“Kranker Mann Deutschland”
Deutschland geht es wohl doch nicht so gut, wie uns Merkel & Co. ständig glauben machen wollen. Die größte Volkswirtschaft könne wieder zum “kranken Mann” Europas werden, warnte heute EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen.
Er rechne zwar damit, dass das Wachstum wieder leicht anziehe. Im 1. Quartal war Deutschland haarscharf an der Rezession vorbeigeschrammt. Dafür müssten aber Reformen eingeleitet werden.
Laut “Handelsblatt” gibt es Handlungsbedarf beim Umbau des Bildungssystems, bei der Energieversorgung, der Infrastruktur, dem Steuersystem oder bei der Bewältigung des demografischen Wandels.
Asmussen äußerte sich vor Auslandskorrespondenten in Berlin. Entsprechend kritisch dürfte das Echo im Ausland sein. Am Vortag hatte schon Frankreichs Hollande ausgeteilt.
Deutschland stehe nicht besser da als Frankreich, sagte der Sozialist. Nehme man die beiden letzten Quartale zusammen, sei die Wirtschaft östlich des Rheins stärker geschrumpft als die westlich… Mehr zum Thema hier
Gordon
17. Mai 2013 @ 20:12
Huhu, ebo,
Nimmt man die letzten 4 Quartale steht Deutschland sehr wohl besser da.
Zieht man die Bevölkerungsentwicklung in Betracht so gar sehr viel besser.
Berücksichtigt man dann noch den Schuldenkurs unserer goldigen Nachbarn wird’s schon fast peinlich für den Vorzeigesozialisten.
Apropos: zitier den Asmussen doch bitte so, wie er das wirklich gesagt hat. Und vor allem was er damit meint:
In Doofdeutsch heißt das nämlich : Ausbau der Ganztagsbetreuung und Kitaplätze, prinzipielles Festhalten an der Energiewende mit verstärkten Investitionsanreizen für die Industrie (Ohgottohgott), Infrastrukturinvestitionen aka getarnte Stimulierungsprogramme, tja die Nullzinspolitik der EZB macht es möglich
Wer aufmerksam Zeitung liest (also gute, nicht linke Käseblätter oder die Gewerkschaftszeitung) weiß das aber schon lange, siehe Marcel Fratzscher (DIW in der SZ) oder Sinn in der Welt, da scheint ein gewisser Konsens zu existieren.
Bei Steuern bin ich mir nicht sicher….
Man munkelt ja dass Asmussen heißer Kandidat als möglicher Finanzminister unter Steinbrück ist.
ebo
17. Mai 2013 @ 21:46
@Gordon
Wenn man bedenkt, wie viel Rückenwind Deutschland durch Niedrigzinsen, Auslandsnachfrage, Beschäftigungshoch und sprudelnde Steuereinnahmen hat, dann sind 0,1 Prozent Plus ein beschämend schlechtes Ergebnis. De facto ist Deutschland auch in der Rezession, denn selbst die 0,1 Plus kamen nur zustande, weil das 4.Q nach unten revidiert wurde.
Johannes
17. Mai 2013 @ 17:45
Wäre gut wenn Deutschland zum kranken Mann Europas werden würde, dann könnten wir nicht mehr Banken retten. Die Agenda 2010 war eh überflüssig, ich bin heute von der dummen Meinung überzeugt, dass die Reformen damals schlecht waren. Die anderen Euroländer haben ihre Aufgaben nicht erledigt, nur wie Deutschen waren so dumm. Es bringt uns aber nichts mehr, wir sollten ebenfalls “krank” sein, warum auf Lohn verzichten und sich einschrenken wenn es eh nichts bringt bzw. sogar einem nur noch Nachteile einbringt? Deutschland braucht keine Reformen mehr, nicht mehr in den nächsten 20 Jahren 😉 . Denn Lohnverzicht wurde immer damit begründet ,dass wir ja fit für den Euro werden müssten. Aber wir mussten gar nicht fit für den Euro werden!
Hyperlokal
17. Mai 2013 @ 14:53
Diese Typen zieh’n doch immer wieder dasselbe schäbige PR-Ding durch. Dabei merken die gar nicht, dass außer ein den allgegenwärtigen penetrant Markt-ideologischen Journalisten niemand mehr diesen Senf glaubt. Assmussen warnt vorm kranken Mann? Vor 10 Jahren hieß das Propaganda-Stück “Schlusslicht Deutschland” und selbstverständlich konnte man Schlimmes nur vermeiden durch übergroße Reformfreudigkeit im Sinne der Arbeitgeber. Den Salat in Form der aktuellen Krise haben wir jetzt.
Nein! Ab jetzt gilt nur noch als “Reformfreudig”, wer
– seinen Binnenmarkt in Schwung bringt,
– seine Exportrisiken (Überschüsse) abbaut,
– höhere Löhne zahlt,
– seinen Arbeitsmarkt intelligent deflexibilisiert,
– seine Märkte durch pfiffigen Protektionismus vor Sozial- und Umweltdumping schützt,
– seine Einnahmeseite durch smarte Vermögens- und Einkommensumverteilung verbessert..
Das ist die neue Reformmusik, die Europa wieder fit macht. Nur das honorieren ab jetzt die Wähler in Europa, deren Vertrauen die Politik wieder zurückgewinnen muss (doch nicht das der Finanzmärkte, pah!)..
MacPaul
18. Mai 2013 @ 12:17
Du zeichnest da ein Bild vom deutschen/europäischen “Bürger”, das nicht existiert. Natürlich glauben die Leute diese Sprüche noch, sie sind ja so verankert in diesem kranken Leistungssystem, dass sie es gar nicht anders kennen.
Hyperlokal
19. Mai 2013 @ 17:33
Interessante Anmerkung.
Ich habe einfach nur die herrschenden Politik-Paradigmen umgedreht (ich glaube, ich hatte da wohl eine ziemlich vollständige Liste) und habe dann affirmativ so getan als ob. Und siehe da, es kommen wirklich vernünftige Politikrichtlinien dabei raus, finde ich. Da passt dann alles zusammen und dient offensichtlich dem Wohle aller.
An solch kleinen Sprachexperimenten kann man schön erkennen, wie abstrus die Parolen sind, mit denen unsere Politiker von Asmussen, den Wirtschaftsverbänden und Co. gebrieft werden aber auch, wie stark wir uns an diesen Blödsinn schon gewöhnt haben. Wenn man das Gegenteil von dem tut, was die vorschlagen, liegt man offensichtlich richtig.
Im Übrigen: Ruhig öfter mal mehr Affirmation wagen :-), Die Gegenseite kennt die Wirkung ebenfalls und setzt sie gegen uns ein..