Mit seiner Kritik an den Sanktionen steht Orban nicht allein.

Auch in Deutschland, Italien und Österreich wachsen die Zweifel am bisherigen EU-Kurs. So fordert Sachsens Regierungschef Kretschmer, den Krieg “einzufrieren” (was auch immer das heißen mag).

Dass die Zweifel wachsen, hat sogar Bundespräsident Steinmeier erkannt. “Sind wir dazu bereit, empfindliche Nachteile in Kauf zu nehmen“, fragte er am Sonntag. Indirekt räumt er damit ein, dass die Sanktionen große Opfer fordern, auch in Deutschland.

Andererseits mehren sich in der EU die Stimmen, die Orban und anderen Kritikern das Vetorecht in der Außenpolitik entziehen wollen. Seine jüngsten Äußerungen dürften ihnen Auftrieb verleihen.

Auch Kanzler Scholz hat sich für ein Ende der Einstimmigkeit ausgesprochen – dabei denkt er vor allem an Orban.

Strategie-Debatte ist überfällig

Es ist jedoch keinem geholfen, wenn die EU statt über die Sache über Verfahren diskutiert. Nötig wäre eine Strategiedebatte – über die Ziele des Kriegs und den europäischen Beitrag.

So lange sich die EU dieser Debatte verweigert, wird sie keine Rolle spielen – wie wir gerade am Getreide-Deal von Istanbul gesehen haben.

Sultan Erdogan ließ sich von der Uno feiern, die EU glänzte durch Abwesenheit – und mußte sogar einige besonders widersinnige Sanktionen zurücknehmen…

Siehe auch Neues vom Wirtschaftskrieg: Getreide-Deal ohne die EU

Daß Russland den Hafen von Odessa angegriffen hat, muß noch nicht das Ende des Getreide-Deals bedeuten. Die Attacke spricht aus meiner Sicht nicht gegen Verhandlungen – sondern eher dafür, die Gespräche auf den Krieg selbst auszuweiten und einen Waffenstillstand anzustreben.